Zeremonie mit Ministerpräsident Söder

Ernannter Bamberger Erzbischof Gössl vereidigt

Anachronismus oder wieder aktuell? In Bayern legen Bischöfe vor ihrer Amtseinführung einen Eid vor dem Ministerpräsidenten ab. Eine gute Gelegenheit, Botschaften zum Verhältnis von Staat und Kirche zu platzieren.

Vereidigung von Herwig Gössl (l.), ernannter Erzbischof von Bamberg, durch Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern (r.) © Bayerische Staatskanzlei

Der ernannte Bamberger Erzbischof Herwig Gössl (56) ist am Montag staatlich vereidigt worden. Vor Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schwor er im Münchner Prinz-Carl-Palais "Deutschland und dem Lande Bayern" die Treue. Dabei legte Gössl seine rechte Hand auf eine Bibel. Hinter der aufgeschlagenen Eidesformel stand auf dem Tisch ein Kruzifix. Mit dem Eid verpflichtet sich ein Bischof in Bayern mit seinen Priestern zur Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung.

Im Wortlaut heißt es im Eid: „Vor Gott und auf die heiligen Evangelien schwöre und verspreche ich, so wie es einem Bischof geziemt, Deutschland und Bayern Treue. Ich schwöre und verspreche, die verfassungsmäßig gebildete Regierung zu achten und von meinem Klerus achten zu lassen. In der pflichtmäßigen Sorge um das Wohl und das Interesse des deutschen Staatswesens werde ich in Ausübung des mir übertragenen geistlichen Amtes jeden Schaden zu verhüten trachten, der es bedrohen könnte.“

Ein Relikt alter NS-Tage?

Die Zeremonie geht auf das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933 zwischen der Reichsregierung unter Adolf Hitler und dem Heiligen Stuhl zurück, es soll Diözesanbischöfe vor Amtsantritt auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung einschwören. Kritiker sehen darin heute eine zu starke Allianz zwischen Kirche und Staat und halten die Zeremonie für aus der Zeit gefallen. Neben Luxemburg ist Deutschland das einzige Land weltweit, in dem es einen solchen bischöflichen Treueid noch gibt.

An der Vereidigung im Münchner Prinz-Carl-Palais nahm auch eine Delegation des Erzbistums Bamberg teil, darunter der ständige Vertreter des Diözesanadministrators, Georg Kestel, die Ordinariatsdirektorin Jutta Schmitt und weitere Vertreter des Erzbistums, ebenso so wie Familienmitglieder von Gössl. Aus der Politik waren unter anderem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sowie Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) anwesend. Zu den Gästen zählten auch der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke und der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken, Joachim Unterländer. Wie bei dieser Zeremonie üblich hielten der Ministerpräsident und der vereidigte Bischof kurze Ansprachen.

Bekenntnis zur engen Zusammenarbeit von Staat und Kirche

Söder und Gössl bekannten sich in ihren Reden zu einer engen Zusammenarbeit von Staat und Kirche. "Der Eid bindet nicht nur Sie, sondern auch uns", sagte Söder mit Blick auf seine Regierung. Er versprach eine enge Partnerschaft, geprägt von Respekt, Wertschätzung und auch Freundschaft.

Ohne das Engagement der Kirche vor allem in der sozialen Arbeit und in Schulen wäre die Gesellschaft ärmer, fügte Söder hinzu. Der Religionsunterricht etwa sei ganz wichtig für die Wertebildung. Und über christliche Feiertage freuten sich selbst Kirchenkritiker. Bezug nahm er auch auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das den umstrittenen Kreuzerlass von Söder nicht für rechtswidrig hält.

Gössl fällt der Treueid nicht schwer

Der Ministerpräsident legte der Kirche nahe, nicht zu einer Nichtregierungsorganisation "wie viele andere" zu werden. In den schlimmsten Phasen des Lebens, in Krankheit und im Sterben, gebe die Kirche Hoffnung und Orientierung. Wer glaube, könne auch anderen Mut machen. In Richtung von Gössl sagte er: „Jetzt geht die Arbeit los!“ Dazu riet er dem Geistlichen, sich nicht so sehr über Bürokratiefragen zu ärgern, mit denen er sich im neuen Amt auch wird beschäftigen müssen.

Der künftige Bamberger Erzbischof sagte, es falle ihm nicht schwer, den Eid abzulegen, weil die bayerische Verfassung aus der Zeit des Nationalsozialismus gelernt habe. Staat und Kirche müssten laut Gössl zusammenwirken, "damit sich die Hoffnung auf Heil durchsetzt in den Herzen der Menschen, damit die Menschenfänger und Populisten keinen Boden gewinnen und der Friede auf Erden wachsen kann".

Politik und Glaube nicht trennbar

Der Geistliche äußerte sich zugleich besorgt zum Zustand des Gemeinwesens. Bei immer mehr Menschen schwinde das Verantwortungsbewusstsein für eine Gemeinschaft über die eigene Familie hinaus. Deshalb hätten sie auch kein Verständnis mehr dafür, wenn sich Institutionen wie die Kirche in den öffentlichen Diskurs einbrächten.

Seit seiner Ernennung durch Papst Franziskus sei er öfter darauf hingewiesen worden, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten und nur noch um den Glauben kümmern, sagte Gössl. Beides voneinander zu trennen, sei aber nicht möglich.

Amtseinführung Anfang März

"Glaubende Menschen werden sich hoffentlich auch in Zukunft auf der festen Basis ihres christlichen Glaubens politisch und gesellschaftlich engagieren und in ihren Entscheidungen für Werte einstehen, die sie nicht aus sich selbst heraus haben und die sie auch nicht der – vermeintlichen – Mehrheitsmeinung unterordnen", sagte er.

Ins Amt als Erzbischof eingeführt wird Gössl am 2. März im Bamberger Dom. Papst Franziskus hatte Gössl, der zuvor schon Weihbischof im Erzbistum Bamberg war, am 9. Dezember 2023 zum Nachfolger des emeritierten Erzbischofs Ludwig Schick (74) ernannt. Seit dem Rücktritt Schicks im November 2022 hatte Gössl das fränkische Erzbistum schon übergangsweise als Diözesanadministrator geleitet. (kna/we)