Papst kreiert 20 neue Kardinäle

Eine Kardinalsversammlung wirft Fragen auf

Wenige Tage sind es bis zum lang erwarteten Konsistorium, bei dem der Papst 20 neue Kardinäle kreiert. Doch verbirgt sich hinter dem Termin und dem darauffolgenden Austausch mit den Kardinälen zur Kurienreform mehr?

Papst Franziskus spricht vor Kardinälen (Archivbild). © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA

"Nicht im Moment, nicht in nächster Zeit". Papst Franziskus hat in den ersten Juli-Wochen in mehreren Interviews Rücktrittsgerüchten den Garaus gemacht. Seine Reise nach L'Aquila zum Grab von Coelestin V., dem ersten Papst, der einen Rücktritt ermöglichte und zurücktrat: Zufall. Auch wenn er grundsätzlich einen Rücktritt nicht ausschließt und den Schritt seines Vorgängers Benedikt XVI. achtet - Franziskus will weitermachen. So gibt es Reisepläne für den Spätsommer, unter anderem ein mögliches Treffen mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. in Kasachstan, eventuell ein Ukraine-Besuch.

"Da kommt etwas Großes"

Aber da wäre noch die bevorstehende Kardinalsversammlung zur Ernennung neuer Purpurträger am 27. August. Das ungewöhnliche Datum in der italienischen Sommerpause und das darauffolgende Treffen zur neuen Kurienreform mit den Kardinälen wirft weiter Rätsel auf. Geht es in diesen Tagen tatsächlich darum, die Apostolische Konstitution "Praedicate Evangelium" im Detail zu beleuchten oder steckt mehr dahinter? "Da kommt etwas Großes, aber es ist kein Rücktritt", so ein Vatikaninsider. Doch was ist es?

Eine These wäre, dass Franziskus einen Rücktritt in näherer oder ferner Zukunft konkreter gestalten möchte. Bis dato gibt es kaum Vorgaben im kanonischen Recht. Das Dekret von Papst Coelestin ist vage. Dieses Vakuum missfällt Franziskus. Kirchenrechtler sehen hier großen Klärungsbedarf. Experten verschiedener Nationen, angestoßen in Italien, haben sich daher bereits im vergangenen Jahr zusammengeschlossen und Vorschläge formuliert.

Kardinal Marx in Rom


Auch Kardinal Reinhard Marx nimmt am Samstag am Konsistorium teil, wie die Erzbischöfliche Pressestelle in München bestätigte. Das Kardinalskollegium ist formal das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, "für die Papstwahl zu sorgen", wie es im Kirchenrecht (Can. 349) heißt. Derzeit gibt es 206 Kardinäle, davon sind 116 unter 80 und damit berechtigt, an einer Papstwahl teilzunehmen. Zurzeit gehören acht Deutsche dem Kardinalskollegium an: Walter Brandmüller (93), Paul Josef Cordes (87), Walter Kasper (89), Reinhard Marx (68), Gerhard Ludwig Müller (74), Karl-Josef Rauber (88), Friedrich Wetter (94) und Rainer Maria Woelki (66). Von ihnen wären bei einer Papstwahl nur die drei unter 80-Jährigen stimmberechtigt: Marx, Müller und Woelki.

Auf einer Internetplattform stellen die Wissenschaftler ihre Ideen seither zur kirchenrechtlichen Diskussion. So schlagen sie vor, dass ein Amtsverzicht unwiderruflich sein und idealerweise schriftlich auf einer Kardinalsversammlung verkündet werden sollte. Zugleich solle der zurücktretende Papst alle Ämter verlieren, auch Ehrenämter. Medial sollte er sich zurückhalten. Und er sei danach nicht mehr Papst, auch kein Kardinal, sondern emeritierter Bischof von Rom. Genau das, was Franziskus für einen möglichen Rücktritt selbst in Erwägung zieht - abweichend von seinem Vorgänger, Papst emeritus Benedikt XVI.

Rund um Franziskus' schwere Darm-Operation im vergangenen Jahr war die Frage aufgekommen, was passieren würde, wenn der Papst - zeitweise oder dauerhaft - amtsunfähig wäre, etwa in ein Koma falle. Auch hierzu gibt es Vorschläge der Kirchenrechtler. Etwa, dass die Leitung bei einer vorübergehenden Amtsunfähigkeit dem Kardinalskollegium obliege. Dieses solle wiederum mit absoluter Mehrheit fünf Kardinäle bestimmen, welche die ordentlichen Angelegenheiten des Papstes übernähmen.

Reform der nächsten Papstwahl?

Währenddessen müsse der gesundheitliche Zustand des Papstes fortlaufend von einem Gremium internationaler Ärzte begutachtet werden. Und falls die Amtsunfähigkeit dauerhaft sei, müsse auch hierüber mit gebührendem Abstand von sechs Monaten von den Kardinälen entschieden werden. Dann erst gelte der Papststuhl als vakant.

All diese schwerwiegenden Fragen könnte Franziskus bei der Kardinalsversammlung angehen. Denkbar wäre auch, dass "das Große" darüber hinaus geht. Dass Franziskus die Eminenzen auf eine Reform der nächsten Papstwahl einstimmt. Die letzte umfangreiche Änderung der Konklave-Ordnung setzte 1996 Johannes Paul II. in Kraft.

Bett statt Schlafkoje

Er sorgte dafür, dass die Papstwähler ein richtiges Bett statt der Schlafkoje bekamen, und schaffte die Krönung ab. An der Zusammensetzung des Konklave änderte er nichts. Auch die Bischofssynode bezog er nicht ein, was debattiert worden war. Benedikt XVI. nahm kleinere Änderungen vor, die vor allem das Zustandekommen der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit betrafen.

Franziskus hat das bestehende Kardinalskollegium bereits internationaler und jünger gemacht. Zudem veränderte er mit seiner im März veröffentlichten Kurienreform das Wesen der weltkirchlichen Zentralverwaltung. Sie soll sich stärker als Diener der Ortskirchen verstehen, weniger als Schaltzentrale der Macht. Die laufende Weltsynode hat zum Ziel, das Miteinander von Kurie, Welt- und Ortskirche dauerhaft zu verändern. Das Zuhören und vor allem das Wahrnehmen und das Einsichtsvermögen aller Gläubigen soll geschärft werden.

Mit einer Konklave-Reform könnte Franziskus einen Schritt wagen, den seine Vorgänger nicht gingen. Er könnte die Versammlung der Papstwähler öffnen, die Bischofssynode mit einbeziehen und vielleicht in der Vorwahlphase eine stärkere Beteiligung der Ortskirchen schaffen - eventuell bis hin zu den Gläubigen. Vielleicht kombiniert Franziskus auch Rücktritts-, Vertretungs-, und Wahlregeln. Noch sind all dies Spekulationen, aber nicht mehr lange. (Anna Mertens/kna)