Dreikönigssingen

Bundesweite Sternsinger-Aktion startet diesmal in Kempten

Bald ziehen wieder die Sternsinger los. Zum Auftakt kommen Ende Dezember rund 600 kleine Könige in Kempten zusammen. Doch dort gibt's nicht nur Kinder als Monarchen, sondern auch einen potenziellen Rekordhalter.

Sternsinger am 1. Dezember 2023 vor der Basilika Sankt Lorenz in Kempten. © Christopher Beschnitt/KNA

In Kempten fährt der König noch selbst. Immer zum Jahresbeginn düst dort ein gekröntes Haupt umher - und kutschiert weitere Monarchen durch die Gegend. Genauer gesagt: durch den Ortsteil Mariaberg. Hugo Naumann heißt dieser Chauffeur mit dem gekrönten Haupt. Der 86-Jährige organisiert seit vielen Jahren das Sternsingen in seinem Dorf, einem Kemptener Ortsteil. Diesmal sind Naumann und seine jungen Mitstreiter in besonderem Rahmen unterwegs. Denn Kempten ist dieses Jahr Schauplatz der Eröffnung der bundesweiten Sternsinger-Aktion. Rund 600 Mädchen und Buben werden dazu am 29. Dezember im Allgäu erwartet.

Hunderte Kinder und Jugendliche kommen dann in die Heimat von Deutschlands wohl ältestem Sternsinger. Man kenne jedenfalls keinen älteren, heißt es vom katholischen Kindermissionswerk "Die Sternsinger" aus Aachen. Die Hilfsorganisation und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) aus Düsseldorf verantworten die Sing- und Sammelaktion um den Dreikönigstag offiziell.

Doch was wären diese Träger ohne Menschen wie Hugo Naumann? In Kempten-Mariaberg, da hält Naumann den Brauch nicht nur am Leben - er hat ihn überhaupt erst etabliert. Denn seinen royalen Fahrdienst hat er vor 25 Jahren angefangen, weil es in dem auf einem Höhenzug über der Kernstadt gelegenen Dorf bis dahin kein regelmäßiges Sternsingen gab. "Einfach losziehen können die Kinder bei uns nicht, dafür stehen die Häuser und Höfe zu weit auseinander", erzählt Naumann. "Und dann geht's von der Landschaft her so sehr auf und ab, dass es zu Fuß gar nicht an einem Tag zu schaffen wäre, jede Türe zu erreichen. Wir haben hier viele Tobel, kleine Schluchten, da muss man teils lange Wege von A nach B fahren, auch wenn die Luftlinie kurz ist. Also mache ich eben das Kamel."

Ein Senior als Sternsinger

Ein Kamel mit Krone wohlgemerkt. Denn je nach Kinderaufkommen in Mariaberg tritt Naumann rund um den 6. Januar nicht nur als Chauffeur in Erscheinung, sondern durchaus auch mal selbst als Caspar, Melchior oder Balthasar. "Die drei Könige stellen ja auch die drei Altersgruppen der Menschen dar, insofern darf ich ruhig auch als Senior noch tun, was ich als Kind schon mit Gaudi gemacht habe", erklärt der pensionierte Pädagoge. Diesmal sind mit Theresa und Sebastian Keck sowie Dominik März in Mariaberg genügend kleine Könige am Start. Trotzdem: Hugo Naumann wird demnächst wieder genauso festlich-farbenfroh und mit goldenem Zackenreif auf dem Kopf gekleidet sein wie seine 9, 12 und 13 Jahre alten Sternsinger-Kinder. "Das mache ich schon seit vielen Jahren so, ob ich auftrete oder nicht. Denn irgendwann dachte ich: Das sieht doch blöd aus, wenn die anderen alle schön kostümiert sind und du nur in Zivil danebenstehst."

Heilige drei König


Am 6. Januar feiert die katholische Kirche das Fest der Heiligen Drei Könige. Das Matthäus-Evangelium berichtet je nach Übersetzung von Weisen, Magiern oder Astrologen aus dem Osten, die, einer Sternenkonstellation folgend, über Jerusalem nach Bethlehem kamen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Die Heiligen Drei Könige werden als Schutzpatrone der Reisenden, Pilger, Kaufleute, Gastwirte und Kürschner verehrt. Seit 1959 fördern das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" und später dann auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) die Sternsingeraktion, bei der Kinder Anfang Januar als Könige verkleidet Spenden für ihre notleidenden Altersgenossen in den Entwicklungsländern sammeln. Das Sternsingen gehört seit 2015 zum deutschen immateriellen Kulturerbe der Unesco. Das Dreikönigsfest ist in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt Feiertag. (kna)

Theresa, Sebastian und Dominik sind nach eigenen Worten sehr gerne mit Hugo Naumann unterwegs. "Dank ihm klingen wir auch richtig gut", sagt Theresa. Naumann war früher nämlich Singschullehrer. Warum sich die Kinder als Sternsinger engagieren? "Wir kriegen Süßes und können Geld für arme Kinder sammeln", antwortet Theresa. Ihr Bruder meint: "Es macht Spaß, vor allem bei älteren Leuten die Freude über unseren Besuch zu sehen." Und Dominik ergänzt: "Man sieht dann auch mal Menschen, von denen man sonst nichts mitkriegt." Wobei nicht jeder freundlich reagiert, wie Hugo Naumann berichtet. "Man wird schon mal dumm angeredet, was man denn für eine komische Maskerade tragen würde." Theresa, Sebastian und Dominik haben so etwas nach eigener Auskunft noch nicht erlebt. Sie freuen sich, bald wieder losziehen zu können, bunt gewandet und ausgestattet mit Sternenstab und Weihrauchfass.

Bewahrung der Schöpfung steht 2024  im Mittelpunkt der Aktion

Unterwegs sind das Mariaberger Quartett und alle anderen Sternsinger diesmal unter dem Leitwort "Gemeinsam für unsere Erde - in Amazonien und weltweit". Laut Kindermissionswerk und BDKJ soll dieses Motto darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Bewahrung der Schöpfung und der respektvolle Umgang mit Mensch und Natur sind. Die Aktion "ermutigt die Sternsinger, sich gemeinsam mit Gleichaltrigen aller Kontinente für ihr Recht auf eine gesunde Umwelt einzusetzen", heißt es. Zur großen Eröffnung ist in Kempten einiges geplant: eine Auftaktmesse in der Basilika Sankt Lorenz, ein Sternsinger-Umzug zum Rathaus und - als Zeichen ökumenischer Verbundenheit - eine Abschlussandacht in der evangelischen Sankt-Mang-Kirche. Auch einen eigenen Sternsinger-Weihnachtsmarkt soll es geben, unter anderem mit einem Schoko-Parcours zum Thema Kakaoanbau und einem Zelt, in dem Märchen aus Amazonien erzählt werden. Theresa, Sebastian, Dominik und Hugo Naumann freuen sich schon drauf. (kna)