Klirrend kalt ist es, während Maria Anna Möst auf die restlichen Teilnehmer ihrer Gruppe wartet. Eine Handvoll junger Erwachsener hat sich schon um die Frau im orangegrauen Daunenmantel versammelt. Der Rest stecke noch im S-Bahnchaos, weiß ein junger Mann mit Brille und Wollmütze. Wenige Minuten später bewegt sich der Tross Nachzügler zielstrebig auf die kleine Gruppe um Möst zu. Sie sind leicht zu finden, sind es doch die einzigen, die bei den eisigen Temperaturen auf dem zugigen Plätzchen vor Münchens ältester Pfarrkirche stehen. Die wenigen anderen Passanten an diesem frühen Abend eilen auf der Suche nach wärmeren Gefilden vorbei. Vor ein paar Tagen noch ist man sich hier in der Fußgängerzone gegenseitig auf die Zehen gestiegen, jetzt ist sie fast leer. Der Christkindlmarkt ist abgebaut, die Geschenke umgetauscht und Überreste der Silvesternacht wurden von den städtischen Abfallbetrieben schon lange wieder eingesammelt. Trotzdem hat sich die Gruppe hier versammelt, um nochmal Neujahrswünsche loszuwerden – rund zwei Wochen nach Silvester.
Das in der Silvesternacht Verpasste nachholen
„Wir wollen vom Turm zu den Menschen schauen, die uns wichtig sind und ihnen gutes wünschen“, erklärt Möst den rund zwölf Teilnehmenden. Möst ist Seelsorgerin an der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) der LMU. Den „Turmsegen“ von St. Peter hat sie selbst als Studentin bei den Jesuiten kennen gelernt. „Als ich selbst Seelsorgerin an der Uni wurde, wollte ich das unbedingt fortsetzen.“ Das lateinische Wort für Segnen „benedicere“ bedeutet übersetzt so viel wie Gutes sagen – also genau das, was man an Silvester um 12 Uhr macht, wenn man mit Freunden und Familie auf das neue Jahr anstößt. Doch wie das so ist: Zwischen Sekt entkorken und Raketen anzünden, werden meist nur diejenigen mit Neujahrswünschen bedacht, die unmittelbar mit einem feiern. Den Großteil der Verwandten und Freunde, die andernorts leben und feiern, gehen leer aus und am Neujahrsmorgen mischt sich dann der Kater mit dem schlechten Gewissen, die Großeltern nicht erreicht zu haben.