Tourismuspastoral trifft Ferienmesse

Urlaubsplanung am Kirchturm

Pilgerwege, Berggottesdienste, Urlaub im Kloster - Die Tourismusseelsorge des Erzbistums München und Freising präsentiert auf der Reise- und Freizeitmesse f.re.e. ein vielfältiges Angebot.

Die Touriosmuspastoral wirbt auf der f.re.e Messe für Urlaub im Erzbistum München und Freising. © Andreas Plenk

München – Vor ein paar Wochen hat Robert Hintereder noch einmal nachgeschaut, ob die Wände des Kirchturms sich nicht verzogen haben, das Kreuz für das Dach bereitliegt und keine Schraube beim Abbau verlorengegangen ist. Denn der Kirchturm ist der auffälligste Teil des Standes, den die Tourismuspastoral des Erzbistums München und Freising auf der f.re.e. aufbaut, der nach eigenen Angaben größten Reise- und Freizeitmesse Bayerns, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen begeht.

Blickfang mit Überraschungseffekt

Ungefähr vier Meter ist der Turm hoch und ein Blickfang in der Halle A5, wo sich die Erzdiözese neben Ausstellern wie den Tourismusverbänden Liebliches Taubertal oder Sankt Peter-Ording, dem Steiff-Teddybären-Museum oder der Therme Erding präsentiert, gleich gegenüber dem Bayern-Biergarten. „Man sieht uns von Weitem“, sagt Hintereder, der den Fachbereich Tourismusseelsorge im Erzbistum leitet. „Wir sind mittendrin, da würde uns niemand vermuten, und so haben wir einen Überraschungseffekt.“

Der gefällt auch den Verantwortlichen der Reise- und Freizeitmesse. Jessica Tilly freut sich jedenfalls darüber, dass das Erzbistum bereits zum vierten Mal dabei ist: „Diese Präsenz besitzt für uns einen besonderen Stellenwert“, erklärt die Projektleiterin der f.re.e gegenüber der Münchner Kirchenzeitung (MK). Die Erzdiözese zeige den Messebesuchern „einen völlig anderen Blickwinkel auf Tourismus und Freizeitgestaltung“. Vor allem das Thema „Entschleunigung“ ist Tilly bei den kirchlichen Angeboten wichtig, „in einer Zeit, in der das Motto sehr oft ,Schneller, höher, weiter’ lautet“.

Kirche hat hier direkten Kundenkontakt

Die Fremdenverkehrsbranche hat also keine Berührungsängste mit der Kirche. Und Hintereder hat sie ebenso wenig, wenn er ins große Geschäft rund um Freizeit und Reisen seinen Kirchturm hineinstellt. Dafür hat er einen guten seelsorgerlichen Grund: „Der sonntägliche Gottesdienst ist für viele Menschen nicht mehr der Ort, der Kirche zu begegnen, aber der Urlaub und die Freizeit sind für uns die große Chance ein breites Publikum anzusprechen. Auf der f.re.e. will Hintereder die Vielfalt der spirituellen wie kulturellen Kirchenangebote zeigen, die auf Gäste im Voralpenland von Berchtesgaden bis Landshut warten: „Die müssen wir kommunizieren, bekanntmachen.“

Darum hat sich der gelernte Theologe und Pastoralreferent auch die f.re.e ausgesucht, denn die ist kein Branchen- und Geschäftstreffen für ein ausgewähltes Fachpublikum, sondern „eine Besuchermesse, bei der wir sozusagen direkten Kundenkontakt haben“. Die Besucher der Freizeit-
messe sollen Pfarreien und Klöster als offene Anlaufstellen im Urlaub kennenlernen, an denen auch die Seele Erholung findet und etwas für die Rückkehr in den Alltag mitnehmen kann.

Lebensgeschichten und positive Erfahrungen

Im vergangenen Jahr zählten die Veranstalter 140.000 Gäste. Der 30 Quadratmeter große Stand der Erzdiözese war dabei fast ständig von Besuchern umlagert, die sich über Pilgerwege, Berggottesdienste, Wallfahrten mit dem Radl, Kirchenkonzerte oder Urlaub im Kloster informiert haben.
Viele davon wollten aber nicht nur Prospekte für die nächste Reise einpacken oder ein Stamperl Klösterlikör trinken, das die sechs bis acht Mitarbeiter, die immer bereitstehen, ausschenken.

