Zwischen Hoffnung und Resignation

Lage in Ecuador immer noch angespannt

Seit drei Jahren erlebt Ecuador einen Anstieg der Gewalt. Grund ist die starke Präsenz ecuadorianischer Banden, die mit mexikanischen Drogenkartellen in Verbindung stehen. So erleben die Menschen vor Ort die Situation.

Ecuador leidet unter den Auswirkungen des Drogenhandels. © imago images - Agencia Prensa-Independiente

Ecuador ist zu einem unsicheren und von Gewalt geplagten Land geworden, und zum Operationszentrum globaler Mafias, da es zwischen den beiden größten Kokainproduzenten Kolumbien und Peru liegt. Die Regierung hat im Januar einen 60-tägigen Ausnahmezustand ausgerufen, um mit Militär und Polizei gegen kriminelle Banden vorzugehen. Präsident Noboa steht vor der Herausforderung, die Mafia zu stoppen, die die Führung des Landes quasi übernommen hat.

Dr. Patricia Ordóñez, Leiterin des Kinderzentrums Guayaquil: „Ich bin traurig darüber, was wir im Moment durchmachen. Manche Familien kommen mit dem Motorrad zu den Therapiestunden ins Kinderzentrum für Frühchen. Sie müssen für die Einfahrt in das Viertel, in dem sie wohnen, fünf Dollar pro Woche bezahlen. Wenn sie der Aufforderung nicht nachkommen, wird das Motorrad in Brand gesetzt und auf ihr Haus geschossen. Es wurden bereits Familienmitglieder durch Banden getötet, als Zeichen für die Konsequenzen, wenn man ihrer Zahlungsaufforderung nicht nachkommt. Für mich ist die Situation in Ecuador unsicher, aber die Menschen setzen Hoffnung in den neuen Präsidenten.“

 

Pedro Andrés Bravo, Lehrer, war fünf Jahre in München, lebt derzeit in Cuenca: „Ein trauriger Aspekt ist, dass es für die junge Generation immer schwieriger wird, sich eine bessere und glücklichere Zukunft aufzubauen. Die Atmosphäre der Unsicherheit gibt vielen Kindern und Jugendlichen ein Gefühl der Ungewissheit im Hinblick auf die kommenden Jahre. Es sorgt mich, wie die schwächsten Kinder und Jugendlichen, die in Armut leben, von kriminellen Gruppen angeworben und ausgebeutet werden, weil sie kein Umfeld haben, das sie unterstützen und schützen kann. Ich halte es für unabdingbar, den jungen Generationen wieder Hoffnung zu geben und ihnen zu zeigen, dass es möglich ist, sich eine andere Zukunft vorzustellen.“

Yolanda Ignacia Solórzano de Zambrano, Ehrenamtliche im Stipendienprogramm der Promoción Humana der Erzdiözese Guayaquil: „Um die soziale und wirtschaftliche Produktion am Laufen zu halten, wird die derzeitige Situation im Land vom Präsidenten und den Streitkräften kontrolliert. In Guayaquil werden in den Randgebieten die Drogenhändler verfolgt, die dort ihre Lager haben und ihr Unwesen treiben. Unsere Schülerinnen und Schüler beenden derzeit das Schuljahr 2023/24 erneut im digitalen Unterricht; alle bleiben, so gut es geht, zu Hause in ihren Häusern.“

 

Yomayra Janeth Plúas Castro, Mitarbeiterin im Stipendienprogramm der Promoción Humana der Erzdiö-zese Guayaquil: „Für mich scheint die Situation im Land unter Kontrolle, da der Präsident durch die Verhängung des nationalen Notstands dem ecuadorianischen Volk eine ge-wisse Ruhe und Sicherheit bringt. Wenn ich an mein Land denke, möchte ich hervorheben, dass Ecuador ein wunderbares Land voller Kultur, Vielfalt und freundlicher Menschen ist.“

Jeanette Calvachi Noboa, Geschäftsführerin Kolpingwerk Ecuador: „Jeder Tag ist ein Kampf. Schritt für Schritt tragen wir als Bürger, Söhne, Mütter, Väter, Brüder, Schwestern und Nachbarn dazu bei, unser Ecuador wieder aufzubauen, um es wieder zu einem Paradies des Friedens und der guten Nachbarschaft zu machen. Ich habe die Hoffnung, dass wir diese dunklen Momente unseres Landes überwinden können. Wir brauchen Frieden und Gerechtigkeit, Chancen für alle, menschenwürdige Arbeit, hochwertige Bildung, integrative Arbeit, Institutionen mit moralischen und ehrlichen Amtsträgern, die sich für das Land und seine Menschen einsetzen. Kämpfen wir für ein Ecuador ohne Gewalt, mit solidarischen, aufmerksamen, positiven und moralischen Menschen! Ich glaube, dass es mit Glauben, Ausdauer, Arbeit und Optimismus möglich ist.“

Teresita Moncada, Leiterin eines Kinderheims in Santo Domingo de los Tsáchilas in Ecuador: „Am meisten leiden die Kinder und Jugendlichen, die in einem Umfeld extremer Armut aufwachsen und keine Möglichkeiten auf eine solide Ausbildung und einen Beruf haben, um später ein besseres Leben führen zu können. Die Ausweglosigkeit drängt sie, selbst Teil der Banden zu werden, und führt dazu, dass sie später vom selben Staat ins Gefängnis gebracht werden, der ihnen jetzt seine Türen nicht öffnet. Im Kinderheim versuchen wir, die jungen Menschen in ihrem Selbstbewusstsein und ihren Werten zu stärken, damit sie bei der Rückführung in ihre Familien keine Opfer der Bandenkriminalität werden. Unser Land ist in einer unglücklichen Situation, aber wir verlieren nicht die Hoffnung, dass unsere Mädchen und Buben glücklichere Momente in ihrem zukünftigen Leben genießen werden.“ (smb)