Ein Jahr nach der Flutkatastrophe

Steinmeier: "Wir trauern gemeinsam und vereint."

183 Menschen haben bei der Flutkatastrophe in Westdeutschland vor einem Jahr ihr Leben verloren. Politik und Kirche haben den Flutopfern gedacht.

Bundespräsident Steinmeier besuchte zum Jahrestag der Flutkatastrophe unterschiedliche Orte, um mit Betroffenen und Helfenden zu sprechen. © IMAGO / Marc John

Am ersten Jahrestag der Flutkatastrophe in Westdeutschland haben Politik und Kirchen der Opfer gedacht. "Es ist ein Tag, an dem der Schmerz wieder kaum zu ertragen ist", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstagabend im rheinischen Euskirchen nach einem Gedenkgottesdienst. "Wir trauern gemeinsam und vereint." In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli verloren in NRW und Rheinland-Pfalz 183 Menschen ihr Leben.

In jener "Nacht des Grauens" seien kleine Bäche zu Ungeheuern angeschwollen, sagte das Staatsoberhaupt. "Viele von Ihnen haben alles verloren, Ihre Häuser, Ihren Besitz, Ihre Erinnerungen, Ihre Lebensträume, Ihre Existenz." Und es dauere noch Jahre, bis die furchtbaren Zerstörungen ganz beseitigt seien.

Zugleich zeigte sich der Bundespräsident beeindruckt über das Engagement der Betroffenen sowie der freiwilligen und professionellen Helfer. Die Schäden der Flut seien sichtbar - "sichtbar ist aber auch, was Sie geleistet haben im vergangenen Jahr".

Appell von Steinmeier weiterhin unbürokratisch zu helfen

Lob zollte Steinmeier auch den kommunalen Verwaltungen. Die Mitarbeiter hätten oft nicht gewusst, "wo anfangen und wo aufhören, wenn tausend Dinge zur gleichen Zeit getan werden mussten". Dennoch hätten Betroffene das Gefühl, dass vieles zu lange dauere. Einiges sei auch nicht gut gelaufen. An die Verantwortlichen in Bund und Länder appellierte das Staatsoberhaupt, mit ihrer Unterstützung nicht nachzulassen und den Menschen unbürokratisch zu helfen.

Das ganze Land muss laut Steinmeier eine Antwort darauf finden, wie der Katastrophenschutz zu verbessern ist. Das reiche aber nicht aus. Extreme Wetterlagen wie die Hitze in Italien seien Folgen des globalen Klimawandels, der verstärkt zu bekämpfen sei.

Solidarität hat für Hoffnung gesorgt

Ähnlich äußerte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). "Der Schutz unseres Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit." Der Verlust geliebter Menschen sei das Schlimmste, was die Hochwasserkatastrophe angerichtet habe. Wüst dankte den Feuerwehrleuten, Sanitätsdiensten, Hilfsorganisationen, Polizei und Bundeswehr, ohne die noch mehr Menschen ihr Leben verloren hätten. Die Solidarität der Helfenden habe großen Anteil daran, dass bei den Betroffenen wieder Hoffnung aufkeime. "Aber der Wiederaufbau kostet Kraft und ist auch mit Rückschlägen verbunden", so Wüst. Und nicht alles lasse sich wieder eins zu eins aufbauen wie zuvor. "Vorsorge und Schutz müssen im Mittelpunkt stehen."

Dank für Spendenbereitschaft

Der rheinische evangelische Präses Thorsten Latzel dankte in seiner Predigt für "eine immense Spenden- und Hilfsbereitschaft". Zugleich rief er zu weiterer Solidarität auf. "Wir brauchen eine Gemeinschaft, in der wir einander beistehen - ob in Gummistiefeln, am Gartenzaun oder indem wir anderen die Sorge vor dem kommenden Winter nehmen", sagte er in der Kirche Herz Jesu, die auch vom Hochwasser betroffen war.

Zu dem Gottesdienst hat sich auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigt. Für die katholische Kirche nahm der Kölner Generalvikar Guido Assmann in Vertretung von Kardinal Rainer Maria Woelki teil. Die Feier wurde von Betroffenen, Helferinnen und Helfern und dem Bläserensemble des Heeresmusikkorps Kassel mitgestaltet. (kna)