Aufmerksamkeit statt Konsumzwang

Schenken - eine besondere Gabe

Kinder schreiben Wunschzettel, Eltern Checklisten, um nichts und niemanden zu vergessen. Schöne Bescherung!

Selbstgebastelter Adventskalender (Bild: Karsten Schmid) © Karsten Schmid

Mit Aufmerksamkeit zum richtigen Geschenk

Eigentlich geht es an Weihnachten nicht um materielle Werte, gleichwohl dreht sich kurz davor alles um die Frage: Was soll ich schenken? „Das ,soll’ ist schon schlecht“, meint Heinz Withake, Geistlicher Beirat der Katholischen Elternschaft Deutschlands. Schenken ist für ihn eine Beziehungsfrage und keine Taktik. Ein freiwilliger Akt der Wertschätzung und ein verbindender Moment im sozialen Miteinander. „Das Gefühl, das Richtige gefunden zu haben, streichelt auch die eigene Seele.“ ,Was weiß ich über die zu beschenkende Person’ sei die bessere Ausgangfrage. Zur Beantwortung brauche es Aufmerksamkeit und Interesse. „Jüngere Kinder zu beschenken, ist einfach“, sagt Withake, „weil sie sich selbst über kleinste Dinge aufrichtig freuen.“ Bei Jugendlichen sei das schwieriger. „Ich habe mich manches Mal am Weihnachtsmarkt dorthin gestellt, wo viele junge Leute waren und gelauscht oder gefragt, was sie mögen – was angesagt ist.“ Und wenn einem partout nichts einfallen will, seien auch Geldgeschenke machbar. Dann sollte aber die an sich unpersönliche Geste durch einen „herzlich formulierten“ Brief aufgewertet werden.  

Hinhören und Zeit schenken

„Ich versuche das ganze Jahr über hinzuhören, wenn nebenbei mal Begehrlichkeiten geäußert werden und mache mir direkt Notizen“, berichtet Andrea Honecker, vierfache Mutter. Die Kirchenmusikerin ist im Advent beruflich sehr eingebunden und hat daher schon vorher alles beisammen. Den Großeltern ihrer Kinder schenkt sie das, was sie sich am meisten wünschen – gemeinsame Zeit. Zum Beispiel den Besuch einer Ausstellung mit Restaurantbesuch.  

Auspacken in Etappen

„Geschenke können Kristallisationspunkte für Begegnung sein“, meint Robert Benkert, Familienberater im Erzbischöflichen Ordinariat München. Wenn etwa ein Bausatz unterm Christbaum liegt und dieser danach Stunden gemeinsam aufgebaut wird. „Das Miteinander ist dann wesentlicher als das eigentliche Geschenk.“ Alle Gaben zu würdigen und nicht auf einmal aufzureißen, erachtet er für wichtig. „Bei uns geht das nach und nach.“ Manches Präsent bleibe sogar ungeöffnet bis zum ersten Weihnachtstag. Zu viele Geschenke könnten jüngere Kinder überfordern. „Dann sind sie enttäuscht, wenn das Auspacken zu Ende ist und können sich über gar nichts mehr freuen.“ Unter Erwachsenen sollte man sich abstimmen, ob Geschenke unbedingt sein müssen, und durch Absprachen der Konsumfalle entgehen. „Das nimmt den Druck enorm raus“, bestätigt Theologe Benkert. Ähnliches habe er mit seiner Frau und den Geschwistern vereinbart. 

Nicht offen nach Wünschen fragen

Über die Kunst des Schenkens forschte der Psychologe Friedrich Rost (Berlin). Sein Fazit: Geschenke sollen Freude bereiten. Daher sei es unerlässlich, sich Gedanken über die Vorlieben der Mitmenschen zu machen, sich an Wünsche zu erinnern oder unauffällig danach zu fragen. „Ansonsten sollte man es lassen.“ Ein viel größeres Geschenk sei es doch, miteinander schöne Stunden zu verbringen und die Weihnachtstage in Harmonie und Anteilnahme zu verbringen. Schenken – eine besondere Gabe Aufmerksamkeit hilft, das Richtige zu finden/ Absprachen entlasten, um dem Konsumzwang zu entgehen.

(Heike Sieg-Hövelmann)