„Mit uns können die Menschen auch reden“, erklärt Hintereder. Selbst wenn es keinen direkten
Rückzugsraum gibt, „wir haben Sitzgelegenheiten, die etwas abseits sind und wo auch tiefergehende Gespräche entstehen“. Frust über die Kirche oder Wut über den Missbrauchsskandal bekamen die meist ehrenamtlichen Mitarbeiter mit theologischem Hintergrund dabei nur selten zu hören: „Es ist wirklich interessant, dass nur ganz wenig kritische Töne bei uns aufschlagen, es ist eher so, dass uns die Menschen ihre Lebensgeschichten oder ihre positiven Erfahrungen mit der Kirche erzählen.“

Die Reise- und Freizeitmesse f.re.e auf dem Münchner Messegelände ist vom 19. bis 23. Februar täglich zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet. Dort sind rund 1.300 Aussteller aus 60 Ländern versammelt. Das Tagesticket kostet 12 Euro, 25 Prozent Ermäßigung gibt es bei Onlinebuchungen. Die Themengebiete reichen von Camping und Caravaning bis zum Wassersport, vom Fahrrad- bis zum Gesundheitsurlaub, von Individual- bis zu Pauschalreisen in alle Welt. Der Stand der Erzdiözese ist in der Halle A5 zu finden. Auch das Bayerische Pilgerbüro ist in Halle A4 auf der f.re.e. vertreten.

Stille suchen, Sinn erleben

Auch Wünsche werden an Hintereder und seine Kollegen herangetragen, etwa, dass Menschen sich im Urlaub aussprechen und über ihr Leben nachdenken wollen, „was sie bei anderen  Reiseveranstaltern eben nicht finden“. 

Vielleicht zieht viele Messebesucher das Motto des Standes an, das auf dem Kirchturm steht und immer wieder auf den Wänden des Standes zu finden ist: „Stille suchen, Sinn erleben.“ Der Leiter der Tourismusseelsorge ist davon überzeugt, dass dieses Bedürfnis im Urlaub besonders stark ist  und „Kirchgänger und Kirchenferne ein Anrecht darauf haben, Kirche und Religion dort zu begegnen“.  Zudem gehöre es zur „Charaktereigenschaft der Kirche, dass sie gastfreundlich ist“.

Kooperation mit Nachbarbistum Salzburg

Häufig kämen auch Paare an den Stand, die gerade in die Rente gekommen sind und diesen neuen Lebensabschnitt mit einer Pilgerfahrt zusammen beginnen, auf die vergangenen und die kommenden Jahre einen bewussten gemeinsamen Blick richten wollen. Am Anfang stehen Fragen, „wie und wo man das überhaupt praktisch machen kann“, und sie enden damit, unter welchem geistlichen Zeichen eine solche gemeinsame Pilgerreise stehen kann.

Darüber lässt sich am Stand der Erzdiözese München und Freising einiges erfahren, auch über deren Grenzen hinaus. Denn die Tourismusseelsorge kooperiert mit dem Nachbarbistum Salzburg und in diesem Jahr zum ersten Mal mit der neuen Marke „Klosterland Bayern“, die verschiedenste Erholungsangebote zusammenfasst, vom Bibelkurs in Weltenburg bis zum Urlaub mit Gebetszeiten in Scheyern oder Pfingstexerzitien im unterfränkischen Oberzell.

Nicht Highlights sondern Kleinode

Die Erzdiözese München und Freising nutzt die f.re.e auch, um ihren neuen Gästebrief 2020 vorzustellen und bekannt zu machen: „Der ist unsere Visitenkarte“, erklärt Hintereder. „Darin stellen wir nicht die Highlights vor, die sowieso jeder kennt, sondern Kleinode.“ Das an einem großen Jakobsweg liegende Wasserburg gehört da genauso dazu wie die Kunstkirche Heilig Geist in Landshut oder eine kleine Marienkapelle an der Münchner Isarleite. Der Gästebrief ist eine Einladung, die Vielfalt der Erzdiözese und ihre unbekannten Schätze zu entdecken. „Auch da lohnt es sich hinzufahren oder hinzuradeln“, ist der Leiter der Tourismuspastoral überzeugt, „das ist vielleicht sogar lohnenswerter, als am Wochenende einen Ausflug zu den überlaufenen Hochburgen zu machen“. 

Darum richtet sich der Gästebrief nicht allein an Gäste von außerhalb der Erzdiözese, sondern auch an Einheimische. Hintereder hat darauf geachtet, dass die Ziele nach Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad zu erreichen und familienfreundliche Wirtshäuser in der Nähe sind. Der Gästebrief ist damit auch die Einladung, einmal einen Urlaub daheim zu verbringen, also ein Beitrag zum umweltfreundlichen Inlandstourismus. Unter dem Kirchturm auf der f.re.e bekommen die Besucher jede Menge Anregungen dafür.

Der Gästebrief der Erzdiözese München und Freising ist soeben in einer Auflage von 40.000 Exemplaren erschienen. Er liegt in Kirchen und verschiedenen kirchlichen Einrichtungen auf. Er enthält die Termine für Berggottesdienste, aber auch Gebete, Besinnungstexte und eine Reihe von Ausflugstipps.

Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de

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