Experiment im Kloster

Domberg-Akademie bietet spirituellen Raum an

Seit der Schließung des Kardinal-Döpfner-Hauses hat die Domberg-Akademie kein eigenes Haus mehr und zieht deshalb an verschiedene Veranstaltungsorte. Jetzt wurde im Kloster der Congregatio Jesu in München-Nymphenburg ein eigener Ort gefunden. Warum dort?

Der neue Seminarraum der Domberg-Akademie bei der Congregatio Jesu lädt dazu ein, ignatianischer Spiritualität nachzuspüren. © Domberg-Akademie 2023

Die Domberg-Akademie ist derzeit eine Akademie ohne eigenes Haus. Die Schließung des Kardinal-Döpfner-Hauses 2018 hat uns genötigt, buchstäblich „neue Wege“ zu gehen: Mit unseren Präsenzveranstaltungen machen wir uns seitdem auf den Weg zu verschiedenen Veranstaltungsorten. Zugleich haben wir begonnen, Online-Veranstaltungen anzubieten und einen Online-Campus aufzubauen – eine Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie massiv verstärkt worden ist. Heute bieten wir neben Präsenzveranstaltungen ein umfangreiches Online-Angebot an, das auch über die Grenzen der Erzdiözese hinaus sehr gut angenommen wird. Damit haben wir neue Zielgruppen erschlossen und aus der Not – der Schließung des Hauses – eine Tugend gemacht.

Und doch ist klar: Die Domberg-Akademie benötigt auch einen Ort, an dem sie in besonderer Weise präsent ist. Einen Ort, an dem sich Menschen wohlfühlen und an dem sie ins Nachdenken und in den Austausch kommen können. Im Kloster der Congregatio Jesu in Nymphenburg haben wir so einen Ort gefunden. Seit Herbst 2023 gestalten wir dort das „Pop-Up Bildung“ der Domberg-Akademie. Warum dort?

Congregatio Jesu will Menschen helfen, gute Entscheidungen zu treffen

Zum einen ist der Ort von der Congregatio Jesu geprägt. Diese Prägung passt gut zu den Zielen der Domberg-Akademie: Der Orden lebt aus der ignatianischen Spiritualität. Diese will Menschen helfen, gute Entscheidungen zu treffen, ihr Leben auszurichten und dabei stets neue Möglichkeiten zu entdecken. In diesem Anliegen treffen wir uns: Auch die Domberg-Akademie will mit ihrer Bildungsarbeit Menschen inspirieren, neu zu glauben, zu denken und zu handeln. Ebenso teilen wir das Anliegen für Gerechtigkeit: Auch wir fragen uns immer wieder, wie wir mit unseren Bildungsangeboten Gerechtigkeit befördern können, etwa durch den Einsatz für eine vielfältige, diskriminierungsfreie Gesellschaft oder im Engagement gegen Menschenfeindlichkeit.

Ein weiterer Grund dafür, uns als Domberg-Akademie gerade hier einzubringen: Wir leisten damit unseren Beitrag zur Transformation eines traditionsreichen Ortes kirchlichen Lebens. Die Congregatio Jesu hat sich aufgemacht, die denkmalgeschützten Gebäude des Ordenshauses und der Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit in die Zukunft zu führen und die Gebäude auch für andere, zu ihrem Grundanliegen passende Zwecke zu nutzen – und nutzen zu lassen.

Domberg-Akademie will bedeutenden Ort mit neuem Leben füllen

In einem beeindruckenden Such- und Abstimmungsprozess, begleitet von einem „Zukunftsteam“ aus der Gemeinschaft, dem Archivteam und externer Beratung, hat sich bereits einiges ergeben: In einem Trakt wohnen junge Geflüchtete und im Geschichtswohnprojekt EMMAUS finden junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Raum für ihre Forschungsarbeit. Dazu passt die künftig noch wichtiger werdende Aufgabe des Klosters, mit Hilfe des umfangreichen Ordensarchivs die reichhaltige Geschichte des Ordens zu vermitteln und einen Gedächtnisort für ihre innovative Gründerin Mary Ward zu schaffen. Das Pop-Up Bildung der Domberg-Akademie fügt sich sehr gut ein in diese Bemühungen, einen bedeutenden, vielen Menschen am Herzen liegenden Ort nicht nur irgendwie am Leben zu erhalten, sondern mit neuem Leben zu erfüllen.

Nicht nur in Nymphenburg stellen sich schwierige Fragen. Viele Kirchen und Klöster werden nicht mehr oder nur noch teilweise gebraucht. Was aber tun mit Gebäuden, die für viele Menschen geistliche Heimat waren und ihnen immer noch am Herzen liegen? In Nymphenburg zeigt sich aber auch, dass in einer Krise die Chance zum Wandel stecken kann. Krise als Chance? Oft wird diese Parole zur (Selbst-)Beruhigung eingesetzt, um die Realität schönzureden. Und doch: Gerade dann, wenn Gebäude nicht mehr in der gewohnten Weise genutzt werden können, kann sich anschaulich und erfahrbar erweisen, dass dadurch tatsächlich Wandel und Aufbruch entstehen kann.

