Kardinal Marx bei Jahresschlusspredigt

Klugheit und Gerechtigkeit für 2017

Kardinal Marx blickt trotz Krisen hoffnungsfroh in die Zukunft und fordert auch zu dieser Haltung auf: "Mutlose und müde Christen sind das letzte, was dieses Land im neuen Jahr brauchen kann."

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München – Kardinal Reinhard Marx hat in seiner traditionellen Jahresschlusspredigt die Menschen dazu aufgerufen, sich insbesondere im Wahljahr 2017 für "ein gutes Miteinander in unserem Gemeinwesen einzusetzen". Dafür einzutreten, "dass die Orientierung am richtigen, am guten Leben im Blick bleibt", sei "eine Aufgabe gerade der Christen in einer pluralen Gesellschaft, die immer mehr um Einzelinteressen kreist und zu einem Zusammenhalt nicht mehr fähig ist", sagte der Erzbischof von München und Freising am Silvestertag im Münchner Liebfrauendom. "Wenn das einzige Ziel der Einzelnen und Gruppen die Absicherung des eigenen Lebens und Wohlstandes ist, wie kann das noch zu einer gemeinsamen Kultur werden, zu einer Zivilisation, die anziehend und zukunftsfähig ist?"

 

Im Rückblick auf das vergangene Jahr räumte der Kardinal ein, dass die Bilder und Ereignisse einen negativen Beigeschmack hinterlassen würden. Krisen in Europa, Terrorismus und die Sorge um größere Spaltungen unserer Gesellschaft würden dazu beitragen. Der Anschlag in Berlin habe die düsteren Botschaften dieses Jahres nochmal bestätigt.  "Wir gehen mit vielen Gefühlen und Enttäuschungen, aber nie ohne Hoffnung. Diese Hoffnung trägt uns durch alle Turbulenzen hindurch. Darum wollen wir in dieser Stunde beten", so der Kardinal. Obwohl es Strukturen des Bösen, der Unterdrückung und der Gewalt gebe, so sei die Weihnachtsbotschaft doch das Bekenntnis zum Leben. "Er hat unter uns gewohnt. Die Weihnachtsbotschaft ist ein Bekenntnis zum Leben: Wenn Gott Mensch geworden ist, dann ist es gut, Mensch geworden zu sein," ermutigte der Erzbischof die Besucher der Jahresschlussandacht: "Gehen wir mit der Weihnachtsbotschaft."

 

Mutlose und müde Christen sind das letzte, was dieses Land im neuen Jahr brauchen kann

 

Man dürfe sich den Weg zum richtigen, glücklichen Leben nicht versperren lassen. "Mutlose und müde Christen sind das letzte, was dieses Land im neuen Jahr brauchen kann. Zerstrittene auch nicht," sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Darum freue er sich auf 2017, wo auch der Reformation gedacht werde. Man werde gemeinsam Christus in diese Welt hineintragen.

In seiner Predigt verwies Marx auf die Bedeutung insbesondere auf die vier Tugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß. Diese würden den Lebenswagen in die richtige Richtung ziehen. Die bairische Sprache habe das mit der Redewendung "das taugt mir" verinnerlicht. Diese käme vom Wort "Tugend" und sei ein Verweisdarauf, dass etwas gut tue. Tugendhaft könne jeder sein, so sei auch Klugheit für jeden möglich, das brauche keine hohe Bildung, das sei abhängig von Herzensbildung und gesundem Menschenverstand. Und Tapferkeit fordere eben dazu heraus, etwas auszuhalten und für seine Überzeugungen einzutreten, auch wenn keine Zustimmung der Masse zu erwarten sei. Dann gelte es, nicht in eine Schweigespirale zu verfallen. Dieses Phänomen beschreibe den Zustand, in dem Menschen ihre Meinung nicht mehr kundtäten, sobald die Mehrheit anders gesinnt sei.

 

"Gerade beim Jahreswechsel sollte uns klar sein, dass unsere Gesellschaft, unser Gemeinwesen Tugenden braucht, Menschen, die sich in Freiheit für das Gute entscheiden", betont Kardinal Marx. Wer meine, "Politik könne auch das noch den Menschen abnehmen, irrt sich sehr". Zwar seien gut funktionierende Institutionen der Maßstab für ein gutes Gemeinwesen, "und auch dafür müssen wir im Wahljahr 2017 eintreten. Aber letztlich können die Strukturen und Institutionen keinen Ersatz bieten für die Notwendigkeit, dass viele sich auf den Weg machen zu einem guten und gelingenden Leben." Christen könnten so im neuen Jahr zeigen, "dass wir ‚Salz der Erde‘ und ‚Licht der Welt‘ für unser Land sein wollen", so der Erzbischof. (ps/gw)

 

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Die Predigt kann auf der Website des Erzbistums München und Freising nachgehört werden.