Die öffentliche Aufmerksamkeit war seinerzeit riesig: Wer würde der Nachfolger von Odilo Lechner, dem dienstältesten Benediktinerabt der Welt, werden? Abt Odilo ist damals fast so etwas wie ein weit über die Grenzen der Landeshauptstadt bekannter Markenbegriff, seit 39 Jahren lenkt der mittlerweile 72-Jährige in seinem unverkennbaren Stil die Geschicke der Münchner Abtei St. Bonifaz und von Kloster Andechs. Anselm Bilgri, der populäre und stets medienpräsente Andechser Prior und Abtei-Cellerar, gilt in den Augen vieler als Odilos designierter Nachfolger.
Abt Johannes überrascht über die Wahl 2003
Doch die Wahl am 23. Juli 2003 verläuft anders: Die 19 wahlberechtigten Ordensmitglieder unter der Leitung des damaligen Schäftlarner Abts Gregor Zasche wählen aus ihren Reihen einen 34-jährigen promovierten Theologen aus Mosbach in der Freiburger Erzdiözese: Pater Johannes Eckert, seit 2002 Pfarrer von Erling-Andechs und Machtlfing. „Es ging an diesem Tag alles sehr schnell“, erinnert sich Abt Johannes. „Ich war das jüngste stimmberechtigte Mitglied unseres Konvents und ich hätte nicht damit gerechnet.“ Aufgrund eines Unfalls beim Badminton humpelt er sogar auf zwei Krücken und einem vom Habit verhüllten Vacopedes-Schuh einher.
Wohlwollendes Verhältnis zum Altabt Odilo
Beim Einzug in die Basilika darf er an diesem Tag erstmals auf dem erhöhten Sitz des Abtes Platz nehmen, Odilo reicht ihm dabei helfend die Hand, Eckert legt in diese seine eigene: „Es war für mich ein Zeichen, dass ich mich auf ihn verlassen darf. Er ist für mich da.“ Bis zu Odilos Tod im Jahr 2017 wird das Verhältnis zwischen dem Altabt und seinem Nachfolger von großem Vertrauen und gegenseitigem Wohlwollen geprägt sein.
Die Abtweihe durch Kardinal Friedrich Wetter findet am 2. Oktober 2003 statt, einem strahlenden Herbsttag. Über 1.000 Menschen kommen nach St. Bonifaz. Schon eine Stunde vor Beginn ist in der Basilika kein Platz mehr zu haben, der Gottesdienst wird auf drei Bildschirmen in die ebenfalls überfüllte Krypta übertragen. „Es möge dem neuen Abt gelingen, die Abtei als Stätte zu erhalten, wo Gott gesucht und gefunden werden kann“, predigt Wetter.