Ein Jahr #outinchurch

Erneut Doku zum Coming Out in der katholischen Kirche

Die Doku „Wie Gott uns schuf“ hat vergangenes Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Begleitet wurde der Film durch die Reforminitiative #outinchurch. Was hat sich seitdem im Leben queerer Menschen in der katholischen Kirche getan?

Die Doku „Wie Gott uns schuf“ hat vergangenes Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Nun gibt es eine Folgefilm. © Initiative #outinchurch

Eine zweite ARD-Fernseh-Dokumentation beleuchtet die Situation katholischer Christen, die sich als LGBTIQ+ definieren und sich Anfang 2022 öffentlich outeten. Der Folgefilm „Wie Gott uns schuf – Nach dem Coming Out“ zeigt, wie es den Protagonisten heute geht und was inzwischen passiert ist. Dazu haben Katharina Kühn und Hajo Sappelt Menschen aus ihrer ersten Dokumentation wiedergetroffen. So soll das Paar Monika Schmelter und Maria Kortenbusch ihre Liebe nach 40 Jahren Versteckspiel nun offen leben können. Transmann Theo Schenkel hingegen sei als Religionslehrer noch immer nicht mit seinen Kollegen und Kolleginnen gleichgestellt, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative #outinchuch. Die hat sich vergangenes Jahr zeitgleich zu der preisgekrönten Filmdokumentation gegründet.

Die 30-minütige Doku "Wie Gott uns schuf – nach dem Coming Out" ist ab 19. Mai in der ARD-Mediathek zu sehen.

Für Mitinitator und Vorstand von #outinchuch, Jens Ehebrecht-Zumsande, ist der Sendezeitpunkt passend gewählt, da Anfang des Jahres der Reformprozess Synodaler Weg endete. In vielen Bistümern, so die Beobachtung der Initiative, gebe es den Eindruck, dass aus den Beschlüssen wenig folgt. Insofern sei es wichtig, dass die Doku da nochmal genau hinschaut und die Themen auf die Agenda hebt, so Ehebrecht-Zumsande. Er denkt dabei zum Beispiel an die Segnungsfeiern von gleichgeschlechtlichen Paaren, für die sich die Synodalversammlung ausgesprochen hat. Laut Ehebrecht-Zumsande gebe es bisher nur wenige Bistümer, „die damit Ernst machen“.

Ehebrecht-Zumsande: Queer-Feindlichkeit aus Kirche nicht verschwunden

Die Initiative #outinchruch hat 2022 sieben Forderungen an die katholische Kirche gestellt.  Nach der ersten Doku sieht Jens Ehebrecht-Zumsande mit der Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts nur eine Forderung erfüllt. Damit sei aber nicht die Queer-Feindlichkeit aus der Kirche verschwunden: „Rechtlich sind wir einen Riesenschritt vorangekommen, aber es braucht noch einen richtigen Kulturwandel. Und da steht noch ganz viel aus.“ Das kirchliche Arbeitsrecht besagt nun, dass die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität kein Loyalitätsverstoß oder Kündigungsgrund sein darf.

Forderungen von #outinchurch an die Römisch-Katholische Kirche


  1. Wir wollen als LGBTIQ+ Personen in der Kirche ohne Angst offen leben und arbeiten können.
  2. LGBTIQ+ Personen müssen einen diskriminierungsfreien Zugang zu allen Handlungs- und Berufsfeldern in der Kirche erhalten.
  3. Das kirchliche Arbeitsrecht muss geändert werden. Ein offenes Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität, auch in einer Partnerschaft beziehungsweise Zivilehe, darf niemals als Loyalitätsverstoß oder Kündigungsgrund gewertet werden.
  4. Diffamierende und nicht zeitgemäße Aussagen der kirchlichen Lehre zu Geschlechtlichkeit und Sexualität müssen auf Grundlage theologischer und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse revidiert werden. Dies ist besonders in Anbetracht weltweiter kirchlicher Verantwortung für die Menschenrechte von LGBTIQ+ Personen von höchster Relevanz.
  5. Die Kirche darf LGBTIQ+ Personen bzw. -Paaren den Segen Gottes sowie den Zugang zu den Sakramenten nicht vorenthalten.
  6. Eine Kirche, die sich auf Jesus und seine Botschaft beruft, muss jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegentreten und eine Kultur der Diversität fördern.
  7. Im Umgang mit LGBTIQ+ Personen hat die Kirche im Laufe ihrer Geschichte viel Leid verursacht. Wir erwarten, dass die Bischöfe dafür im Namen der Kirche Verantwortung übernehmen, die institutionelle Schuldgeschichte aufarbeiten und sich für die von uns geforderten Veränderungen einsetzen.

Noch gewichtiger als die Änderung des Arbeitsrechts findet Ehebrecht-Zumsande die Forderung nach Änderung der kirchlichen Lehre zu Geschlechtlichkeit und Sexualität: „Es ist jetzt eigentlich eine absurde Situation. Als Arbeitnehmer bei der katholischen Kirche bin ich als schwuler Mann eine Bereicherung. Nach Feierabend – wenn ich privat unterwegs bin – bliebe ich ein schwerer Sünder. Das ist paradox und kann so nicht bleiben.“ Außerdem ist der Initiative ein großes Anliegen, dass die Schuldgeschichte aufgearbeitet wird. Da sei bisher aber noch nichts passiert, so Ehebrecht-Zumsande.

Laut eigenen Angaben ist #outinchurch eine Initiative von über 500 LGBTIQ+ Menschen, die hauptberuflich oder ehrenamtlich in der katholischen Kirche tätig sind.

Die Autorin
Katharina Sichla
Teamleiterin mk online
k.sichla@michaelsbund.de