Religion

Wie über Gott sprechen?

Geht es um Gott, kommen wir schnell an die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Versuchen wir ihn zu definieren, sagt das über uns mehr aus als über ihn.

Gott kann nie ganz begriffen werden. © railwayfx – stock.adobe.com

„Wir sollen als Theologen von Gott reden. Wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott reden.“ Der protestantische Theologe Karl Barth fasst die Spannung ins Wort, die jedes Sprechen über Gott betrifft: Natürlich dürfen und sollen Christen darüber nachdenken, wer Gott ist. Wenn aber gleichzeitig gilt, dass Gott alles Menschliche übersteigt, dann kommt menschliches Reden über ihn an eine Grenze.

Menschliche Kategorien versagen

Am Beginn des Nachdenkens über Gott muss also zwangsläufig die Erkenntnis stehen, dass Gott nie ganz begriffen werden kann. Wären Menschen dazu fähig, würden sie nicht mehr wirklich über Gott sprechen, denn dann wäre er ja nichts weiter als ein bloßer Gegenstand der Vernunft. Das Vierte Laterankonzil hat diesen Umstand im Jahr 1215 mit der Formel ausgedrückt: ,,Zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf kann man keine so große Ähnlichkeit feststellen, dass zwischen ihnen keine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre“.

Menschen können qua Vernunft – von der Christen glauben, dass sie von Gott geschaffen ist – über ihn sprechen. Gleichzeitig können menschliche Kategorien wie gütig, barmherzig, vollkommen nur insofern auf Gott angewendet werden, dass zwischen Gott und dem, was mit diesen Begriffen ausgedrückt wird, stets eine größere Unähnlichkeit herrscht als eine Ähnlichkeit. Gott ist vollkommener als alles, was auf der Welt an Vollkommenem wahrgenommen werden kann. Gott ist gütiger als das, was wir Menschen uns unter dem Begriff „Güte“ jemals denken können.

Dieses Vorzeichen vor jedem Sprechen über Gott ist wichtig. Theologen stehen immer vor der Versuchung, Gott „im Döschen“ zu haben, scheinbar ganz genau zu wissen, wie Gott ist. Wenn sie das tun, sagt ihr Gotteskonzept vielleicht mehr über sie selbst aus als über Gott.

Geschichten, die etwas über Gott aussagen

Was kann man im Wissen um diese Unzulänglichkeit über Gott in Erfahrung bringen? Die Heilige Schrift geht mit dem Problem der Unsagbarkeit Gottes so um, dass sie Geschichten erzählt, die etwas über Gott aussagen. Im Buch Genesis ist Gott derjenige, der die Welt erschafft. Beim Auszug aus Ägypten ist es Gott, der zu gewaltigen Taten fähig ist. Aber er ist es auch, der vom Propheten Elija als „sanftes, leises Säuseln“ beschrieben wird.

Die biblischen Beispiele zeigen einmal mehr, dass Gott nicht in ein einfaches Konzept einzuordnen ist. Er ist Urgewalt und Stille, unendlich fern und unfassbar nah, er lenkt das Geschick der Welt und kennt das Herz jedes Einzelnen. Der Kirchenvater Augustinus (354 – 430) drückt dieses Paradox in seiner Glaubensbiographie, den „Confessiones“, so aus: „Du aber warst noch innerer als mein Innerstes und höher als mein Höchstes“. Nicht immer größer, abstrakter und mächtiger zu sein, macht Gott aus, sondern dass er als der immer Größere sich für das Kleinste interessiert und an Weihnachten sogar selbst der „Kleinste“ wird.

Trotz Allmacht den Menschen nahe

Zwei wichtige Grundlinien des christlichen Bekenntnisses zu Gott lassen sich der Bibel entnehmen. Gott ist ein einziger (Dtn 6,4) und Gott macht sich ansprechbar, indem er Mose seinen Namen nennt (Ex 3,14). Die Ansprechbarkeit Gottes erreicht ihren Höhepunkt in seiner Selbstoffenbarung in Jesus Christus, den er als seinen Sohn in die Welt sendet. Gott ist also eine Person, ein Gegenüber, ein Du. Mit Jesu Himmelfahrt haben die Menschen diesen persönlichen Kontakt zu Gott nicht wieder verloren, denn Jesus spricht im Johannesevangelium davon, dass der Heilige Geist als Beistand ewig bei seinen Jüngern bleiben wird.

Die drei Personen, Vater, Sohn, Heiliger Geist, nennt die Kirche „Trinität“, „Dreieinigkeit“. Das ist keine abgehobene Konstruktion, die sich Theologen ausgedacht haben. Vielmehr ist es der Versuch, das, was die Menschen in der Geschichte konkret erfahren haben und was in der Bibel festgehalten ist, in Worte zu fassen. Jesus nennt Gott „Vater“ und verheißt den Heiligen Geist als göttlichen Beistand.
Entscheidend für das christliche Gottesbild ist die Personalität Gottes. Er ist eine Person, die mit „Du“ angeredet werden kann – kein ferner Schöpfer, der die Welt einmal ins Dasein gerufen hat und sich seitdem zurückhält, kein Uhrmacher, der das Werk sich selbst überlässt.

Kein abstraktes Konzept

Gott ist ansprechbar, erfahrbar, er steht über dem Lauf der Zeit und ist in Jesus zugleich selbst Teil dieser Geschichte geworden. Gott hat im christlichen Glauben kein Buch offenbart, in dem Buchstabe für Buchstabe ausgedrückt wäre, wie wir von Gott zu denken haben. Stattdessen hat er sich in Jesus selbst offenbart. Gott ist kein abstraktes philosophisches Konzept, sondern ein liebender Vater; sein Allwissen und seine Allmacht halten ihn nicht davon ab, den Menschen nahe zu sein.

Insofern ist vielleicht auch für das christliche Gottesbild richtig, was Joseph Ratzinger einmal über die Beziehung von Mensch und Gott gesagt hat: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt.“ Die Lehre über Gott ist eingebettet in die je persönliche Beziehung des Einzelnen zu Gott. (Theresia Kamp)