Familiensynode

"Familie als Berufung"

Nach dem Abschluss der Weltbischofssynode über Ehe und Familie im Vatikan gibt es in Deutschland unterschiedliche Beurteilungen über deren Erfolg. Abt Jeremias Schröder, Abtpräses der Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien, war einer von 270 Snyodenvätern und gibt uns seine Einschätzung.

Jeremias Schröder OSB, Abtpräses der Benediktinerkongregation von St. Ottilien sowie Alterzabt der Erzabtei Sankt Ottilien in Bayern / Deutschland (Bild: KNA) © KNA

mkn: „Am Ende dieser drei Wochen denken wir alle anders über die Familie als zum Beginn“ - das hat der Papst zum Abschluss der Synode gesagt. Geht es Ihnen genauso?

Erzabt Jeremias Schröder: Ja, unbedingt. Also das war für mich auch eine riesige Lernerfahrung. Ich habe in meinem bisherigen Tätigkeitsfeld nicht viel mit Familienpastoral zu tun gehabt und jetzt mitzubekommen, wie ernsthaft und tiefschürfend darüber nachgedacht wird, welche großen Herausforderungen im Raum stehen, aber wie kostbar wirklich unser Familienbild ist, das war für mich aufregend.

mkn: Besonders hervorgetreten ist auf der Synode der Unterschied der Kulturen, aus denen die Synodenväter kommen – gerade, wenn es um die Wiederverheirateten-Problematik oder den Umgang mit homosexuell orientierten Menschen ging. Viele meinen jetzt das könnten nur die Ortskirchen selbst lösen. Trauen Sie solch eine Entscheidung dem Papst zu?

JS: Ich traue mir nicht zu jetzt vorweg zu nehmen, was der Papst entscheiden wird. Ich habe aber den Eindruck, dass die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen keine so große Rolle im Schlussdokument der Synode gespielt hat. Da wird einfach von vornherein darauf hingewiesen, dass diese Kompetenz eigentlich bereits beim Bischof und den zuständigen Seelsorgern läge. Andererseits hat der Papst selber in seiner Ansprache vor vierzehn Tagen beim Jubiläum der Bischofssynoden darauf hingewiesen, dass Dezentralisierung auch eine wichtige Aufgabe ist, um das was er eine synodale Kirche nennt besser umsetzen zu können. Also ich glaube das ist noch offen. Ich vermute, dass es jetzt nicht sofort im Vordergrund steht, sondern eher später nochmal vertieft aufgearbeitet werden wird.

mkn: Mein Eindruck war, dass zwei oder drei Dinge gerade bei uns in Deutschland untergegangen sind, zum Beispiel, dass es zukünftig eine Kongregation für Ehe, Familie und Lebensschutz geben soll. Was trauen Sie denn so einem Ministerium zu?

JS: Ich glaube, das hat einfach noch einmal deutlich gemacht, jetzt im Zug der Synode, als das für uns dann doch völlig überraschend verkündet wurde, dass der Papst das Anliegen sehr wichtig nimmt und auch handeln will. Ich vermute diese Kongregation wird letztendlich eine Aufgabenbeschreibung bekommen, die auch nochmal davon abhängt, was der Papst wirklich konkret umsetzen will. Da ist vieles denkbar: die Erarbeitung von Richtlinien oder Handbüchern, vielleicht auch, falls es doch zu dezentralisierten Modellen für den seelsorgerischen Umgang kommen sollte, die Rückbindung dieser. Das man sagt, nicht alles ist von vornherein immer gut, wir wollen da nochmal einen Blick darauf werden. Ich halte da sehr viel für möglich und bin jetzt einfach gespannt, wie das ausgestaltet wird, wenn demnächst ein Statut für diese neue Behörde geschaffen wird und wenn dann auch die Personen ernannt werden, die die leiten sollen.

mkn: Ebenfalls, zumindest bei uns in Deutschland, nur so am Rande erwähnt wurde, dass die seelsorgliche Begleitung von Paaren, die nicht immer sofort eine Ehe anstreben, verstärkt werden soll und im Hinblick auf die Ehevorbereitung sogar von einem Ehe-Katechumenat die Rede ist. Wie soll denn so etwas in der Praxis funktionieren – in Zeiten wo zumindest bei uns in Deutschland viele unter den Pfarrverbänden schon jetzt stöhnen?

