Erdbeben in Kroatien

Malteser helfen beim Wiederaufbau der Häuser

Nach einem schweren Erdbeben in Kroatien mussten über 2.000 Häuser wegen Einsturzgefahr abgerissen werden. Beim Wiederaufbau unterstützen die Malteser. Mittendrin in der Hilfe: Der in München lebende Botschafter des Malteserordens für Kroatien, Michael Dzeba.

Das Erdbeben hat viele Häuser zerstört. © stock.adobe.com - Ajdin Kamber

Für viele der alten und einfachen Häuser in und um Petrinja, einer Stadt 50 Kilometer südöstlich von Zagreb, sind die Erdstöße am 28. Dezember im vergangenen Jahr zu stark: Manche bleiben zwar noch stehen, aber darin leben darf man nicht mehr. Zu hoch ist das Risiko, dass sie einstürzen. Gutachter haben seither mehr als 2.000 Häuser auf die Abriss-Liste gesetzt. Für die Menschen, die in diesem verarmten Landstrich leben, eine Katastrophe nach der Katastrophe. „Beim Beben selbst sind sieben Menschen getötet worden, aber jetzt gehe ich von knapp 10.000 Betroffenen aus, die kein eigenes Dach mehr über dem Kopf haben“, sagt Michael Dzeba, Botschafter des Malteserordens für Kroatien.

Europäische Standards unbekannt

Viele der im „Armenhaus Kroatiens“ lebenden Menschen gehen nach dem großen Beben, dem kleinere folgten, nicht oder nur kurz in die Sammelunterkünfte, die ihnen einen ersten Schutz liefern sollen. Denn sie haben Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus und vor Plünderungen. Die meisten von ihnen sind Kleinbauern, sehr viele ältere Menschen, diejenigen mit wenig Ausbildung und Menschen mit Behinderung. Die anderen, die Chancen haben, in der Hauptstadt Zagreb oder im Ausland Arbeit zu finden, haben diesem Landstrich in den vergangenen 30 Jahren den Rücken gekehrt. Hier, wo im Bürgerkrieg in den 90er Jahren die Frontlinie zwischen serbischen und kroatischen Stellungen verlief, sind europäische Standards unbekannt.„Häuser mit Lehmboden sind keine Seltenheit. Ich habe eine 90-Jährige kennengelernt, die 100 Euro Rente bekommt, ein paar Hühner hat und sich riesig über ein Stück parfümierte Seife vom Pfarrer freut, weil sie sonst nichts hat“, erzählt Michael Dzeba.

Hausbau in vier Tagen

Pausenlos telefoniert der Münchner mit kroatischen Stellen: Dem Bürgermeister von Petrinja, dem Caritas-Direktor, dem Bischof, dem für den Wiederaufbau zuständigen Staatssekretär. Als offizieller Vertreter der Malteser hat er leichter Zugang zu den Entscheidungsträgern vor Ort. „Mit unserem österreichischen Partnerverein ‚Bauern helfen Bauern‘ werden wir den Ärmsten stabile Holzhäuser bauen“, verspricht Dzeba. Das dauert drei bis vier Tage, nachdem das Betonfundament getrocknet ist. Fünf Männer bauen die Häuser nach festem Schema auf. In Bosnien stehen von diesen Häusern bereits mehr als 1.500. Dort wurden sie vor Jahren aufgebaut, haben sich bewährt. „Ein Haus kostet gerade mal 7.800 Euro. Das ist eine Hilfe, die jetzt vor dem strengen Winter schützt, und sie hält für Jahrzehnte“, erklärt der 44-Jährige.

Hilfsbereitschaft war riesengroß

Gegenüber Dzeba hatte der Bürgermeister von Petrinja berichtet, dass die Hilfsbereitschaft direkt nach dem Erdbeben riesengroß war. Viele Menschen mit kroatischen Wurzeln, die in Deutschland oder Österreich leben, hätten Geld gespendet. Für Decken, Bekleidung, Lebensmittel, Zelte und Wohncontainer wurde damit sofort gesorgt. Aber ein neues Haus? – „Nein, das schaffen die Alten nicht mehr“, sagen die Einheimischen. Und an einen neuen Ort wollen sie sich nicht „verpflanzen“ lassen. Sie sind durch ihr kleines Stück Land, ihr Vieh, ihr ganzes Leben mit der Heimat verbunden. Die Jüngeren können es schaffen, aber auch für sie rechnet man in Petrinja damit, dass es fünf Jahre dauert.

Um das Holz für die Häuser passgenau schneiden zu lassen, wird ein Sägewerk in Bosnien beauftragt. „Mittelfristig versuchen wir auch einen Produzenten in Kroatien zu finden, aber für die 50 Häuser, die wir jetzt bauen wollen, brauchen wir erfahrene Partner, die schnell liefern können“, sagt der Münchner, der auch kroatische Wurzeln hat. Dzeba muss jetzt organisieren und koordinieren: Spedition, Logistik, Zollunterlagen, Baugenehmigungen; Telefonate hier, E-Mails dort. „Ich habe von meinen Großeltern noch das alte Kroatisch gelernt, dass man vor über 100 Jahren gesprochen hat. Manche sagen, ich würde klingen wie in einem alten Film, freuen sich aber riesig, dass sie mit mir in ihrer Landessprache sprechen können. Das hilft mir schon sehr.“

Beratungen über das erste Haus

In zwei Wochen soll das erste Haus fertig sein. Wem ein solch zweigeschossiges Heim auf sechs mal sechs Metern Grundriss zugutekommen soll, darüber wird detailliert beraten. „Caritas, Bürgermeisteramt und serbisch-orthodoxe Kirche, die in der Region auch als Minderheit vertreten ist, reichen bei uns ihre Vorschläge ein. Kommende Woche werde ich nach Petrinja fahren und mir zusammen mit unseren Partnern die in Frage kommenden Familien anschauen. Ich hoffe, dass wir bis zum Ende des Winter Mitte März schon die ersten 20 Häuser stehen haben“, sagt Michael Dzeba. (Klaus Walraf, Referent Public Relations beim Malteser Hilfsdienst e.V. in Köln)

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