Neue Wege in Zeiten von Corona

Alternative Seelsorge

An Ostern hat den meisten Gläubigen wohl die Messfeier in der Gemeinde, in der vertrauten Pfarrkirche gefehlt. Für viele Katholiken ist die Übertragung per Stream, im Fernsehen oder Radio, nur eine Notlösung.

Pestfahne der Pfarrei Flintsbach; zu sehen sind die Heiligen Benno, Sebastian und Rochus, sowie der Weg der Wallfahrt auf den Petersberg © GüntherWestenhuber

Erzbistum München und Freising – So mancher Seelsorger tut sich schwer damit, vor leeren Bänken zu predigen. Deshalb haben sich vielen in Gemeinden die Seelsorger, oft zusammen mit ihren Gemeindemitgliedern, etwas einfallen lassen, wie Verkündigung und Seelsorge in der Corona-Krise aussehen können.

Hoch am Berg: ein blaues Kreuz

So hat Monsignore Walter Waldschütz, der Leiter des Pfarrverbandes Tegernsee-Egern-Kreuth zwischen Karfreitag und Ostersonntag ein spektakuläres Schauspiel am Wallberg inszeniert. Zu sehen war an den Abenden ein riesiges blaues Laserkreuz, das den Berg hoch über dem Tegernsee ungefähr zu einem Drittel bedeckte. Erzeugt hat dieses Schauspiel ein Projektor mit Speziallinsen. Die Idee hatte Pfarrer Waldschütz zusammen mit dem Trachtenverein D´Wallberger. Sehr berührend fand der Seelsorger im Nachhinein die vielen Stimmen, die voll Begeisterung für das riesige blaue Kreuz waren: „Immer wieder kommen handgeschriebene Briefe der Dankbarkeit, die belegen, wie gut den Menschen das getan hat. Sogar Jugendliche, die sich als nicht religiös bezeichnen, haben geschrieben, sie seien still in sich gegangen.“ Vom Erfolg seiner Laseraktion ist der Seelsorger sehr angetan. Aber er weist auch darauf hin, dass das Laserkreuz keine Sensation sein soll, sondern an das Hoffnungszeichen erinnern, das für Christen im Mittelpunkt der Kar- und Ostertage steht. Seine Laseraktion steht für Waldschütz als besonderes Projekt neben einigen anderen in der Corona-Krise, wie zum Beispiel der Telefonaktion für Ältere und Kranke.

Selfies am Gestühl

Einen ganz anderen Ansatz hat sich der Starnberger Stadtpfarrer Andreas Jall ausgedacht: weil ihm das Zelebrieren der Messe vor leeren Sitzreihen zu schaffen macht, hat er seine Gemeindemitglieder dazu aufgerufen, ihm Selfies zu schicken. An die 90 Bilder gibt es bereits, teils mit ganzen Familien darauf. Pfarrer Jall hat sie auf die Stuhllehnen geklebt, da wo normalerweise die Pfarreimitglieder sitzen. „Wir Pfarrer feiern ja den Gottesdienst für die Gemeinde und nicht für uns selbst. Die Selfies sind ein Symbol für die Anwesenheit der Gemeinde.“  Jall bietet, mit Hilfe einiger Gemeindemitglieder, die Gottesdienste auch per Videostream an. Seit dem Start vor einigen Wochen hatte er bereits über 7.000 Besucher.

Erinnerung an die Not der Pest

Ganz so viele Gäste hat die Pfarrkirche Flintsbach (Lkr. Rosenheim) in den vergangenen Wochen nicht gehabt. Aber die Idee, die alte Pestfahne aus dem Pfarrmuseum in der Kirche aufzustellen, fand großen Anklang. Die restaurierte Fahne stammt aus dem Jahr 1611: damals suchte die Pest den Ort heim und die Flintsbacher gelobten eine alljährliche Wallfahrt zur Probstei auf dem nahegelegenen Petersberg. Von diesem Tag an, berichtet die Chronik, starb kein Mensch mehr an der Pest. Die Wallfahrt gib es noch heute, am 16. August, dem Namenstag des Heiligen Rochus. Zur Erinnerung ließen die Gläubigen die Pestfahne gestalten. Jetzt, in Zeiten der Corona-Krise, steht die Fahne mitten in der Pfarrkirche, ergänzt durch das Coronagebet des Erzbistums München und Freising. Diakon Thomas Jablowsky hat vom Pfarrhaus aus einen guten Blick auf die Fahne. „Es kommen unter der Zeit mehr Menschen als sonst in die Kirche und die Mesnerin hat berichtet, dass der Verbrauch an Opferlichtern deutlich angestiegen ist. Die Menschen suchen Sicherheit, einen Halt.“

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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