Beratung in Urlaubszeiten

Bei der Telefonseelsorge melden sich im August mehr Menschen

Gerade im Sommer erreichen die Telefonseelsorge mehr Kontaktanfragen als zu anderen Zeiten des Jahres. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Im Sommer wird für manche Menschen die Einsamkeit spürbarer. Die Erfahrung machen Mitarbeiter bei der Telefonseelsorge. © CandyRetriever - stock.adobe.com

Der August gehört neben den Wintermonaten zu den Zeiten, in denen uns am meisten Kontaktanfragen erreichen“, sagt der Leiter der Telefonseelsorge im Erzbistum München und Freising, Alexander Fischhold. Als Grund nannte er im Interview mit mk-online, dass im August viele Therapeuten Urlaub machen würden. Die Klienten bräuchten in der Zeit aber dennoch jemanden zum Sprechen, erklärte er das vermehrte Aufkommen. Einige Therapeuten würden ihre Klienten in der Urlaubszeit auch bewusst auf Angebote der Telefonseelsorge verweisen.

Als weiteren Grund für die vermehrten Kontaktanfragen im Sommer nannte Fischhold die Einsamkeit. Wenn viele unterwegs seien und man selbst niemanden habe, mit dem man wegfahren könne, sei das Gefühl viel spürbarer, erläutert Fischold.  Manchen würde auch das Geld fehlen, um wegzufahren. Außerdem käme hinzu, dass Routinen wie Arbeit oder Treffen in Vereinen nicht stattfänden. Dann werde es ein „Stück bedrohlicher“, beschreibt Fischhold die Lage.

Mehr Ratsuchende äußern Suizidgedanken

Wie aus dem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht der Telefonseelsorge in der Erzdiözese München und Freising hervorgeht, haben sich 2022 über 36.000 Personen in den Dienststellen München, Bad Reichenhall und Mühldorf am Inn gemeldet. Die meisten von ihnen griffen zum Telefon, aber auch per E-Mail und Chat beantworten die Seelsorgerinnen und Seelsorger über 3000 Anfragen, sagte Fischhold: „Gerade im Chat melden sich mehr junge Leute zwischen 15 und 30 Jahren. Existenzielle Nöte wie Suizidgedanken kommen dort deutlicher und unmittelbarer zur Sprache.“

Menschen in Not- und Krisensituationen erreichen die Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800-111 0 222. Die Beratung erfolgt anonym und gebührenfrei. Wer lieber per E-Mail oder Chat Kontakt aufnehmen möchte, kann sich online registrieren.

Im vergangenen Jahr haben Ratsuchende in jedem fünften Chat und in jedem dritten Mailkontakt Suizidgedanken geäußert; am Telefon war Suizidalität in fünf Prozent der Gespräche ein Thema – das ist ein Anstieg um zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. „Hier spielen die Langzeitfolgen der Corona-Jahre und neue Krisen mit hinein, aber auch die enorm langen Wartzeiten auf einen Therapieplatz. "Umso wichtiger ist es, dass das Angebot der TelefonSeelsorge gibt. Sie ist ein wirksamer Beitrag zum Lebensschutz“, betonte Fischhold. Gestemmt wird die Seelsorgearbeit von aktuell über 130 Personen, die pro Monat im Schnitt 15 Stunden Dienst tun – die meisten von ihnen ehrenamtlich. (smb)

Im Oktober 2024 startet wieder ein Ausbildungskurs für ein qualifiziertes Ehrenamt bei der Telefonseelsorge; besonders an den Standorten Bad Reichenhall und Mühldorf am Inn können sich noch Interessierte melden.