Abt Johannes Eckert über gelebte Spiritualität

Sehnsucht nach Geistlichkeit ist vielfältig

Viele Menschen begeben sich auf eine Spurensuche. Unabhängig von Alter oder persönlicher Situation beschäftigt sie die Sehnsucht, Gott zu begegnen und dem Sinn des eigenen Lebens näherzukommen. Dabei ist Gott auch im Alltag nicht fern.

Abt Johannes Eckert (Bild: Abtei St. Bonifaz) © Abtei St. Bonifaz

München – Viele Menschen haben eine Sehnsucht, herauszufinden, was das eigene Leben prägt. Sich auf das Wesentliche konzentrieren, nicht in Alltägliches abzugleiten, auf Spurensuche gehen. „Viele Menschen sind auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens“, weiß Abt Johannes Eckert, der der Abtei Sankt Bonifaz in München und dem Kloster Andechs vorsteht. Er selbst ist einer, der die Suche nach Gott quasi internalisiert hat. Die benediktinische Grundhaltung sieht ein gewisses „Durchhaltevermögen“ im Bezug auf Gott vor. Geistlich leben, bedeute, an sich zu arbeiten, so Eckert. Gott in ganz alltäglichen Dingen zu finden, darum ginge es im Kern. Während es Spiritualität als Geistlichkeit sicher in allen Weltreligionen gebe, orientiere sich christliche Spiritualität ganz stark an der Person Jesu Christi. Christen wollen sich mit ihm auf den Weg machen, auf den Weg durch ihr eigenes Leben.

Zeiten für Spiritualität reserviert

Als Mönch habe man den Vorteil, dass der Tag einer gewissen Struktur folgt. Es gibt Zeiten des Gebets, Zeiten der Arbeit und Zeiten, in denen man ganz bewusst zur Ruhe kommen und sich auf die Suche nach Gott begeben kann. Nichtsdestotrotz ist gelebte Spiritualität unabhängig von Alter oder soziokulturellem Hintergrund. Eckert, der 1994 in die Benediktinerabtei St. Bonifaz eingetreten ist, studierte in München katholische Theologie und promovierte über das Thema "Dienen statt Herrschen. Unternehmenskultur und Ordensspiritualität: Begegnungen - Herausforderungen - Anregungen". Darin verglich er unter anderem die Unternehmensphilosophie von BMW mit der Benedikt-Regel. Viele Menschen reservierten sich bewusst Zeiten für Spiritualität, weiß Abt Johannes. Der Bedarf an geistlicher Begleitung nehme stetig zu. Die in St. Bonifaz angebotenen Meditationskurse und Exerzitienangebote für Führungskräfte würden stark nachgefragt. „Menschen schaffen sich Zeit und Raum, weil sie es als etwas sehr Wertvolles erkennen“, so Eckert. Dabei könne einen die alltägliche Spiritualität, die sich beispielsweise in der Auseinandersetzung mit dem Partner zeige, selbst weiterbringen.

Spiritualität ist Wandel

Die Vielfalt an Spiritualitäten sei dabei ähnlich groß wie die Pluralität der Gläubigen. Er selbst erlebe in Andechs im Vergleich zur Großstadt München, eine ganz andere Frömmigkeit und Naturverbundenheit: „Die Menschen lassen sich hier vom Glauben tragen“. Aber auch in St. Bonifaz gebe es diese Sehnsucht nach Gottesbegegnung, sie drücke sich nur anders aus. Ob es Obdachlose, Gottesdienstbesucher oder Teilnehmer von Bildungsveranstaltungen sind - „Gott findet ganz unterschiedliche Ausdrucksformen, um den Menschen, nahe sein zu können“, erzählt Eckert. Wie begegne ich meinen Mitmenschen? Was prägt unser Miteinander? Erkenne ich, dass ich selbst Teil der Schöpfung bin? - Fragen, die klarmachen, dass Spiritualität „gar nicht so weit weg ist“, meint Abt Johannes. Im Laufe eines Lebens durchlaufe die Spiritualität – wie der Mensch selbst auch – eine Wandlung, durchlaufe Höhen und Tiefen.