Nach dem Putschversuch in der Türkei:

Sorgen über Religionsfreiheit

Der gescheiterte Militärputsch in der Türkei ist das Top-Thema. Besorgnis hinsichtlich der Religionsfreiheit müsse man sich nicht machen, behauptet die türkische Botschaft beim Heiligen Stuhl.

Putschversuch in der Türkei - Erdogan besucht Trauerfeier in Istanbul © imago

Istanbul/Rom/Vatikanstadt - Die türkische Botschaft beim Heiligen Stuhl hat jede Besorgnis hinsichtlich der Minderheitenrechte und der Religionsfreiheit in der Türkei als grundlos zurückgewiesen. Weder gebe es Probleme für die Katholiken im Land, noch habe das vatikanische Staatssekretariat bislang einen Gesprächswunsch nach der Niederschlagung des Putschversuchs geäußert, sagte der Kanzler der Botschaft, Celal Dogan, am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom.

Die Türkei sei ein demokratischer Staat. "Die grundlegenden Menschenrechte sind geschützt, wir haben nichts von Sorgen über religiöse Minderheiten gehört", sagte Dogan. Hassverbrechen gegenüber Angehörigen nichtislamischer Gemeinschaften hätten sich bislang nicht ereignet. In der Türkei herrsche eine "Tradition von Friede und Harmonie" zwischen allen religiösen Gruppen. Die Regierung in Ankara habe "eine Menge von Reformen" zu erledigen, so der Diplomat weiter. Spezielle vertrauensbildende Maßnahmen im Blick auf Religionsfreiheit und Menschenrechte seien demgegenüber nicht notwendig.

Nachdem türkische Regierungskräfte den Militärputsch vom Freitag mit breitem Rückhalt in der Bevölkerung niedergeschlagen haben, rechnen Kommentatoren mit einer Stärkung des islamisch-konservativen Kurses unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die katholische Kirche hat in der Türkei keinen Rechtsstatus als Religionsgemeinschaft.

Religionsführer verurteilen Putschversuch

Führer der Religionsgemeinschaften in der Türkei hatten den Putschversuch von Freitagabend verurteilt. In einer gemeinsamen Erklärung bekundeten Spitzenvertreter der Muslime, der orthodoxen Christen und der Juden "Trauer über die terroristischen Angriffe, die den Frieden unserer großen Nation und der Welt stören sollten". Unterzeichnet war das am Samstag von Medien verbreitete Schreiben vom Leiter des türkischen Amts für religiöse Angelegenheiten, Mehmet Görmez, dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und dem türkischen Oberrabbiner Ishak Haleva.

Laut Kirchenangaben hatte Bartholomaios I., das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen, die Türkei wenige Stunden vor dem militärischen Umsturzversuch verlassen. Er habe eine der letzten Maschinen genommen, die noch vom Flughafen Atatürk bei Istanbul abheben konnten und befinde sich nun in Slowenien, hieß es aus Kirchenkreisen. Beobachter befürchten, dass die von der türkischen Regierung angekündigten Vergeltungsmaßnahmen auch das Ökumenische Patriarchat treffen könnten.

Keine Bedrohung der katholischen Minderheit

Unterdessen gab sich die katholische Minderheitenkirche ruhig. Weder während des Putschs noch im Zuge der Rückeroberung der Kontrolle durch die Regierung habe es Bedrohungen gegeben, sagte der Generalsekretär der Türkischen Bischofskonferenz, Anton Bulai, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zur Möglichkeit eines weiteren Islamisierungs-Rucks unter Präsident Recep Tayyip Erdogan wollte sich der Vertreter der Bischofskonferenz nicht äußern. "Es ging nicht gegen Christen oder Religionen. Unter diesem Gesichtspunkt sind wir ruhig", sagte Bulai.

Auch der Sprecher der Bischofskonferenz, Rinaldo Marmara, zeigte sich zurückhaltend. Er sprach von einer heiklen Situation. Wie auch sonst bei politischen Fragen sei mit einer Kommentierung durch die Bischöfe nicht zu rechnen, sagte Marmara unter Verweis auf die Minderheitensituation der Christen und den fehlenden Rechtsstatus der katholischen Kirche in der Türkei. Die in sieben Verwaltungsbezirke gegliederte katholische Kirche in der Türkei zählt nach vatikanischen Angaben rund 46.000 Gläubige unter 79 Millionen Einwohnern. (KNA)