Zwei deutsche Teilnehmer der Weltsynode ziehen Bilanz

Erste Schritte zu einer synodalen Kirche

Nach vier Wochen intensiver Beratungen ist in Rom die Weltsynode zu Ende gegangen. Deutsche Teilnehmer und Beobachter äußerten sich zufrieden. International geht man mit den Themen sehr unterschiedlich um.

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Rom – „Ein grandioses weltkirchliches Ereignis: Um die 400 Menschen aus ganz unterschiedlichen kulturellen und kirchlichen Kontexten versammeln sich um den Papst und fragen, wie wir im 21. Jahrhundert gelingend Kirche sein können. Also, das ist schon groß!“ Aus dem Passauer Bischof Stefan Oster spricht die Gewissheit, dass sich mit der Synode die kirchliche Welt ein Stück nach vorn bewegt. Er war zusammen mit vier anderen deutschen Bischöfen vom Papst berufen worden, an dem „Weltereignis“ teilzunehmen.

Beraten haben die Delegierten vor allem darüber, wie Entscheidungen in der Kirche in Zukunft getroffen werden. Eine „Synode über eine Synode“ nennt der Neutestamentler Prof. Thomas Söding das. Nämlich das Nachdenken über aktuelle Fragen: „Wie kommt das Kirchenvolk zusammen, wie wird es gehört, wie wird es in Entscheidungen und Verantwortung mit einbezogen?“ Deutschland hat sich durch den Synodalen Weg bereits stark in diesen Fragestellungen engagiert, erklärt Thomas Söding. Er ist Vizepräsident des Synodalen Weges in Deutschland und als Experte und Moderator ohne Stimmrecht vom Papst in die Weltsynode berufen worden.

Kirche soll zukunftsfähig werden

Die Weltsynode zeigt, unabhängig von allen Differenzen: In der gesamten Weltkirche ist der Bedarf nach Erneuerung, nach gemeinsamem Beraten und gemeinsamer Entscheidung gegeben und die Nutzung der verschiedenen Charismen für eine Kirche der Zukunft bewegt die Gläubigen aller Kontinente. Bischof Oster sieht darin die Chance, auch nach außen der Kirche wieder ein erneuertes Gesicht zu geben: „Eine synodale Kirche soll eine Gemeinschaft sein, die ausstrahlt. (…) Daher ist in diesen vier Wochen auch bei mir das Bewusstsein vertieft worden, dass sich Kirche nun zwar einerseits intensiv mit sich selbst beschäftigt hat – aber eben genau dafür: um hinauszugehen und, neu und ermutigt, das Evangelium für alle Menschen zu bezeugen.“

Bei den vierwöchigen Beratungen haben Bischöfe und Laien unter anderem über die Aufarbeitung des Missbrauchs, die Stellung der Frau und die bessere Einbindung sexueller Minderheiten in die Kirche diskutiert. Als intensiv und arbeitsreich beschreibt Prof. Söding die Beratungen der letzten Wochen, für Bischof Oster stand das Bemühen im Vordergrund, den Weg gemeinsam zu gehen: Das Gebet, Schweigen, aber auch intensives Zuhören habe ihm und seinen Gesprächspartnern den Weg auch bei schwierigen Themen geebnet.

Veränderung, ja – aber wie und wie stark?

Und doch zeigte sich während der Diskussionen, dass Anliegen und Probleme in der katholischen Kirche regional sehr unterschiedlich gesehen werden. Bischof Oster verwies auf die Begegnungen mit Menschen, in deren Heimat Kirche verfolgt werde und arm sei. Das habe geholfen, den Blick über den Tellerrand zu heben und zu vermeiden, pausenlos um sich selbst zu kreisen. Die Synodenteilnehmer mussten andererseits aber auch feststellen, dass Themen, denen hierzulande von den Gläubigen eine hohe Priorität eingeräumt wird, in anderen Regionen der Welt mit erheblich geringerer Intensität verfolgt werden. Beispiel: die Diskussion um Christen mit Geschlechtern und sexuellen Orientierungen, die von der zweigeschlechtlichen Norm abweichen. Oder auch die Rechte der Frauen: Themen wie diese werden bis zur zweiten „Halbzeit“ der Beratungen im Oktober 2024 in manchen Regionen der Erde nicht oder nur geringfügig theologisch diskutiert.  

Gelohnt haben sich die intensiven Beratungen aber allemal, sagen Bischöfe wie Laien. Und die Reforminitiative „Wir sind Kirche“ spricht von einem Prozess, der nicht mehr rückgängig gemacht werden darf. Am Wochenende wurde dann über die Details abgestimmt: den Themen angemessen, mit großer Genauigkeit, berichtet Prof. Söding. Man habe sich wieder in der Aula an den runden Tischen versammelt, allein das Vortragen des Textes mit insgesamt vierzig Seiten dauerte drei Stunden, danach konnte die digitale Abstimmung beginnen. Dabei wurde über jeden Absatz der Abschlusserklärung votiert. Das überwältigende Ergebnis: eine beeindruckende Mehrheit für alle angesprochenen Themen, oft über 80%.

Chance, dem Papst gute Vorschläge zu unterbreiten

Ein Abschluss für den ersten Teil der zweiteiligen Synodenberatungen, der für Prof. Thomas Söding mit einem eindeutigen Arbeitsauftrag einhergeht: Die Zeit bis Oktober 2024 müsse genutzt werden. In den Bischofskonferenzen der Länder und in Deutschland speziell im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) müssten die Texte vom vergangenen Wochenende noch einmal intensiv gelesen und beraten werden. „Viel wichtiger aber als diese Bundesebene ist die Basis!“, meint Söding, „Sich vor Ort anzuschauen, welche anderen Gesichtspunkte als die aus der Region vertrauten zu Wort kommen.“ Bis zum Herbst nächsten Jahres, hofft Söding, ist klar, welche entscheidenden Punkte auch in die Tat umgesetzt werden können. Das letzte Wort hat nach den erneuten Beratungen allerdings Papst Franziskus. „Ich hoffe, dass es sehr viele gute Vorschläge geben wird, denen dann hoffentlich auch der Papst folgt!“

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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