Künstlerfreiheit an der kurzen Leine

Kardinal Marx lud zur Begegnung mit Künstlern

Viele Fachleute rund um das Thema Kunst und Kirche fanden sich zur Künstlerbegegnung beim Podium der Katholischen Akademie in München ein. Reinhard Kardinal Marx sprach sich dabei für eine Kirche mit „starker, zeitgenössischer Kunst“ aus. Dabei kamen auch ein Kunsthistoriker, ein Liturgiewissenschaftler und ein Architekt zu Wort.

Reinhard Kardinal Marx (zweiter von rechts rechts), Kunsthistoriker Ullrich Wolfgang (links), Liturgiewisenschaftler Albert Gerhards (zweiter von links) und Architekt Amandus Sattler (rechts) sprachen mit Moderator Roland Spiegel (mitte) rund ums Thema Kunst und Kirche. (Bild: Kiderle) © Kiderle

München – Eine „starke Partnerschaft“ wolle der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx zwischen Kirche und Kunst. Dafür sprach er sich vergangene Woche in der Münchner Katholischen Akademie vor rund 400 geladenen Gästen aus, die sich von dem Plädoyer des Erzbischofs angesprochen fühlen konnten: Es war der Künstlerempfang der Erzdiözese, die Maler, Musiker, Schauspieler und Literaten einlud, um mit ihnen über „Kirche und Kunst im Spannungsfeld von Mäzenatentum und Auftragskunst“ ins Gespräch zu kommen.

Dazu nahmen ausgewiesene Fachleute rund um das Thema Kunst und Kirche auf dem Podium der Katholischen Akademie Platz: Das Wort gab der Moderator des Bayerischen Rundfunks, Roland Spiegel, zuerst an den Kunsthistoriker Ullrich Wolfgang, dem zufolge sich die Kirche in einer Zeit, in der „Auftragskultur nicht mehr so selbstverständlich sei“, klar sein müsse: „Man kann von einem Künstler nicht verlangen, dass er auf der Höhe der Theologie ist.“ Deshalb dürfe „die Leine nicht zu lang“ sein zwischen selbstbewusstem, kirchlichem Auftrag und dem Künstler, der ihn erfüllt.

Das dürfe dem Podiumsplädoyer des Bonner Liturgiewissenschaftlers Albert Gerhards nach zu urteilen aber nicht ausschließen, dass kirchliche Auftraggeber „das Wagnis einer gewissen Ergebnisoffenheit“ eingehen: „Große Kunst ist nur da, wo kirchliche Auftraggeber mehr als Mäzene auftreten“, also das kunstschaffende Spiel zwar einfordern, ihm aber „freien Raum geben“. Dem pflichtete auch der Architekt auf dem Podium, Amandus Sattler, bei: „Kein Mensch weiß, was am Ende herauskommt, aber es gibt gewisse Vorgaben“, die auch den Auftraggeber in die Pflicht nähmen: „Kirche als Auftraggeber ist nur so gut wie visionär“, so der Architekt, der auch die moderne Herz Jesu Kirche im Münchner Stadtteil Neuhausen entwarf.

Dem widersprach auch Reinhard Kardinal Marx als der vierte Podiumsteilnehmer nicht: „Ich kann mir eine Kirche der Zukunft ohne starke, zeitgenössische Kunst nicht vorstellen.“ So sehr aber eine kirchliche Kunst „auf der Höhe der Zeit möglich und notwendig“ sei, so wenig heiße das einfach: „Sein‘ wir mal modern. Das ist mir zu wenig“, so der Erzbischof. Ein Kirchenvertreter, der ein Kunstwerk in Auftrag gibt, müsse nämlich auch fragen: „Gefällt es auch dem lieben Gott?“ Deshalb brauche es beides: „Künstler, die selbstbewusst sind, aber auch selbstbewusste Auftraggeber, die sagen, was sie wollen.“

Privat habe er allerdings noch nie Kunst in Auftrag gegeben, verrät Reinhard Kardinal Marx anschließend. Wohl aber als Kirchenvertreter, und zwar erstmals als Weihbischof in Paderborn: Dort habe er für die Kapelle in seiner Wohnung einen Künstler beauftragte, die heiligen drei Könige, „drei Männer auf der Suche“, anzufertigen – „aber bitte abstrakt“, so der Erzbischof. Seinen kirchlich-kunstvollen Lieblingsort in der neuen Kirchenheimat im Erzbistum München und Freising musste er aber gar nicht erst in Auftrag geben: Das sei der Freisinger Dom mit der Himmelfahrt Mariens – „auch wenn es eine Kopie ist“, schmunzelte der Kardinal. (sb)