Aufarbeitung von Missbrauch

Bayern kündigt Stelle für Missbrauchsopfer an

Bisher hatte Sozialministerin Ulrike Scharf eine eigene staatliche Anlaufstelle abgelehnt. Jetzt soll sie doch eingerichtet werden. Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, Richard Kick, sprach von einem "Meilenstein".

Für Betroffene von Missbrauch soll es in Bayern in Zukunft einen zentrale Anlaufstelle geben. © Kay A/peopleimages.com - stock.adobe.com

Der Freistaat Bayern will jetzt doch eine zentrale Anlaufstelle für Opfer von Missbrauch und Gewalt einrichten. Die Ankündigung von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) löste am Mittwoch gemischte Reaktionen aus. Um eine solche Stelle hatte es in den vergangenen Monaten rege Debatten gegeben, auch innerhalb der CSU. Während Justizminister Georg Eisenreich und Stimmen aus der Landtagsfraktion Unterstützung bekundeten, stieß das Vorhaben auf Vorbehalte im Sozialministerium.

Betroffene wollen Wissen einbringen

Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising, Richard Kick, zeigte sich gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sehr erfreut über Scharfs Ankündigung. Es handle sich um einen "Meilenstein auf dem Weg zur umfassenden Unterstützung von Opfern sexualisierter Gewalt - nicht nur im klerikalen Kontext". Kick äußerte sich nach einer Videokonferenz mit den Sprechern der Betroffenenbeiräte der anderen katholischen Bistümer in Bayern.

"Wir werden sehr genau mitverfolgen, wie diese Anlauf- und Lotsenstelle finanziell und personell ausgestattet wird und welche Expertise sie besitzt", fügte er hinzu. Dabei wollten die Betroffenen gerne ihr Wissen einbringen. "Wir hoffen auf eine baldige Einladung zu ersten Sondierungsgesprächen."

Wenn Sie selbst von Missbrauch betroffen sind, oder jemanden kennen, der von Missbrauch in der katholischen Kirche betroffen ist, dann finden Sie auf der Seite der Deutschen Bischofskonferenz Informationen, wohin Sie sich wenden können. Auch im Erzbistum München und Freising gibt es verschiedene Anlaufstellen für Betroffene.

Die grüne Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel erklärte: "CSU-Ministerin Scharf gibt endlich ihre Blockadehaltung auf." Die Stelle dürfe aber kein Feigenblatt sein. "Auch eine Hell- und Dunkelfeldstudie ist weiterhin zwingend notwendig." Es sei Aufgabe der Staatsregierung, eine solche auf den Weg zu bringen. Der CSU warf Triebel eine zu zögerliche Haltung vor.

Am Donnerstag findet auf Antrag der Grünen eine Anhörung im Verfassungsausschuss des Landtags zur Thematik statt. Als Sachverständige geladen sind unter anderen der Münchner Sozialpsychologe Heiner Keupp und der Kölner Jurist Stephan Rixen. Beide Professoren gehören der Unabhängigen Aufarbeitungskommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Berlin an.

Nach Scharfs Angaben soll die neue zentrale Anlaufstelle für alle Fälle von Missbrauch und Gewalt beim "Zentrum Bayern Familie und Soziales" eingerichtet werden. "Die neue Lotsenstelle zeigt die bestehenden Hilfsangebote schnell und konkret auf", so Scharf. Das Internetportal "Bayern gegen Gewalt" werde dafür ausgebaut. (kna)