Auf einer Internetplattform stellen die Wissenschaftler ihre Ideen seither zur kirchenrechtlichen Diskussion. So schlagen sie vor, dass ein Amtsverzicht unwiderruflich sein und idealerweise schriftlich auf einer Kardinalsversammlung verkündet werden sollte. Zugleich solle der zurücktretende Papst alle Ämter verlieren, auch Ehrenämter. Medial sollte er sich zurückhalten. Und er sei danach nicht mehr Papst, auch kein Kardinal, sondern emeritierter Bischof von Rom. Genau das, was Franziskus für einen möglichen Rücktritt selbst in Erwägung zieht - abweichend von seinem Vorgänger, Papst emeritus Benedikt XVI.
Rund um Franziskus' schwere Darm-Operation im vergangenen Jahr war die Frage aufgekommen, was passieren würde, wenn der Papst - zeitweise oder dauerhaft - amtsunfähig wäre, etwa in ein Koma falle. Auch hierzu gibt es Vorschläge der Kirchenrechtler. Etwa, dass die Leitung bei einer vorübergehenden Amtsunfähigkeit dem Kardinalskollegium obliege. Dieses solle wiederum mit absoluter Mehrheit fünf Kardinäle bestimmen, welche die ordentlichen Angelegenheiten des Papstes übernähmen.
Reform der nächsten Papstwahl?
Währenddessen müsse der gesundheitliche Zustand des Papstes fortlaufend von einem Gremium internationaler Ärzte begutachtet werden. Und falls die Amtsunfähigkeit dauerhaft sei, müsse auch hierüber mit gebührendem Abstand von sechs Monaten von den Kardinälen entschieden werden. Dann erst gelte der Papststuhl als vakant.
All diese schwerwiegenden Fragen könnte Franziskus bei der Kardinalsversammlung angehen. Denkbar wäre auch, dass "das Große" darüber hinaus geht. Dass Franziskus die Eminenzen auf eine Reform der nächsten Papstwahl einstimmt. Die letzte umfangreiche Änderung der Konklave-Ordnung setzte 1996 Johannes Paul II. in Kraft.
Bett statt Schlafkoje
Er sorgte dafür, dass die Papstwähler ein richtiges Bett statt der Schlafkoje bekamen, und schaffte die Krönung ab. An der Zusammensetzung des Konklave änderte er nichts. Auch die Bischofssynode bezog er nicht ein, was debattiert worden war. Benedikt XVI. nahm kleinere Änderungen vor, die vor allem das Zustandekommen der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit betrafen.
Franziskus hat das bestehende Kardinalskollegium bereits internationaler und jünger gemacht. Zudem veränderte er mit seiner im März veröffentlichten Kurienreform das Wesen der weltkirchlichen Zentralverwaltung. Sie soll sich stärker als Diener der Ortskirchen verstehen, weniger als Schaltzentrale der Macht. Die laufende Weltsynode hat zum Ziel, das Miteinander von Kurie, Welt- und Ortskirche dauerhaft zu verändern. Das Zuhören und vor allem das Wahrnehmen und das Einsichtsvermögen aller Gläubigen soll geschärft werden.
Mit einer Konklave-Reform könnte Franziskus einen Schritt wagen, den seine Vorgänger nicht gingen. Er könnte die Versammlung der Papstwähler öffnen, die Bischofssynode mit einbeziehen und vielleicht in der Vorwahlphase eine stärkere Beteiligung der Ortskirchen schaffen - eventuell bis hin zu den Gläubigen. Vielleicht kombiniert Franziskus auch Rücktritts-, Vertretungs-, und Wahlregeln. Noch sind all dies Spekulationen, aber nicht mehr lange. (Anna Mertens/kna)