40 Jahre Austrägerin der Kirchenzeitung

Flott auf dem Radl unterwegs

40 Jahre hat Gertraud Höß die Münchner Kirchenzeitung ausgetragen. Warum ihr Telefon in dieser Zeit immer mal wieder Sturm geklingelt hat, verrät sie hier.

Gertraud Höß (88) hat 40 Jahre die Münchner Kirchenzeitung ausgetragen (Bild: Hofmann) © Hofmann

München – „Angefangen hat alles vor 40 Jahren und in erster Linie wohl damit, dass ich so schlecht Nein sagen kann“, lacht Gertraud Höß herzlich. Schon seit Urzeiten und über Generationen hinweg habe ihre Familie die Münchner Kirchenzeitung abonniert. „Und wie das nun mal so ist mit treuen Lesern, setzen die sich dann auch gerne für ihre Zeitung ein“, erklärt die 88-Jährige. Geübt sei sie ja bereits gewesen, da sie damals schon für die Caritas Zeitungen ausgetragen habe. „Die Pfarrsekretärin von St. Michael in Berg am Laim hat mich sozusagen überfallen und gemeint, dass ich ruhig auch noch die Kirchenzeitung auf meine wöchentliche Tour mitnehmen könne“, erinnert sie sich und fügt noch schnell zwinkernd hinzu: „Sind wir doch mal ehrlich, es reißt sich ja auch nicht wirklich jemand ums Austragen.“

Jeden Donnerstagmorgen machte sich Gertraud Höß also seitdem unermüdlich an die Arbeit, um bei Wind und Wetter rechtzeitig vor den Türen zu stehen. „Die meisten Abonnenten haben dann schon auf mich gewartet, vor allem die Leute hier im Altersheim und im Kloster – und wehe, ich war mal später dran als sonst“, lacht die junggebliebene Rentnerin wieder. Da habe schon ab und zu ihr Telefon Sturm geklingelt. „Besonders im Winter war dieser Zeitdruck ein Problem für mich“, weiß sie noch. Im Sommer habe sie nur knapp zwei Stunden gebraucht, denn da sei sie flott auf ihrem Rad gedüst. Im Winter sei es immer eine mühsame und zähe Angelegenheit gewesen. „Von Jahr zu Jahr lassen halt in meinem Alter nun mal auch die Kräfte nach und deshalb gebe ich meine Tätigkeit jetzt ab.“

Freundschaften mit Lesern entstanden

Man werde nicht jünger und das merke sie auch an den Abonnenten. „Zuletzt hatte ich nur noch 30 Leute, denen ich die Zeitung gebracht habe. Da musste ich dann schon meist zweimal klingeln, bis mich jemand gehört hat“, erzählt die 88-Jährige grinsend. Durch ihre langjährige Tätigkeit seien aber auch so manche Freundschaften mit Lesern entstanden. Eine schöne Abwechslung sei es während des Austragens gewesen, sich mit anderen Leuten auszutauschen und plaudern zu können. „Am meisten hat mich aber dann immer das Kassieren gestört. Viele der sehr alten Leser haben von Mal zu Mal vergessen, dass sie für die Zeitung auch bezahlen müssen. Immer wieder aufs Neue habe ich es ihnen dann erklärt. Das war mir sehr unangenehm“, gibt Gertraud Höß zu. Letztendlich seien es dann ihre Verwandten und Freunde gewesen, die ihr geraten haben, aufzuhören und sich endlich wohlverdient auszuruhen – und das habe sie jetzt gemacht.

Sie erwartet neuen Schwung von der Kirchenzeitung

Langweilig wird es jedenfalls nicht, das steht fest. „Meine sieben Enkelkinder und mein Urenkel müssen mich halt jetzt auf Trab halten.“ Vor allem einer Sache kann sie sich ab sofort ununterbrochen widmen: dem Lesen. „Mein Lieblingsbuch derzeit ist ,Himmel, Herrgott, Sakrament‘ von Pfarrer Rainer Maria Schießler.“ Das habe sie nun schon mehrmals gelesen und mag es, dass Pfarrer Schießler kein Blatt vor den Mund nehme. Das sei auch ihr Wunsch für die Zukunft: dass die Kirche endlich offener werde und frischer Wind wehe. Immer neuen Schwung erwarte sie auch von der Kirchenzeitung, denn „jetzt, wo ich sie nicht mehr austrage, habe ich mehr Zeit, genauer hinzuschauen“, scherzt Gertraud Höß. (Patricia Hofmann)

Hier können Sie die Münchner Kirchenzeitung abonnieren und ganz bequem nach Hause geliefert bekommen.