Ungewöhnliches Interview

Künstliche Intelligenz zu kirchlichen Themen

Wie ist es wirklich, einer künstlichen Intelligenz (KI) Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten? Wir haben es ausprobiert – mit zwei kostenlosen Chatbots.

Die künstliche Intelligenz bietet viel Effekt, viel Erstaunliches, aber auch noch viele Fehler und Halbwahrheiten. © stock.adobe.com - Sutthiphong

Chatbots („Gesprächsroboter“) sind Computerprogramme, die online von jedem – auch in deutscher Sprache – genutzt werden können: einerseits mit ChatGPT, einem Chatbot, der unter chatopenai.de zugänglich ist; andererseits mit der Suchmaschine Bing (www.bing.de, muss im Microsoft-Browser Edge geöffnet werden), die ebenfalls eine schriftliche Gesprächsfunktion bietet und auf der neueren Chatbot-Version GPT-4 basiert.

Als Kirchenzeitung haben wir uns natürlich besonders dafür interessiert, wie es um das kirchliche und religiöse Wissen des angeblich intelligenten Computerprogramms steht. Im Folgenden lesen Sie unsere Fragen, die wir bei ChatGPT beziehungsweise bei Bing eingegeben haben, die ausgeworfenen Antworten des Chatbots sowie in kursiv unseren jeweiligen Kommentar dazu.

mk online: Welche ist die schönste Kirche im Erzbistum München und Freising?

KI: Als künstliche Intelligenz habe ich kein ästhetisches Empfinden und kann daher keine subjektive Meinung darüber haben, welche Kirche im Erzbistum München und Freising die schönste ist. Es gibt jedoch viele wunderschöne Kirchen in diesem Erzbistum, darunter die Frauenkirche, die Theatinerkirche und die Asamkirche in München, die Wieskirche in Steingaden und die Benediktinerabtei St. Bonifaz in München. Jede dieser Kirchen hat ihre eigene einzigartige Architektur und Geschichte, die es wert sind, erkundet zu werden.

Zu unserer Überraschung offenbart ChatGPT bereits bei der ersten Frage eine erstaunliche Wissenslücke und lokalisiert die Wieskirche in unserem Erzbistum; diese liegt aber im Bistum Augsburg. Da fragen wir doch gleich mal nach:

In welchem Bistum befindet sich die Wieskirche bei Steingaden?

KI: Die Wieskirche bei Steingaden befindet sich im Bistum Augsburg.

Geht doch, warum nicht gleich so? Jetzt erhöhen wir die Schwierigkeit:

Welche Kardinäle werden als potenzielle Nachfolger von Papst Franziskus gehandelt, falls dieser in den nächsten Jahren sterben oder zurücktreten sollte?

KI: Als KI halte ich mich bei dieser Frage neutral und sachlich. Es ist wichtig zu beachten, dass der Papst in der römisch-katholischen Kirche nicht gewählt wird, um ein Amt zu übernehmen, das er bis zum Ende seines Lebens innehat. Stattdessen dient der Papst solange, bis er stirbt oder freiwillig zurücktritt. Wenn der Papst stirbt oder zurücktritt, wird ein Konklave einberufen, um seinen Nachfolger zu wählen.

Wenn jedoch der Papst in den nächsten Jahren zurücktritt oder stirbt und ein Konklave einberufen wird, um seinen Nachfolger zu wählen, ist es schwierig zu sagen, welche Kardinäle als potenzielle Nachfolger gehandelt werden könnten. Das Konklave wählt den neuen Papst in einer geheimen Wahl, und es gibt keine offizielle Kandidatenliste. Kardinäle aus der ganzen Welt können als potenzielle Kandidaten in Betracht gezogen werden, und es ist schwierig zu sagen, wer am Ende gewählt wird.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass das Spekulieren über potenzielle Nachfolger des amtierenden Papstes ein heikles Thema ist, da es den Papst und die Kirche in eine politische und öffentliche Diskussion verwickeln könnte, die gegen die Tradition und die Würde des Papsttums verstoßen könnte.

Hm. Das klingt auf den ersten Blick ziemlich beeindruckend. Andererseits erweckt ChatGPT hier den Eindruck, um den heißen Brei herumzureden.

Viele leere Worte … Ein paar konkrete Namen hätten wir uns schon gewünscht! Jetzt eine der schwierigsten Fragen überhaupt:

Wo war Gott in Auschwitz?

KI: Die Frage nach dem Ort Gottes in Auschwitz ist eine komplexe und kontroverse Fragestellung. Es gibt verschiedene theologische und philosophische Ansätze, um darauf zu antworten, und es gibt keine einheitliche Position unter den Gläubigen.

