Kirche und Missbrauch

Traunsteiner Schmerzensgeldprozess wird erst 2024 fortgesetzt

Betroffenenvertreter drängen die katholische Kirche zu höheren freiwilligen Zahlungen an Missbrauchsopfer. Damit sollen Zivilklagen unnötig werden. Unterdessen zieht sich ein solcher Prozess in Bayern in die Länge.

Das Landgericht Traunstein hat den Schmerzengeldprozess eines oberbayerischen Missbrauchsopfers auf 2024 verschoben. © IMAGO / Rolf Poss

Der Schmerzensgeldprozess eines oberbayerischen Missbrauchsopfers gegen die katholische Kirche wird erst im kommenden Jahr fortgesetzt. Wie das Landgericht Traunstein am Mittwoch mitteilte, musste die für 2. November terminierte Verhandlung zum zweiten Mal verschoben werden. Ein Beteiligter sei verhindert gewesen. Als neuer Termin wurde der 10. Januar angesetzt.

Zu den Beklagten zählt auch der mittlerweile verstorbene frühere Papst Benedikt XVI. Allerdings ruht dieser Teil des Verfahrens derzeit, bis etwaige Erben ausfindig gemacht sind. Diese müssten für eventuelle Schmerzensgeldansprüche gegen den Verstorbenen aufkommen.

Schmerzensgeld vom Erzbistum München und Freising gefordert

Als nächstes steht eine persönliche Anhörung des Klägers an. Außerdem hat das Gericht einen Sachverständigen und mehrere Zeugen geladen. Ein 39-jähriger fordert vom Erzbistum München und Freising mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld für einen Missbrauch, den Mitte der 1990er der damalige Pfarrer von Garching an der Alz an ihm begangen hat. Diese Tat habe ihn völlig aus der Bahn geworfen.

Das vom Gericht beschlossene psychiatrische Gutachten soll klären, "ob die vom Kläger erlittene Missbrauchstat ursächlich für eine psychische Störung des Klägers und dessen Alkohol- und Drogenabhängigkeit war".

Ein Gütetermin am 20. Juni hatte kein Ergebnis erbracht. Der Anwalt des Erzbistums wiederholte die grundsätzliche Bereitschaft seines Mandanten, für den Schaden aufzukommen. Zu Vergleichsverhandlungen sah er sich aber nicht in der Lage. Dazu habe ihm ein Hinweis des Gerichts gefehlt, welche Summe der Höhe nach angemessen sein könnte. Unstrittig zwischen den Parteien ist, dass es einen Anspruch auf Schadensersatz gibt und die Institution Kirche dafür haftet.

Vorwürfe gegenüber Benedikt XVI.

Der gegen Benedikt XVI. gerichtete Teil der Klage hängt mit seiner Zeit als Münchner Erzbischof (1977-1982) zusammen. Ihm wird vorgeworfen, er habe damals dem weiteren Einsatz des Pfarrers in der Seelsorge zugestimmt, obwohl er von früheren Missbrauchstaten gewusst habe. Benedikt XVI. hat dies zu Lebzeiten stets bestritten. Er starb am 31. Dezember 2022.

Inzwischen gibt es in Deutschland ein erstes rechtskräftiges Urteil zu einer solchen Klage. Das Landgericht Köln hat einem früheren Messdiener für jahrelang erlittenen, hundertfachen Missbrauch 300.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Zahlen muss das Erzbistum Köln. Der Rechtsanwalt des Mannes bereitet nach eigenen Angaben Klagen für weitere Betroffene vor. Eine hat er bereits eingereicht, ebenfalls in Köln. Dazu müssen sich weitere Bistümer auf Zivilklagen dieser Art einstellen.

Betroffene fordern Reformation von Anerkennungsleistungen

Betroffenenvertreter haben die Deutsche Bischofskonferenz aufgefordert, das System freiwilliger Anerkennungsleistungen zu reformieren. Ziel müsse sein, Klagen Betroffener unnötig zu machen. Das Thema beschäftigt auch die Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe, die seit Montag in Wiesbaden tagt. Ein Systemwechsel zeichnet sich allerdings nicht ab.

Die von den Bischöfen beauftragte Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) hat bereits signalisiert, dass sie ihre Zahlungen der aktuellen Rechtsprechung anpassen will. Dazu können auch bisherige Empfänger von Anerkennungsleistungen erneut Anträge stellen. (kna)