"Ein warmes Gefühl von Verbundenheit"
Lettland, ein kleiner Staat im Norden Europas, hat uns bis vor einem Dreivierteljahr kaum etwas gesagt – und jetzt leben wir schon seit fast fünf Monaten hier. Als wir ankamen, hatte es noch +30 Grad, heute sind es -16 Grad, eine Kälte, wie wir sie in der deutschen Heimat selten erleben. Auch dass die Sonne schon Mitte Oktober um fünf Uhr nachmittags unterging, war anfangs ungewohnt für uns. In der ersten Zeit hatten wir das Gefühl, dass mit der einbrechenden Dunkelheit auch der Tag endet. Doch als wir noch nach der Dämmerung volle Straßen und Busse gesehen haben, konnten wir lernen, dass Dunkelheit und Tagesende nicht das Gleiche sind. Mitte November kam der Schnee und hat den ersten Winterblues gebrochen.
Auch die Begegnung mit anderen Menschen hilft sehr, die gedrückte Stimmung zu heben. Ein wichtiger Begegnungsort ist dabei die Kirche. Die katholische Kirche bietet dafür viele verschiedene Möglichkeiten. Es gibt Jugendtreffs, ein kostenloses Café, das katholische Gymnasium Rigas und natürlich die Gottesdienste in den Gemeinden.
Besuch des englischen Gottesdiensts
Da unser Lettisch noch in den Kinderschuhen steckt, besuchen wir meist den englischen Gottesdienst in der Maria-Magdalena-Kirche. Die internationale Gemeinde trifft sich jeden Sonntag nach der Messe zum Kirchencafé, wo man Menschen ganz verschiedener Nationalitäten und Kulturen begegnet. Wir konnten beobachten, dass die Teerunde im Winter stärker besucht wird. Im September waren es vielleicht noch fünf weitere Leute, die auf einen Kaffee geblieben sind, im Dezember dreimal so viele.
In der Weihnachtszeit wurde das Angebot der Beichte vor dem Messbeginn ebenfalls mehr in Anspruch genommen. Hier in Lettland ist es nämlich so, dass die Priester immer mindestens eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst in der Kirche sind, um den Gläubigen die Möglichkeit eines geistigen Gespräches zu bieten. Eine weitere Besonderheit die uns überrascht hat war, dass der Großteil der Geistlichen ausschließlich die Mundkommunion austeilt. Die Handkommunion ist unüblich, dafür empfangen die Gläubigen Hostie und Wein.
Große Oblaten werden geteilt
Wo wir gerade bei lettischen Eigenheiten sind: Zur Christnacht haben wir eine schöne Tradition kennengelernt. Am Ende der Messe werden große Oblaten in der Gemeinde verteilt und jeder Gottesdienstbesucher bricht sich ein Stück der Oblate des Gegenübers ab und wünscht ihm viele schöne Dinge. So kommen alle Gläubigen kurz miteinander ins Gespräch. Das vermittelt in der dunklen Jahreszeit ein warmes Gefühl von Verbundenheit und Gemeinschaft. (Jolanthe Erbrich und Martha Kraft)