Interview mit Milchbäuerin

"Die Bauern sind am Limit"

Monika Mayerhofer ist Milchbäuerin im Rosenheimer Land und engagiert sich als gläubige Katholikin im Diözesanrat der Katholiken. Im Gespräch mit mk online nimmt sie Stellung zu den aktuellen Bauernprotesten und erklärt, was die Landwirte bewegt.

Mit ihrem Mann Johann führt Monika Mayerhofer einen Milchviehbetrieb. © Friedl Photography

Zahlreiche Bäuerinnen und Bauern drücken derzeit ihre Unzufriedenheit mit der Politik aus. Fühlen sich die Landwirte nicht verstanden, benachteiligt – oder was ist genau das Problem?

Monika Mayerhofer: Das Problem, dass sich die Bauern von der Politik nicht verstanden fühlen, gibt es schon länger. In letzter Zeit hat sich viel aufgestaut. Neue Auflagen zum Tierwohl, Düngeverordnung, mangelnde Konkurrenzfähigkeit mit ausländischen Erzeugern – es wird verdammt schwierig, Lebensmittel zu gleichbleibenden Preisen herzustellen.

Haben Sie sich als Landwirtin an den aktuellen Protesten beteiligt?

Mayerhofer: Ja, wir waren in München dabei. Ich bin mit dem Zug hingefahren, mein Mann und mein Schwiegersohn mit dem Bulldog. Ich finde, dass man einfach mal zum Ausdruck bringen muss, dass im Land etwas verkehrt läuft. Und das sagen nicht nur wir Landwirte, das sagt der gesamte Mittelstand! Die Wirtschaft wird an die Wand gefahren, und ich glaube, die Regierung hat noch nicht verstanden, wie sehr die Dinge schieflaufen. Und wenn man das nicht mal zum Ausdruck bringt, droht irgendwann ein noch größerer Schlamassel.

Wie haben Sie die Proteste erlebt? Welche Stimmung hat da geherrscht?

Mayerhofer: Es war sehr friedlich – bis auf die Rede von einem Politiker der Grünen, da wurde es ein bisschen lauter … Ich finde, es war eine gute Stimmung. Zuerst war ich noch skeptisch, weil ja in den Medien zu hören war, dass sich eventuell rechte Gruppierungen unter die Demonstranten mischen könnten, aber da war nichts. Die Polizei war ein guter Partner. Auch in Rosenheim gab es noch eine Veranstaltung, die mein Mann mitorganisiert hat, auch da war die Zusammenarbeit mit der Polizei einwandfrei.

Haben Sie das Gefühl, dass die Proteste ausreichend wahrgenommen werden und zu einem Umdenken führen?

Mayerhofer: Die Leute nehmen das auf jeden Fall wahr. Wir bekommen Zuspruch, vorbeifahrenden Bauern wird oft zugewunken oder ein Daumen nach oben gezeigt. Zumindest die Landbevölkerung steht hinter uns, denn das Land wird mehr oder weniger ausgeblutet von der Politik. Ob die Politik genau verstanden hat, worum es uns geht, da bin ich mir nicht so sicher.

Richtet sich die Kritik der Bauern nur gegen die Politik, oder gibt es hier gesamtgesellschaftlich ein Problem?

Mayerhofer: Die Rahmenbedingungen macht die Politik. Ein Beispiel: Ich finde es schwierig, wenn jemand, der in der Früh aufsteht, in die Arbeit geht und vielleicht noch einen zweiten Job hat, am Monatsende weniger Geld hat als jemand, der Bürgergeld bezieht – da läuft etwas verkehrt. Die Politik müsste Anreize schaffen, dass die Leute arbeiten wollen, anstatt sich zu überlegen, Bürgergeld zu beantragen, weil es ihnen dann besser geht.

Könnten in der Landwirtschaft mehr Menschen Arbeit finden?

Mayerhofer: In unserem Milchviehbetrieb nicht. Aber die Gemüse- und Obstbauern brauchen Erntehelfer und holen sie sich aus Polen und Rumänien. Da könnten viele Arbeit finden, aber es will halt niemand diese Arbeit machen, denn sie ist anstrengend und nicht gut bezahlt. Womit wir bei den angeblich großen Gewinnen wären, die die Bauern machen: Vom Gewinn gehen immer noch immense Kosten ab – Kredittilgungen, Sozialversicherung und so weiter –, und wenn man schaut, was am Ende wirklich übrig bleibt, dann entsteht ein anderes Bild.

Wie nehmen Sie als Bäurin und engagierte Katholikin das Verhältnis zwischen der Landwirtschaft und der katholischen Kirche wahr?

Mayerhofer: Ich würde mir wünschen, dass die Kirche sich mehr zum Thema Gentechnik äußert. Wir Menschen sollten uns in Gottes Schöpfung nicht einmischen, aber durch die Hintertür, ohne dass es jemand mitbekommt, hält die Gentechnik doch immer mehr Einzug. Es wäre Aufgabe der Kirche, sich dagegen einzusetzen. Und sie sollte grundsätzlich, bevor sie sich zu Themen wie Landwirtschaft und Nachhaltigkeit äußert, immer das Gespräch mit landwirtschaftlichen Experten suchen.

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen die Landwirte im alltäglichen Betrieb zu kämpfen haben?

Mayerhofer: Die Bürokratie! Wir müssen alles dokumentieren; jedes Fass Gülle, das rausgefahren wird, müssen wir dokumentieren. Es ist so viel, dass wir quasi einen Tag pro Woche für Büroarbeit brauchen. Dann die Kosten, bei denen wir bald nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und es darf nicht immer neue Auflagen geben. Die Bauern sind so am Limit, dass einfach nicht mehr geht. Wenn aber doch immer mehr Auflagen kommen, zum Beispiel in den Bereichen Tierwohl und Naturschutz, dann wird am Ende der Verbraucher tiefer in die Tasche greifen müssen. Viele schimpfen auf die Subventionen für die Landschwirtschaft – aber diese sind dazu da, dass die Lebensmittelpreise niedrig bleiben. Die Subventionen kommen also den Verbrauchern zugute!

Was muss sich ändern, damit die Landwirtschaft wieder eine bessere Entwicklung nimmt?

Mayerhofer: Man sollte mehr darauf vertrauen, dass die Landwirte eine gute Ausbildung haben und wissen, was sie tun. Die Vorschriften müssen weniger werden. Alle reden über Naturschutz und Landwirtschaft, aber viele wissen gar nicht Bescheid. Ich würde mir wünschen, dass sich nicht so viele Leute in das, was wir machen, einmischen.

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de