Meinung
EU sichert Grenzen

Grenzüberschreitende Ängste

Angesichts der anhaltenden Flüchtlingskrise hat Ungarn die EU-Außengrenzen geschlossen, die deutsche Bundespolizei hat vorübergehend Grenzkontrollen eingeführt. Ist diese Abschottungspolitik der richtige Weg? – Militärdekan Artur Wagner kommentiert.

Artur Wagner ist Leitender Militärdekan für den Dienstaufsichtsbereich Bayern und Baden-Württemberg (Bild: MK) © MK

Genau genommen machen die Ungarn das, was vereinbarungsgemäß ihre Pflicht ist, sie sichern die EU Außengrenzen – zugegeben mit einer Brutalität, die im krassen Gegensatz zur euphorischen Willkommenskultur hierzulande steht. Aber sind wir ehrlich, in diesem Konflikt gibt es nicht die Guten und die Bösen, sondern nur grenzüberschreitende Ängste, mangelhafte Kommunikation und Kooperation und ziemlich wenig Europa.

Wobei das Problem – wenn man Menschen auf der Flucht überhaupt als Problem bezeichnen darf – absehbar war. Wer nichts mehr zu verlieren oder schon alles verloren hat, der streckt sich nach dem letzten Rest Hoffnung aus, der noch bleibt. Er macht sich auf den Weg durch die Wüste, um in das gelobte Land zu kommen. Wer angekommen sendet diese Frohe Botschaft per WhatsApp und Facebook via Internet ins Elend, um auch anderen den Weg zum Heil zu verkünden – das hat Tradition, nicht nur bei Christen. Ja, es ist richtig, dass wir diese Menschen aufnehmen. Dass mit ihnen auch die kommen, die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen, wo Korruption, Arbeitslosigkeit und Armut zu Hause sind, ist auch nicht verwunderlich. Hier hat Europa seine Hausaufgaben nicht gemacht. Dass man jetzt plötzlich entdeckt, dass unter den Schafen auch Wölfe sein könnten und Grenzkontrollen einführt, zeigt mit wieviel Naivität das Ganze angegangen worden ist.

Eines aber dürft klar sein: Egal wie hoch wir die Grenzzäune ziehen, sie werden den Zustrom der Menschen nicht aufhalten können – in Europa ebenso wenig, wie an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Von daher werden sie uns noch ein paar Jahre und Jahrzehnte beschäftigen, die Flüchtlinge und unsere Ängste. Denn die werden wir erst los, wenn wir sie kennenlernen und sie uns, wenn wir sie integrieren und sie sich inkultivieren und das braucht einen sehr langen Atem. Am Untergang des (ehemals) christlichen Abendlandes sind sie sicher nicht schuld, die Flüchtlinge. Die sind nämlich jung, haben Kinder und glauben an Gott, bringen also all das mit, was in unserer Kultur vom Aussterben bedroht ist.