München – Pastoralreferent Gerhard Wastl bringt es auf den Punkt: „Es gab bei uns am Anfang eine kurze Schockstarre, dann aber haben wir gesagt, unsere Botschaft als Kirche kann nicht das ,Wir sind in dieser Zeit zu‘ sein, sondern das ,Wir sind offen und wir sind da für die Menschen‘.“ Das Seelsorge-Team um Leiter des Pfarrverbands Monsignore Engelbert Dirnberger schaffte es innerhalb weniger Tage in den pastoralen Corona-Modus zu schalten. Mit optisch sauber angefertigten Plakaten in allen Schaukästen unter dem Motto „miteinander – solidarisch – da sein“ und vielen Telefonanrufen schaffte man ein „qualifiziertes Absagen“ der zahlreichen offenen Veranstaltungen und zugleich die breit gestreute Information, dass die Pfarrbüros und seelsorglichen Ansprechpartner in allen drei Gemeinden Heilig Kreuz, Königin des Friedens und St. Helena per Telefon, Fax und E-Mail erreichbar sind. Zusätzlich wurden hier auch alle weiteren wichtigen Telefonnummern und Internetadressen von Telefonseelsorge, Münchner Insel sowie von Gottesdienstübertragungen in Internet, Fernsehen und Radio angegeben.
Neugestaltung der Homepage
Als dies geschafft war, zündete die nächste innovative pastorale Stufe – nämlich die komplette Um- und Neugestaltung der Homepage www.hl-kreuz-giesing.de. Hier sollten alle Angebote übersichtlich und benutzerfreundlich auf einen Blick versammelt und nutzbar gemacht werden, der „Pfarrverband online“ in Corona-Zeiten wurde realisiert. Dafür nahm man auch Geld in die Hand, denn alles sollte professionell und attraktiv wirken, keinesfalls unübersichtlich oder zusammengeschustert, darauf legte Dekan Engelbert Dirnberger Wert.
Die Isolation durchbrechen
Mit Markus Hiltner, Inhaber der Firma „ITinForm – itif.de“, holten sich die Seelsorger daher professionelle und externe Hilfe an Bord. Innerhalb kürzester Zeit wurden für den Pfarrverband Obergiesing eingerichtet: Ein anonymer Seelsorgs-Chat, Gebetsanliegen online zum Mitbeten, ein täglicher Video-Gruß sowie spiritueller Impuls zum Anhören aus dem Seelsorge-Team und die Bereitstellung der Videobotschaft und des Impulses über eine Telefonanlage für Personen ohne Internetzugang. Später kam noch die Online-Sitzplatzreservierung für Gottesdienste zur optimalen Platznutzung hinzu. „Uns war schnell klar, dass das Internet die geeignete Form war, um in Zeiten der Kontaktbeschränkungen diese Isolation von nie gekanntem Ausmaß zu durchbrechen und so etwas wie Stabilität zu vermitteln“, blickt Wastl zurück.
Einmal die Woche Post
Daneben behielt man aber auch stets jene, die technisch nicht so affin waren, mit analogen Angeboten im Blick, wie etwa mit der Aktion „Post für Sie“: Wer sich hierfür an die Pfarrbüros wandte, erhielt einmal pro Woche einen Brief mit Impulsen, Informationen und Anregungen zum Gebet. Ehrenamtliche waren hier, wie auch bei vielen anderen Dingen, etwa nachbarschaftlichen Hilfsaktionen, im Einsatz, betont Pastoralassistentin Kerstin Engelmeier. Als Zuständige für die Kinder- und Familienpastoral vernetzte sie sich auch mit der Fachstelle im Ordinariat, von wo es zahlreiche Impulse und Anregungen gab.
Menschen Zuversicht vermitteln
Die insgesamt sieben Mitarbeiter des Seelsorgeteams gingen oft bis an ihre Belastbarkeitsgrenzen, fühlten sich aber auch gleichzeitig beflügelt von ihrem Tun in der Krise. „Es war eine sehr dynamische Arbeit, innovativ und situationsgerecht, die viel Energie forderte, aber auch lieferte“, umschreibt es Wastl: „Wir hatten alle das klare Gefühl, das Richtige zu tun, etwas, das Bedeutung hat.“ Maria- Viktoria Schambeck, Pastoralassistentin im Vorbereitungsdienst, ergänzt: „Anfangs verspürte ich aufgrund der Situation starke Ohnmacht und auch Traurigkeit, dann aber spürte ich, dass es mich trägt, in meiner Arbeit meine Talente einsetzen zu können. Es war total spannend, wie die Ideen bei uns aufploppten, sobald der Schalter einmal umgelegt war.“ Ähnlich sieht es auch Engelmeier: „Ich arbeitete nach einer kurzen Phase der Ohnmacht mehr als zuvor, hatte volle Lust drauf. Ich wollte den Menschen einfach Zuversicht vermitteln, das war alles sehr herausfordernd. Aber auch ich habe mich in dieser Zeit von meinem Glauben getragen gefühlt, das gab mir Kraft.“
Corona-Phase war Bewährungsprobe
Von den Menschen habe man sehr viel Zuspruch und positive Rückmeldungen erhalten – aus den drei Gemeinden des Pfarrverbands, aber auch von zahlreichen Fremden: „Wir hatten in dieser Zeit Zugriffe bis aus Nordamerika, sehr viele Angebote, wie etwa unser täglicher Video-Gruß, wurden geteilt und weitergeleitet“, sagt Wastl. Für ihn war die Corona-Phase eine Bewährungsprobe, um dem Auftrag aller Christen, „Zeichen und Werkzeug des Heils zu sein“, gerecht zu werden: „Das Durchbrechen der Normalität durch Corona beweist, dass nichts im Leben selbstverständlich ist, aber, dass das Leben auch in solchen Situationen nicht vorbei ist und die Welt nicht untergeht. Hier konnte jeder für sich klären, was Bedeutung für ihn hat – beruflich wie privat.“
Daher sei es nun auch spannend, jetzt, da es immer mehr Lockerungen von den Auflagen und Kontaktbeschränkungen gibt, gemeinsam zu entscheiden, welche der neuen seelsorglichen Angebote und Formate, die es ermöglicht hatten, Menschen zu erreichen, ohne ihre Gesundheit einem Risiko auszusetzen, auch in Zukunft im Pfarrverband von Bedeutung sein werden und in welcher Regelmäßigkeit fortgeführt werden. Denn eins ist klar: Die Zeit nach Corona wird eine andere als vorher sein.