Neues ausprobieren, Erfahrungen sammeln

In Zeiten des Wandels gilt freilich auch: Wir müssen Dinge ausprobieren. Endgültige, buchstäblich „in Stein gemeißelte“ Lösungen sind wenig sinnvoll. Wir müssen Erfahrungen sammeln. Wie wird der neue Ort angenommen – vor allem natürlich von den Menschen, die in unseren Bildungsangeboten nach Inspiration und hilfreichen Impulsen suchen?

Daher haben wir uns für ein sogenanntes Pop-Up entschieden: Wir haben in Abstimmung mit den Schwestern und in Kooperation mit einem auf (Um-)Gestaltung von Räumen spezialisierten Künstler-Büro mit wenigen Maßnahmen und ansprechenden Ausstattungselementen einen früheren Speisesaal zu einem Seminarraum umgestaltet. So, dass er unseren Anforderungen an einen Bildungsort gerecht wird und dass keine unnötigen Eingriffe in einem traditionsreichen, denkmalgeschützten Gebäude vorgenommen werden. Wir wollen bereits beim Betreten des Geländes als Domberg-Akademie (wieder) erkennbar sein, aber nicht als Fremdkörper erscheinen.

Dreifaltigkeitskirche stiftet Gemeinschaftsgefühl

Neben dem Seminarraum nutzen wir vor allem die Dreifaltigkeitskirche als Bildungsort. Hier gilt es, dem Charakter eines sakralen Raums gerecht zu werden und zugleich Bildungsprozesse zu ermöglichen. Unsere ersten Erfahrungen zeigen: Es geht! Die vom Konzilsgeist geprägte Kirche mit ihrem beeindruckenden Zeltdach ist gut geeignet, Gemeinschaftsgefühl zu stiften und Austausch zu befördern. Und obwohl sie bereits einige Jahrzehnte alt ist, verkörpert sie bis heute ein Gefühl des Aufbruchs. Damit passt sie zu unserem Anspruch, Menschen zu inspirieren, neu zu glauben, zu denken und zu handeln.

In Abstimmung mit dem Orden prüfen wir sorgfältig, welche Angebote aus unserem vielfältigen Bildungsprogramm besonders gut zu diesem ganz besonderen Ort passen. Kloster und Kirche bieten einen guten Rahmen insbesondere für die Persönlichkeitsbildung, theologische Bildung und für die Auseinandersetzung mit Spiritualität – einem der großen Themen unserer Zeit, gerade angesichts von Glaubens- und Kirchenkrise.

Reihe zur „Kraft der Spiritualität“

So gestalten wir in der Kirche eine Reihe zur „Kraft der Spiritualität“ im Rahmen unseres Saisonthemas „Mehr als Alles“. Ein Höhepunkt wird am 28. Januar ein poetisch-musikalischer Nachmittag anlässlich des 750. Todestages des persischen Dichters und Mystikers Rumi sein. Unter der Überschrift „Meine Religion ist die Liebe“ wird der islamische Theologe Ahmad Milad Karimi Rumi rezitieren und in sein Leben und Werk einführen. Dieses Angebot zur spirituellen Bildung in einer interreligiösen Perspektive wird von der Sängerin Niki musikalisch mitgestaltet.

Überhaupt ist uns der Zugang über kulturell-künstlerische Bildung wichtig und gerade an diesem Ort sehr gut möglich. Ein beeindruckendes Beispiel dafür war eine szenische Lesung aus dem Roman „Ferne Gestade“ des Literaturnobelpreisträgers Abdulrazak Gurnah mit dem THEN-Quartett und dem aus Kamerun stammenden Sänger und Instrumentalisten Njamy Sitson. Der Klostergarten, der neue Seminarraum und die Kirche konnten ihre Kraft entfalten. Erfahrbar werden wird diese Kraft auch in den Sommermonaten unter dem Thema „Die Kraft der Künste“.

Wir wissen nicht, wie sich das Pop-Up entwickeln wird. Die bisherigen Erfahrungen stimmen uns zuversichtlich. Die Teilnehmenden sind angetan von der Atmosphäre des Ortes. Viele begrüßen auch die Kooperation verschiedener kirchlicher Akteure und das gemeinsame Bemühen, den Wandel eines Ortes konstruktiv zu gestalten. Was sich aus diesem Zusammenspiel ergeben wird, wird sich zeigen. Das Pop-Up Bildung ist ein Experiment – wir lassen uns überraschen. (Dr. Claudia Pfrang, Direktorin der Domberg-Akademie, und Dr. Thomas Steinforth, Referent für Theologische Erwachsenenbildung in der Domberg-Akademie)

Weitere Infos zur Domberg-Akademie und zum poetisch-musikalischen Nachmittag am Sonntag, 28. Januar, um 16 Uhr, zur „Liebesmystik“ Rumis in der Dreifaltigkeitskirche unter www.domberg-akademie.de