Rücktritt der EKD-Vorsitzenden

Bischof Bätzing zu Kurschus: Ökumenischer Motor verliert Antrieb

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz bedauert den Rücktritt von Annette Kurschus. Zu den Gründen äußerte er sich nicht.

Bischof Georg Bätzing © IMAGO / Future Image

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz hat "mit großem Bedauern" den Rücktritt von Annette Kurschus von ihren leitenden Ämtern in der evangelischen Kirche aufgenommen. Die Gründe wolle er nicht beurteilen, erklärte der Limburger Bischof Georg Bätzing am Montag in Bonn, aber "mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb".

Kurschus legte am Montag ihre Leitungsämter als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nieder. Ihr wird vorgeworfen, als frühere Gemeindepfarrerin in Siegen einen Fall sexuell übergriffigen Fehlverhaltens vertuscht zu haben, was sie aber bestreitet.

Annette Kurschus eine „theologische Denkerin“

"Annette Kurschus habe ich nicht nur in der Ausübung des Amtes geschätzt, sondern auch als theologische Denkerin mit einer prägenden geistlichen Kraft und mutigen Visionen für ihre Kirche", betonte Bätzing. Den persönlichen engen Kontakt auf kurzen Wegen werde er ebenso vermissen "wie ihr weites Herz, dass sie der katholischen Kirche stets entgegengebracht hat".

Bätzing zeigte sich dankbar für die Fragen, die Kurschus in ihrer Amtszeit gestellt habe: politisch und gesellschaftlich, theologisch und seelsorglich: "Gerade der jüngste gemeinsame Auftritt bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor gegen den Terror der Hamas und einen neuen Antisemitismus in Deutschland ist nur eines von vielen Beispielen."

Vertuschungsvorwürfe gegen Kurschus

Kurschus ist nach Margot Käßmann die zweite Frau an der EKD-Spitze, die ihre leitenden Kirchenämter vorzeitig abgibt. Käßmann trat im Februar 2010 als Ratsvorsitzende und Hannoversche Landesbischöfin zurück, nachdem sie alkoholisiert Auto gefahren und von der Polizei gestoppt worden war.

Nach Recherchen der "Siegener Zeitung" soll Kurschus als Gemeindepfarrerin in Siegen schon Ende der 1990er-Jahre über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter informiert gewesen sein, diese aber nicht gemeldet haben. Kurschus wies die Darstellung zurück. Die Zeitung beruft sich auf zwei Zeugen, wonach mit Kurschus vor Jahrzehnten in ihrem Garten über die Vorwürfe gegen den Mann gesprochen worden sei. Beide bekräftigten ihre Aussagen demnach mit Eidesstattlichen Versicherungen. Zudem zitierte das Blatt aus einem Schreiben des Beschuldigten, in dem dieser sich im Nachgang des Gartengesprächs über die Vorwürfe beschwerte und rechtliche Schritte androhte. Der Brief weckt aus Sicht der Zeitung deutliche Zweifel an den Schilderungen von Kurschus. Diese soll laut dem Blatt auch Patentante eines Kindes des Verdächtigen sein. (kna)