Tipps für Erzieherinnen und Eltern

Wenn das Kind nicht sprechen lernt

Dass Kinder richtig sprechen lernen, ist nicht immer selbstverständlich. Aber was ist zu tun, wenn man bei seinem Kind eine Sprachstörung beobachtet? Darüber informierte eine Fortbildung der Münchner Buchhandlung "Lesetraum".

Es muss nicht gleich durchs Megafon sein, doch Sprache ist für Kinder essentiell (Bild: asierromero - fotolia) © Fotolia.com/asierromero

München – „Wir kennen uns doch, ihr Sohn war doch in meinem Kindergarten!“ Angelika Lüben strahlt Cornelia Neef, die sich gerade an den Tisch setzt, an. „Ja, stimmt! Das ist ja schön, dass wir uns wiedersehen“, freut sich Neef. Fünf Jahre haben sie sich nicht mehr gesehen, Erzieherin Lüben und Mama Neef, die an der Fortbildungsveranstaltung „Wie Kinder richtig sprechen lernen“ teilnehmen – organisiert von der Buchhandlung „Lesetraum“ des Katholischen Medienhauses Sankt Michaelsbund in München. Rita Steininger, freie Autorin und Lektorin, gibt den 20 Müttern und Erzieherinnen dabei wertvolle Tipps, wie man Kinder mit Sprachentwicklungsstörung fördern kann.

Und sie weiß, wovon sie spricht. Steiningers Sohn Paul, heute 22 Jahre alt, hatte eine Sprachentwicklungsstörung. Die Autorin berichtet den Erzieherinnen darüber, wie sie bemerkte, dass sich ihr Sohn beim Sprechen schwertat und sie daraufhin Hilfe suchte. Unterschiedlichste Aussagen erhielt die beunruhigte Steininger damals, in welchem Alter ein Kind wie viele Worte sprechen können müsste. „Viele Ratgeber sorgen bei verunsicherten Eltern für noch mehr Verwirrung“, berichtet sie im Haus des Sankt Michaelsbundes in München. Deshalb hat die Autorin all ihre Erfahrungen, Anregungen und Möglichkeiten der Förderung in einem Buch zusammengefasst: „Wie Kinder richtig sprechen lernen. Sprachförderung – Therapien und Elterntipps“. Steininger: „Um den zweiten Geburtstag ist ein Knackpunkt. Denn zu diesem Zeitpunkt erfolgt die so genannte ‚Wortschatzexplosion‘.“ Das Kind sauge in dieser Zeit neue Wörter wie ein Staubsauger auf, verwende Wörter nach dreimaligem Hören sofort aktiv.

Beobachtungen nicht ernst genommen

Wenn jedoch das Kind deutlich weniger Wörter als Gleichaltrige benutzt oder ein eingeschränktes Sprachverständnis habe, sollten Eltern die Entwicklung des Nachwuchses beobachten, rät Steininger. Und legt die Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt nahe, besonders die so genannte U7a (34. bis 36. Lebensmonat), die erst vor acht Jahren eingeführt wurde. „Dabei legt der Arzt ein besonderes Augenmerk auf die sprachliche Entwicklung“, erklärt Steininger. Bei ihrem Sohn Paul gab es diese Untersuchung noch nicht, sie ging mit ihm zu zwei Kinderärzten, „doch da war ich an der falschen Adresse. Beide nahmen meine Beobachtungen nicht ernst“. Erst in der Universitätsklinik München stand nach unzähligen Tests fest: Paul leidet an einer Sprachentwicklungsstörung.

„Es gibt viele Möglichkeiten zur Förderung“, erzählt Steininger. Logopädie, Ergotherapie und sensorische Integrationstherapie, Heilpädagogik, Psychomotorik oder Rhythmik. Wichtig sei auch, dass diese Förderungen vor Eintritt in die Schule genutzt werden. „Denn in der Schule bleibt für derartige Therapien keine Zeit mehr“, meint Steininger. Sohn Paul besuchte einige dieser Therapien, anschließend eine Sprachheilschule und wechselte später auf die Regelschule. Heute ist Paul 22 Jahre alt und studiert Mechatronik. „Es ist viel Einsatz nötig, wenn ein Kind so eine komplexe Störung hat“, berichtet Steininger, „aber der Einsatz lohnt sich!“

Erleichterung bei Teilnehmerin

Auch, weil Rita Steininger ihre persönlichen Erfahrungen geschildert hat, sind die Erzieherinnen begeistert. „Das war sehr spannend und interessant“, meint Jutta Offenbach, deren Sohn an Legasthenie leidet. Und Xiao Chong Sui nimmt viele Tipps für eine Bekannte mit: „Dieser Vortrag war sehr hilfreich“. Angelika Lüben und Cornelia Neef sitzen noch zusammen. Lüben: „Ich habe viele praktische Anregungen bekommen, wie ich mit betroffenen Eltern umgehen und welche Tipps ich ihnen geben kann“. Neef sitzt erleichtert daneben. „Dieser Vortrag hat mich bestätigt, ich weiß nun, dass ich auf dem richtigen Weg bin mit meinem Kind, das auch eine Sprachentwicklungsstörung hat.“ (sh)

Tipps für Erzieher und Eltern bei der ausgebuchten Veranstaltung des Sankt Michaelsbundes in München (Bild: Sankt Michaelsbund/Hornberger)