Ort der Erinnerung

Ein Weihnachtsbaum für Sternenkinder

Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 3.000 Kinder vor oder bei der Geburt. In München erinnert ein besonderer Christbaum an ihr Schicksal – und bietet Familien einen Ort, um mit den verstorbenen Kindern Weihnachten zu feiern.

Astrid Gosch-Hagenkord und Armin Arnold vor dem Weihnachtsbaum für Sternenkinder. © SMB/Bauer

Im Münchner Luitpoldpark ist zu jeder Jahreszeit etwas los. Am Bamberger Haus haben im Winter die Eistockbahnen Hochkonjunktur. Da passt der Christbaum unter der weihnachtlichen Biergartenbeleuchtung perfekt dazu – zumindest auf den ersten Blick. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass die Anhänger nicht dem klassischen Christbaumschmuck entsprechen. Es sind Sterne aus Holz und Kunststoff, auf denen Namen und Daten eingraviert oder aufgemalt sind. „Das sind Erinnerungsanhänger für verstorbene Kinder, für Sternenkinder“, erklärt Armin Arnold. Der 43-Jährige hat sich den Baum mit dem besonderen Schmuck vor einem Jahr ausgedacht. Ein Anhänger, ein Stern aus Bügelperlen in Regenbogenfarben, ist von seiner Familie. Er erinnert an ihr Sternenkind Louis, der im März 2022 tot zur Welt kam. 

Letztes Jahr rund 70 Anhänger am Baum 

„Das hat viel Kraft und Energie gekostet“, erinnert sich Arnold. Besonders im Advent und der gesamten Vorweihnachtszeit haben die Eltern und Tochter Anna gespürt, wie sehr Louis fehlt. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, ihre Trauer zu verarbeiten, kam im Austausch mit anderen betroffenen Eltern die Idee für einen gemeinsamen Weihnachtsbaum auf. „Den haben wir dann von heute auf morgen besorgt und ihn damals beim Park Café aufgestellt.“ Obwohl die Aktion nicht von langer Hand geplant war, hingen am Schluss rund 70 Anhänger am Baum.  

Der große Zuspruch überrascht Astrid Gosch-Hagenkord nicht. Sie ist selbst Sternenkind-Mutter und engagiert sich beim Verein „Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister“. Ihrer Erfahrung nach ist gerade die Zeit um Weihnachten für die Betroffenen besonders hart: „Weihnachten ist das Familienfest und ohnehin eine emotionale Zeit, da fehlen diese Kinder dann besonders.“ Hinzu kämen der übliche familiäre Weihnachtsstress, Erwartungsdruck und wenig Rücksicht auf die Situation der Betroffenen. Denn in der Öffentlichkeit sehe man verwaisten Eltern ihren Verlust nicht an. Mit dem Schmerz müssten die meisten alleine fertig werden.  

Sternenkinder sollen Teil des Lebens und der Gesellschaft sein können 

Der Verein der „Verwaisten Eltern“ hat den Arnolds geholfen. Mit dem Erinnerungsbaum will Sternenkind-Vater Armin das Schicksal von Sternenkind-Familien öffentlich sichtbar machen. Deshalb wurde der Erinnerungsweihnachtsbaum ganz bewusst da aufgestellt, wo Leben ist. Direkt neben dem Biergarten und einem Kinderspielplatz. „Das soll zeigen, dass Sternenkinder ein Teil vom Leben sind und dazu gehören“, betont Arnold. „Das soll sich nicht in irgendeiner Ecke abspielen, sondern da, wo Leben ist.“ 

Seiner Familie hat der Baum geholfen. Und er soll auch ein Weihnachtsgeschenk für Sternenkind Louis sein. „Man kann ja leider für sein Kind nicht mehr viel machen“, sagt Arnold – und das in einer Zeit, in der viele Eltern große Freude daran haben, ihren Kindern Geschenke zu machen. Deshalb steht der Baum nicht nur für die Eltern, sondern eben auch für alle Kinder, an die ein Sternenanhänger erinnert. „Er ermöglicht uns aktiv zu werden und nicht nur passiv zu trauern“, so Arnold.  Der Sternenkinder-Erinnerungsbaum steht noch bis zum 6. Januar am Bamberger Haus im Münchner Luitpoldpark. 

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
k.bauer@michaelsbund.de