Missbrauch

Benedikt XVI.: keine Begegnung mit Missbrauchstäter

Im Jahr 2000 soll der damalige Kurienkardinal Joseph Ratzinger mit dem verurteilten Sexualstraftäter Pfarrer H. zusammengetroffen sein. Das waren Rechercheergebnisse des ZDF-Magazins Frontal 21. Der emeritierte Papst dementierte jetzt so ein Treffen.

10 Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchskandals lastet dieser immer noch schwer auf der Kirche © imago/Christian Ohde imago/Christian Ohde

München/Würzburg - Auf Anfrage der Zeitung "Die Tagespost" ließ Benedikt erklären, dass es bei seinem privaten Besuch des Münchner Weihbischofs Heinrich von Soden-Fraunhofen (1920-2000) im Jahr 2000 "weder eine Begegnung mit dem Priester H., noch ein Gespräch mit ihm gegeben" habe.

Konkret hatten "Frontal21" und das Recherchezentrum CORRECTIV berichtet, dass Joseph Ratzinger den sterbenskranken Weihbischof und einstigen Studienfreund besucht habe. Dabei traf er den Recherchen zufolge zufällig auch auf den als "H." bezeichneten Priester und verurteilten Missbrauchstäter.

Pfarrer sollte eine Therapie machen

Der Geistliche aus dem Bistum Essen war nach Missbrauchsfällen dort zwischen 1973 und 1979 im Jahr 1980 ins Erzbistum München und Freising versetzt worden. Dies sei unter Auflage einer Therapie mit Billigung des damaligen Erzbischofs Ratzinger geschehen.

Die Berichterstattung legt die Vermutung nahe, dass Ratzinger, der von 1982 bis 2005 die Glaubenskongregation im Vatikan leitete, auch in dieser Zeit von der fortdauernden Beschäftigung des Geistlichen gewusst haben könnte. Ab 2001 war Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation von Amts wegen weltweit für die Verfolgung von Missbrauchstaten durch katholische Geistliche zuständig.

Der ehemalige Münchner Weihbischof von Soden-Fraunhofen lebte von 1993 bis 2000 in Engelsberg, der Nachbargemeinde von Garching an der Alz, wo "H." von 1986 bis 2008 unter Auflagen als Seelsorger tätig war.

Staatsanwaltschaft prüft neue Ermittlungen

Der Fall von "H." erregte 2010 weltweit Aufsehen, auch durch US-amerikanische Medien. Der Priester war jahrzehntelang weiter in der Pfarrseelsorge im Erzbistum München und Freising tätig. Daran änderte auch ein erneuter Missbrauch nichts, für den er 1986 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Erst 2010 erfolgte seine Suspendierung vom Priesteramt, zuvor hatte es weitere Vorwürfe wegen übergriffigen Verhaltens bei Minderjährigen gegeben. Die Staatsanwaltschaft München II, die bereits früher gegen H. ermittelte, prüft derzeit, ob es weitere Taten gibt und ob Ermittlungen aufzunehmen sind. (kna)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Kirche und Missbrauch