Gegen die Selbstaufgabe

Muttersein und trotzdem „Ich“ bleiben

Haushalt, Erziehung, Familienleben und dank Corona noch Homeschooling und Homeoffice obendrauf - Die Mutterrolle kommt mit vielen Anforderungen daher.

Auch als Mutter darf man den eigenen Interessen nachgehen. © michaelheim - stock.adobe.com

München – Vor allem im Lockdown wurde es wieder deutlich: Mehr Last im Organisieren zwischen Kindern, Homeschooling und eigener Arbeit lag und liegt auf den Müttern. Vor allem, wenn die Kinder noch kleiner sind, bleibt da eines häufiger auf der Strecke: Das „Ich“ in der Mutter. Die Person mit all ihren Wünschen, Hobbies und Eigenheiten. Doch darf und muss das so sein? Eine Frage, die Anjeli Goldrian von der Ehe- und Familienberatung des Erzbistums München und Freising mit einem klaren „Nein“ beantwortet. „Man sollte für die Kinder, den Partner und die Freunde als eigene Person spürbar bleiben“, so die Beraterin.„Dazu gehört eine eigene Meinung genauso wie die eigenen Bedürfnisse.“

Zufriedene Mutter, zufriedene Kinder

Denn wer sich in Selbstaufgabe verliert, während er sich um andere kümmert, dem drohe eine Erschöpfungsdepression oder das Gefühl, permanent überlastet zu sein, weiß Goldrian. Um sich nicht unvermittelt in dieser Situation wiederzufinden, ist es wichtig, die eigenen Interessen nach einer Geburt schrittweise wieder zu verfolgen. Dazu können Sport, kleine Auszeiten von der Familie und Treffen mit Freunden gehören. Allerdings ist das von Person zu Person unterschiedlich. „Wie viel Freiraum eine Person braucht, ist ganz subjektiv“, gibt Anjeli Goldrian zu. „Wichtig ist hier tolerant zu sein und die Bedürfnisse wertschätzend zu respektieren, anstatt zu bewerten.“

Sich selbst also als Mutter etwas gönnen und sich das auch zugestehen – ohne immer auf andere zu schauen und zu hören. Wer Angst hat oder unsicher ist, ob er mit seinem Ego über die Stränge schlägt, dem rät die Lebensberaterin unbedingt das eigene Bauchgefühl und auch die eigenen Kinder als Gradmesser heranzuziehen. „In der Regel sind Kinder dann zufrieden, wenn sie auch eine zufriedene Mutter haben“, erklärt Goldrian. „Denn die Gelassenheit und Entspannung der Eltern überträgt sich oft auch auf die Kinder.“

Solidarität unter Frauen

Doch nicht nur die eigenen Kinder oder der Partner können eine Mutter unterstützen, die richtige Balance zwischen Wickeltisch, Bürostuhl und der Freizeit zu finden. Anjeli Goldrian wünscht sich, dass vor allem Frauen untereinander etwas nachsichtiger sind. „Es ist ein ziemlich weites Spannungsfeld dazwischen einer Frau vorzuwerfen, sie sei eine Glucke bis hin zu "ach das ist aber eine egoistische Mutter"“, findet Anjeli Goldrian. „Dabei haben wir es selbst in der Hand, ob wir entwertend übereinander sprechen oder respektvoll miteinander umgehen.“ Hier könnten sich Frauen durch mehr Zurückhaltung in ihren Urteilen viel Gutes tun, so die Expertin.