Interreligiöser Dialog

Friedenstreffen von Sant'Egidio erstmals in Berlin

Dort wo Mauern gefallen sind - Erstmals wird das internationale Friedenstreffen von Sant'Egidio in Berlin stattfinden. Bis zu 2.500 Teilnehmer werden erwartet - einige Kriegsverteidiger bleiben jedoch außen vor.

Erstmals wird 2023 in Berlin das Friedenstreffen von Sant'Egidio stattfinden. © IMAGO / Dirk Sattler

Das internationale Friedenstreffen der geistlichen Gemeinschaft von Sant'Egidio findet in diesem Jahr erstmals in Berlin statt. Vom 10. bis 12. September werden unter dem Motto "Den Frieden Wagen. Religionen und Kulturen im Dialog" bis zu 2.500 Teilnehmer erwartet. Das gaben die Organisatoren des Treffens am Montag in Berlin bekannt. Nach Aachen (2003), München (2011), Münster und Osnabrück (2017) ist das Treffen zum vierten Mal in Deutschland geplant.

Erwartet werden unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der Großscheich und Imam der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Ahmad Al-Tayyib, sowie der israelische Oberrabbiner David Lau. Während des Treffens bleiben die katholischen Schulen Berlins geschlossen, damit Schüler an der Veranstaltung teilnehmen können. Das Treffen werde mit 800.000 Euro von der Bundesregierung mitfinanziert, hieß es.

Tradition geht auf Papst Johannes Paul II. zurück

1986 hatte Papst Johannes Paul II. Religionsoberhäupter nach Assisi eingeladen, wie Ursula Kalb von Sant'Egidio sagte. Die Gemeinschaft habe diese Tradition seitdem fortgeführt. Der Präsident der Gemeinschaft, Marco Impagliazzo, erklärte, das Friedenstreffen solle eine ökumenische Veranstaltung werden. Berlin sei wegen seiner Rolle als Hauptstadt Deutschlands, aber auch seiner Geschichte als Ort des Treffens ausgewählt worden. "Berlin ist die Stadt, wo die Mauern gefallen sind - das ist eine optimale Voraussetzung, wenn wir sagen können, dass wir in einer Stadt sind, die der Welt bewiesen hat, dass man Mauern nicht nur bauen, sondern auch einreißen kann."

Thema des Treffens sei auch der russische Krieg in der Ukraine. Die Gemeinschaft ist heute in mehr als 70 Ländern ansässig. In vielen dieser Länder gebe es Krieg. "Und wir erleben wirklich, dass der Krieg der Vater aller Armut ist", so Impagliazzo.

Sant'Egidio: Religionen distanzieren sich von Gewalt

Nach dem 11. September 2001 habe man den Islam als Religion der Gewalt identifiziert. "Aber seitdem ist das Gegenteil passiert", sagte Impagliazzo. Der Islam habe wesentliche Schritte auf dem Weg des Friedens unternommen. "Wenn es Begegnungen wie bei unseren Friedenstreffen nicht gebe, müsste man sie erfinden", sagte Impagliazzo. "Die Religionen haben sich seitdem deutlich von Gewalt distanziert, das ist eine Frucht dieser Treffen."

Der katholische Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, erklärte, er sei dankbar, dass Sant'Egidio nach Berlin komme. "Gesellschaften können sich nicht friedlich entwickeln, Staaten und Völker nicht in einem guten Einvernehmen leben, wenn sich die Religionen nicht um ein Gemeinwohl kümmern, das die Anders- und Ungläubigen, die Nachbarn und die Fremden diesseits und jenseits der staatlichen Grenzen einbezieht." Religion könne beides sein: Teil der Lösung und Teil des Problems, Ursache und Brandbeschleuniger für gewalttätig ausgetragene Konflikte, aber auch eine "formende Kraft für den Frieden".

Russisch-orthodoxen Kirche nimmt nicht am Friedenstreffen teil

Der evangelische Landesbischof Christian Stäblein nannte das Weltfriedenstreffen "ein Ereignis, das wir kaum überschätzen können". Heute brauche man das gemeinsame Friedensgebet mehr denn je.

Deutliche Kritik übte Stäblein in diesem Zusammenhang an der russisch-orthodoxen Kirche, ohne diese namentlich zu nennen. "Wer den Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine legitimiert, verfehlt den Auftrag des Evangeliums." Laut Impagliazzo wird kein russisch-orthodoxer Bischof an dem Treffen teilnehmen. (kna)