Domzeremoniar verabschiedet sich

Liturgie als Lebensaufgabe

Nach elf Jahren Dienst als Münchner Domzeremoniar beendet Diakon Bernhard Stürber (65) nun diese verantwortungsvolle und arbeitsreiche Tätigkeit am Liebfrauendom.

Diakon Bernhard Stürber © privat

MK: Wie schwer fällt der Abschied nach elf Jahren?

Diakon Bernhard Stürber: Momentan fühlt sich der Übergang für mich noch etwas unwirklich an. Bei meinem letzten Planungsdienstgespräch diese Woche für den Herbst musste ich mich richtiggehend am Riemen reißen und mir innerlich immer wieder sagen: „Dafür bist du doch nicht mehr zuständig!“ Der tägliche frühmorgendliche Blick in den Domkalender und in die Dienstepläne wird mir wahrscheinlich nicht fehlen, die vielen Menschen aber, die hinter den Terminen stehen, ganz bestimmt. Das spüre ich jetzt schon ganz deutlich. Und an diesem Punkt wird mir der Abschied schwerfallen. Ich hatte am Dom mit so vielen wunderbaren, guten Menschen zu tun, mit vielen Ehrenamtlichen, den Ministrantinnen und Ministranten, den Lektorinnen und Lektoren, die ihren Dienst aus dem Glauben heraus getan haben.

Oft bin ich als Hauptamtlicher beschämt gewesen, mit welchem persönlichen und zeitlichen Einsatz diese vielen Frauen und Männer sich für die Domliturgie einsetzen und damit ein echtes Glaubenszeugnis geben. Dazu die Hauptamtlichen, die Mesner, die Verantwortlichen für die Dommusik, die meist unsichtbaren Mitarbeiter in der Medientechnik, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Dom und im Dompfarramt und schließlich die Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst! Diese werde ich alle vermissen. Hier sind aber auch Freundschaften entstanden, die über meinen Dienst am Dom hinaus Bestand haben werden.

Was fällt eigentlich alles in den Aufgabenbereich eines Domzeremoniars?

Stürber: Natürlich gehört die Zeremoniarstätigkeit bei den großen Domgottesdiensten zu den wichtigsten Aufgaben. Der Zeremoniar hat alle Beteiligten durch die Feier zu führen und Sicherheit zu geben. Er muss den Überblick haben und die Abläufe genauestens kennen. Um einen alten Zeremoniarswitz zu bemühen: Er muss aufpassen, dass sich nicht einer dorthin stellt, wo schon einer steht…

Der Domzeremoniar ist verantwortlich dafür, dass für die täglichen Gottesdienste im Dom alles vorbereitet ist, dass die Zelebranten, die liturgischen Dienste alle eingeteilt sind, dass alle Beteiligten alle nötigen Informationen haben. Dabei wird er maßgeblich von den Dommesnern unterstützt. Heute sagt man zu dem, was mein „täglich Brot“ war, „Controlling“. Am Theater gibt es dafür den Inspizienten. Zudem erstellt der Domzeremoniar für die täglichen Gottesdienste in Absprache mit der Dommusik Laufpläne mit allen Details, also auch Texten für die Einführung in den Gottesdienst, Fürbitten etc., die nicht nur eine Hilfe für die Liturgen sein sollen, sondern von der Medientechnik benötigt werden, um die „Bauchbinden“, also die Untertitelungen im Livebild zu erstellen. Schließlich werden die Texte alle auch von den Gebärdendolmetschern gebraucht, die bei den Sonntags-, Festtags- und Bischofsgottesdiensten für Gehörlose dolmetschen.

Zu den von mir zugegeben nicht so geliebten Aufgaben, gehört das „Pläne machen“: Zelebrationspläne, Einsatzpläne für die liturgischen Dienste – da habe ich mich oft zu sehr verkünstelt! - liturgische Dienstepläne, Laufpläne etc. Aber das das ist halt notwendig, damit alles in Ruhe und Sicherheit vonstatten gehen kann.

Dem Domzeremoniar obliegt auch die Schulung der liturgischen Dienste und nicht zuletzt die Seelsorge für die vielen Ehrenamtlichen in der Domliturgie.

Gab es Lieblingsdienste oder Lieblingsgottesdienste für Sie in diesem Amt?

Stürber: Ja, ein Lieblingsgottesdienst war für mich immer die Kapitelsmesse mit dem Domkapitel am Dienstag früh morgens im Presbyterium des Doms, bei der ich immer als Diakon assistiert habe. Das war für mich eine Messfeier, wo ich nicht besonders aktiv sein musste und daher viel Raum für das Gebet blieb. Aber auch die Königsdisziplin eines Domzeremoniars, die großen Bischofsmessen im Kirchenjahr mit großartiger Kirchenmusik, gehören dazu.

Mit Diakon Robert Scheingraber steht ihr Nachfolger fest. Was geben Sie ihm mit auf den Weg?

Stürber: Um es mit einem Filmtitel aus den 1950er-Jahren zu sagen: Keine Angst vor großen Tieren! Und: Wenn die Menschen am Dom spüren, da ist einer, der „d´ Leut und sei Sach mag“, dann kann nicht viel schiefgehen.

Ganz hören Sie mit der Arbeit aber noch nicht auf, so bleiben Sie Dozent für Liturgie im Münchner Priesterseminar. Was gefällt Ihnen an dieser Aufgabe?

Stürber: Ich arbeite seit 30 Jahren im Priesterseminar als Liturgiedozent. Dieser Dienst ist für mich zur Lebensaufgabe geworden. Wenn man für die liturgische Bildung etwas erreichen will, kann man das nirgendwo so effektiv und nachhaltig tun, wie in der Priesterausbildung. Dem habe ich mich verschrieben und mich gefreut, als ich vom Regens und den Seminaristen gebeten wurde, weiterzumachen.

Und mit was werden Sie in Zukunft sonst noch ihre Zeit ausfüllen?

Stürber: Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit meinen mittlerweile vier kleinen Enkeln und überhaupt mit der Familie zu verbringen. Ich werde in meiner Heimatpfarrei Maria Schutz/St. Hildegard in Pasing in der Seelsorge mithelfen und bleibe Präses meiner Kolpingsfamilie und auch Kolping-Bezirkspräses. Auch im Team der Referenten für die diözesanen Lektoren- und Kommunionhelferkurse werde ich weiter mitarbeiten. Mein Hobby „Fotografieren“ möchte ich vertiefen, wie auch wieder mehr Orgel spielen. Um mich zum Üben zu zwingen, habe ich bereits ein Orgelkonzert zugesagt. Und - vielleicht bekomme ich im „Ruhestand“ endlich liturgische Arbeitshilfen fertig, an deren Arbeit ich schon vor längerem begonnen habe. Also, Langeweile wird´s eher nicht geben!

Der Autor
Florian Ertl
Münchner Kirchenzeitung
f.ertl@michaelsbund.de