Verbesserung der Rechte von Tieren

Sollten Menschenrechte auch für Menschenaffen gelten?

Der Primatenforscher Volker Sommer fordert, dass Menschenrechte auch für Menschenaffen gelten sollen. Wie sehen das ein Tierpfleger und ein Naturphilosoph?

Tierpfleger Markus Klostermeier und Gorilladame Sonja © SMB/Schlaug

Wenn Tierpfleger Markus Klostermeier seine Gorillas besucht, dann ist meistens Sonja die erste, die ihn begrüßt. Unter den fünf Gorillas im Münchner Tierpark Hellabrunn ist sie der kontaktfreudigste. Klostermeier weiß: Jeder Gorilla hat seine eigene Persönlichkeit. So sei Neema ein bisschen träge, vermutlich wegen ihrer Körperfülle, und die beiden Brüder Tano und Okanda seien eher rauflustige Gesellen.

Szenenwechsel: Besuch bei Pater Christian Kummer in Neubiberg bei München. Er ist Jesuit und emeritierter Professor für Naturphilosophie. Immer wieder hat er sich mit Fragen über das Verhältnis von Mensch und Tier in Bezug auf Evolution und Schöpfungsglaube auseinandergesetzt – und er sieht viele Gemeinsamkeiten. Von der Mimik und Gestik bis hin zu den Gefühlen. Er sieht aber auch den fundamentalen Unterschied zwischen den beiden: die Geistigkeit des Menschen. Sie sei Folge der Gehirnentwicklung. So ist im Laufe der letzten rund acht Millionen Jahre der Schädelinhalt des Menschen immer weiter gewachsen, bedingt durch eine Vergrößerung der Großhirnrinde. Und hier sei der Ort, wo die kulturelle Evolution ihren Lauf genommen habe. Ein Menschenaffe hingegen, macht Kummer deutlich, kann nicht reflektieren, philosophieren oder eine Religion ausüben. Für Kummer wäre es daher sinnvoller, „über eine Verbesserung der Tierrechte“ nachzudenken.

Tierpark-Direktor: Tierrechte und Tierschutz stärken

Das sieht auch Rasem Baban so. Er ist seit zehn Jahren der Direktor des Tierparks Hellabrunn. Die Frage nach Menschenrechten für Menschenaffen stellt sich für ihn indes nicht. Viele der 30 Artikel der Menschenrechte seien auf Primaten schlicht nicht anwendbar. Viel wichtiger und zielführender sei es, so Baban, die Tierrechte und den Tierschutz weltweit zu stärken und auszubauen, so dass die Menschenaffen, die vom Aussterben bedroht sind, überleben könnten. Hierzu trage auch der Zoo mit bei. Vor dem Gorilla-Gehege trifft Baban den Kurator und Zoo-Tierarzt Hanspeter Steinmetz. Er ist für die Unterbringung neuer Tiere zuständig. Seine Sicht: Man sollte Menschenaffen nicht vermenschlichen, Gorillas sollten Gorillas bleiben. Der Mensch solle sich vor allem darum kümmern, ihr Überleben zu sichern, und in Zoos versuchen, ihnen eine möglichst artgerechte Lebensweise zu ermöglichen. Dazu gehöre das Leben in natürlichen Familien oder Gruppenverbänden, eine ausgewogene Ernährung und genug Beschäftigungsmöglichkeiten, wie dies im natürlichen Lebensraum der Fall ist.

Tierpfleger Klostermeier versucht ganz in diesem Sinne, so viel Zeit wie möglich mit den Menschenaffen zu verbringen. Sonja kennt er seit 35 Jahren und konnte daher ein Vertrauensverhältnis zu ihr aufbauen. Beim Training lässt sie sich bereitwillig anfassen, gibt ihm Hände und Füße. Ein Miteinander, das langsam gewachsen sei, so Klostermeier. Die Frage, ob Menschenaffen Menschenrechte besitzen sollten – Sonja und ihren Artgenossen ist das egal. Es ist der Mensch allein, der mit dieser Frage leben muss.  

 

Der Autor
Jochen Reiling
Fernseh-Redaktion
j.reiling@michaelsbund.de