Trauerfall

Papstbruder Georg Ratzinger verstorben

Domkapellmeister, Leiter der Regensburger Domspatzen und Bruder von Benedikt XVI. – Georg Ratzinger ist am Mittwoch verstorben.

Georg Ratzinger © Kiderle

Regensburg – Georg Ratzinger ist am Mittwoch im Alter von 96 Jahren in Regensburg verstorben. Sein Bruder, der emeritierte Papst Benedikt XVI., ist zuvor aus Rom angereist, um an sein Krankenbett zu eilen. Die starke Beziehung zwischen den beiden Brüdern riss nie ab – auch nicht, als der eine Papst wurde. Die Ratzinger-Brüder stammen aus einfachen Verhältnissen: ihr Vater Joseph war Gendarm, die Mutter Maria Köchin. Ihr Leben war inspiriert vom Kirchenjahr und begann und schloss täglich mit einem Gebet, beschrieb Georg Ratzinger das Familienleben zu seinem 90. Geburtstag. Beide besuchten das Studienseminar St. Michael in Traunstein und studierten anschließend Theologie. Gemeinsam empfingen sie 1951 in Freising die Priesterweihe durch den Münchner Kardinal Michael von Faulhaber.

Domkapellmeister und Leiter der Regensburger Domspatzen

Georg Ratzinger wurde Domkapellmeister in Regensburg und später Leiter der Regensburger Domspatzen, dem ältesten Knabenchor der Welt. 30 Jahre lang stand er ihm vor. 2010 musste er allerdings einräumen, bis Ende der 1970er Jahre in den Chorproben wiederholt Ohrfeigen verteilt zu haben. 2017 bescheinigte ihm der Abschlussbericht über Missbrauch und Gewalt bei den Domspatzen, Ratzinger müsse sich vor allem vorwerfen lassen, dass er weggeschaut habe und trotz Kenntnis von Gewaltvorfällen nicht eingeschritten sei, erklärte Sonderermittler Ulrich Weber.

Mit der Wahl seines Bruders 2005 zum Papst rückte Georg, damals längst im Ruhestand, ins öffentliche Interesse. Die beiden hatten sich ihren Lebensabend anders vorgestellt, so Georg Ratzinger. Dennoch verbrachten sie weiterhin Zeit miteinander. Zweimal im Jahr, nach Weihnachten und im Sommer, flog Georg, solange es möglich war, für ein paar Wochen nach Rom. Dort waren für ihn am Altersruhesitz seines Bruders, im Kloster "Mater Ecclesiae", Räume reserviert. Ansonsten telefonierten die beiden.

Herzenswarm und bescheidenen

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat Ratzinger noch am Sterbebett besucht. „Wir sind in tiefer Trauer, aber gleichzeitg von Hoffnung erfüllt, dass er nun Gott schauen darf von Angesicht zu Angesicht.“ Im Interview mit dem Münchner Kirchenradio dankt Voderholzer Ratzinger vor allem für seinen Einsatz für die Regensburger Domspatzen.

Einer dieser Domspatzen war der aktuelle Domkapellmeister von Regensburg, Christian Heiß. Seine Berufsentscheidung führt er auf Ratzinger zurück. „Georg Ratzinger war für meinen Werdegang eine sehr wichtige Person. Als Domspatz durfte ich erfahren, wie er Musik angeht.“  Seinen Vor-Vorgänger beschreibt Heiß als herzenswarmen und bescheidenen Menschen. Er bedauert, dass die musikalische Begleitung der Trauerfeierlichkeiten auf Grund von Corona nur eingeschränkt stattfinden kann. „Der große Chor wird beim Requiem nicht singen können. Wir werden uns trotzdem etwas einfallen lassen um eine würdige musikalische Gestaltung hinzubekommen.“

Kardinal Reinhard Marx würdigt Georg Ratzinger und fühlt mit dem hinterbliebenen Bruder Joseph. Diesem sprach auch Papst Franziskus seine Anteilnahme aus.

Letzte Ruhestätte

Georg Ratzinger wird nicht im Grab seiner Familie beigesetzt. Auf dem Friedhof im Stadtteil Ziegetsdorf liegen Ratzingers Eltern sowie seine ältere Schwester Maria begraben. Allerdings finden dort nach Auskunft des zuständigen Pfarramts Sankt Josef schon seit 15 Jahren keine Erdbestattungen mehr statt. Der lehmhaltige Boden mache Probleme, das Grundwasser fließe nicht mehr ab, erläuterte eine Mitarbeiterin auf Anfrage. Auf dem Friedhof seien daher nur noch Urnenbeisetzungen möglich. Ratzinger wird kommenden Mittwoch im Stiftungsgrab der Domspatzen auf dem unteren Katholischen Friedhof in Regensburg begraben, wie das Management des Knabenchors mitteilte. (kna/kas/vt)

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