JS: Da bin ich auch sehr gespannt. So wie ich bei uns in Deutschland die Situation einschätze, können das immer nur Angebote sein. Ich glaube nicht, dass man ehewillige Paare zwangsweise durch ein riesiges Programm schleusen kann – das will ja auch niemand – aber, dass man Angebote schafft. Das kann zum Beispiel auch in unseren Klöstern oder Bildungshäusern der Diözesen geschehen, die so attraktiv sind, dass Paare sich sagen, wir haben da etwas Großes vor und es ist ein Abenteuer in eine Ehe zu gehen, wir können da vielleicht wirklich nochmal was erfahren und uns darauf vorbereiten. Und zwar in einer Art und Weise, die es uns ermöglicht, diesen gemeinsamen Weg besser zu beginnen. Das gibt es ja auch schon in Ansätzen, ich glaube aber, dass die Synode da Impulse gibt, wie man das nochmal intensivieren kann.

mkn: Jetzt haben sich ja manche doch hingesetzt, die Synode war ja zweigeteilt, und einen Fragebogen ausgefüllt. Was würden Sie denen sagen? Wieso hat es sich gelohnt so einen Bogen auszufüllen?

JS: Ich denke, gerade bei uns in Deutschland war es ja schon so, dass die Deutsche Bischofskonferenz die Fragebögen sehr ernst genommen hat. Die waren ja etwas unzufrieden – die Form der Fragebögen war schwierig, die Rückmeldungen gar nicht so zahlreich – aber die deutschen Bischöfe haben auf Grundlage dieser Fragebögen nochmal gemeinsam gearbeitet, und letztlich ist ja dann doch wesentlich aus der deutschen Kirche heraus der Vorschlag erarbeitet worden, der jetzt den Durchbruch in Rom geschafft hat. Und da gehören diese Fragebögen dazu. Ich glaube wirklich, dass da unsere Laien in Deutschland mit beteiligt waren und dass wir uns jetzt alle über diesen Erfolg in Rom, dass da eine Form, die bei uns entwickelt wurde, Akzeptanz gefunden hat, freuen können.

mkn: Jetzt warten alle auf das nachsynodale Schreiben des Papstes – wird das noch deutlichere Akzente setzen können als das Schlussdokument? Wie schätzen Sie das ein?

JS: Ich weiß gar nicht, ob es das in dieser Form geben wird. Ich habe dazu noch nichts gehört. Meine persönliche Vermutung wäre, dass der Papst im Dezember den Beginn des Jahres der Barmherzigkeit nutzt, um in dem Moment Wegweisendes zu sagen, ein Dokument zu erlassen oder wie auch immer. Vielleicht gibt es auch ein ganz klassisches nachsynodales Schreiben, aber wir habend dazu bislang noch nichts gehört.

mkn: Abt Jeremias, Sie selbst sind ja Mönch. Was nehmen dann Sie persönlich mit, als jemand der zölibatär in einer klösterlichen Gemeinschaft lebt?

JS: Was für mich bereichernd war, war der Schlüsselgedanke, wir müssen auch Familie als Berufung sehen. Also da sind jetzt nicht nur zwei, die einen Familienstand gründen wollen, sondern dahinter steckt auch der Ruf Gottes in diese Lebensform hinein, genauso wie wir das auch verstehen. Ins Kloster geht man ja auch, weil man letztlich antworten will auf einen Ruf den man verspürt. Und da sehe ich auf einmal auch, wie wir da in einen ganz tollen Dialog kommen können und uns auch gegenseitig unterstützen können in der Art und Weise, wie wir unsere Berufungen leben, dass wir einander beibringen, wie man auf das Wort Gottes im Alltag und im eigenen Leben hört. Das war für mich eine echte Bereicherung. Ich habe früher noch nie über Ehe unter diesem Stichwort „Berufung“ nachgedacht.

Abt Jeremias Schröder, Abtpräses der Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien, war als einer von 270 Snyodenvätern im Vatikan.

Das Interview führte Paul Hasel.