Einige religiöse Menschen glauben, dass Gott während des Holocausts in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern anwesend war und das Leiden der Opfer mit ihnen geteilt hat. Sie argumentieren, dass Gott durch die Anwesenheit der Überlebenden, die Hoffnung und Menschlichkeit bewahrten, präsent war. Andere hingegen stellen die Frage, wie ein allmächtiger und allgütiger Gott das Leiden im Holocaust zulassen konnte. Sie argumentieren, dass die Existenz des Bösen und des Leidens im Widerspruch zu den traditionellen Vorstellungen von Gott steht oder dass Gott sich während dieser Zeit zurückgezogen hat. Es gibt auch diejenigen, die sagen, dass die Frage nach dem Ort Gottes in Auschwitz nicht angemessen ist, da Auschwitz ein Ort des absoluten Grauens und des Bösen war, an dem die Präsenz Gottes nicht zu spüren war.

Es ist wichtig anzumerken, dass dies komplexe und individuelle Überlegungen sind und dass verschiedene Menschen unterschiedliche Antworten auf diese Frage haben können, basierend auf ihren religiösen, philosophischen und persönlichen Überzeugungen.

Dafür, dass diese Antwort schon nach wenigen Sekunden kommt, ist das nicht schlecht. Allein schon, dass der Chatbot versteht, wie die Frage gemeint ist, ringt einem Respekt ab. Aber kann die KI auch Aussagen über Zukünftiges treffen?

In aller Kürze: Hat die katholische Kirche in Deutschland eine Zukunft?

KI: Ja, die katholische Kirche in Deutschland hat eine Zukunft, obwohl sie mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert ist. Sie hat eine treue Gemeinschaft von Gläubigen, die weiterhin ihren Glauben praktizieren und an ihr teilnehmen. Die Kirche passt sich auch den sozialen und kulturellen Veränderungen an und bemüht sich um Erneuerung, um relevant zu bleiben.

Na, dann ist ja gut – das Orakel hat gesprochen. Jetzt noch etwas Witziges: In einer englischen Beschreibung der Chatfunktion von Bing haben wir gelesen, man könne sich mit dem Chatbot sogar auf Bairisch unterhalten. I glaab, i spinn – des probier ma glei amoi aus:

„I gangad gern auf d’ Kampenwand, wenn i mit meiner Wampn kannt“ – was bedeutet dieser Satz auf Hochdeutsch?

KI: Der Satz „Ich gangad gern auf d’ Kampenwand, wenn i mit meiner Wampn kannt“ ist ein bayerischer Dialektsatz und bedeutet auf Hochdeutsch „Ich würde gerne auf die Kampenwand gehen, wenn ich mit meiner Waffe könnte“.

Mit meiner Waffe? Hahaha! Die KI kennt also keine Wampe – kein Wunder bei einem körperlosen Computerprogramm. Spannend ist bei Bing, dass der Chatbot zu jeder Antwort auch eine oder mehrere Quellenangaben macht – man kann also nachvollziehen, von welchen Internetseiten er sich in Sekundenbruchteilen seine Informationen zusammengesucht hat. Zum Schluss schauen wir mal, ob die künstliche Intelligenz auch kreativ sein kann und sich auf die Dichtkunst versteht:

Schreib mir ein kurzes Gedicht, das sich reimt und in dem der heilige Korbinian und der heilige Benno vorkommen!

KI: In Bayern einst, im heil’gen Land,

Da wirkten zwei mit Gottes Hand.

Der heil’ge Korbinian, voller Mut,

Er trug die Botschaft, tief und gut.

Mit seinem Ross und starkem Sinn,

Erzählte er vom Glauben hin.

Den Bären zähmte er, so stark,

In Gottes Namen, wunderbar.

Doch auch der heil’ge Benno stand bereit,

Ein Hirte, stets in Nächstenlieb’.

Die Menschen führte er auf rechter Bahn,

Ein Bischof, dem man danken kann.

Sie beide wandelten das Land,

Mit Segen, den sie ausgesandt.

Der eine durch die Wildnis stritt,

Der andre sorgte für die Herd’ und Lid.

Der heil’ge Korbinian, der Reisende weit,

Der heil’ge Benno, der Seelsorger, der streit’.

Zusammen formten sie des Glaubens Kraft,

Ein Erbe, das uns ewig schafft.

So ehren wir die Heil’gen heut’,

Dankbar für ihre Lebenszeit.

Korbinian und Benno, groß und rein,

Möge ihr Segen bei uns sein.

Faszinierend – wenn man mal davon absieht, dass sich mehrere Verspaare nicht reimen; zudem sind holprige oder sogar unsinnige Formulierungen enthalten. Die sekundenschnelle Gedichtproduktion des Chatbots verblüfft, ist aber definitiv ohne literarischen Wert.

Wir ziehen ein Fazit: Die künstliche Intelligenz bietet viel Effekt, viel Erstaunliches, aber auch noch viele Fehler und Halbwahrheiten. Sie würfelt Textbausteine zusammen, lässt aber größeren Tiefgang vermissen. Man mag das „intelligent“ nennen, ein echter Intellekt steht allerdings (noch?) nicht dahinter.

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de