Tag der Organspende

Ein neues Leben dank Spenderlunge

10.000 – das ist die Zahl schwer kranker Menschen, die derzeit in Deutschland auf eine Organspende warten. Darauf hat am Samstag der Tag der Organspende wieder aufmerksam gemacht. Wir haben eine Frau getroffen, die mit einer neuen Lunge lebt.

Tag der Organspende, am Samstag, 4. Juni, auf dem Münchner Marienplatz (Bild: Kiderle) © Kiderle

München – Karin Kirsten sitzt in ihrem Wohnzimmer auf dem Sofa und strahlt übers ganze Gesicht. Vor elf Jahren hat die heute 60-jährige Ramersdorferin eine Lunge bekommen. Über eine Sache freut sie sich seitdem jeden Tag: „Durchatmen! Richtig durchatmen! Das mach ich oft am Tag – im Bett auch schon. Da ist man glücklich!“

Vor allem, wenn man wie Karin Kirsten bereits einiges hinter sich hat. Schon früh litt die zierliche Frau an Lungenproblemen. Bis zu dreimal im Jahr bekam sie eine Lungenentzündung, irgendwann begann sie Blut zu spucken, musste immer wieder wochenlang ins Krankenhaus. Als sie 34 Jahre alt war, stand fest: Ohne neue Lunge wird sie sterben. Trotz dieses Schocks war der Verlust ihrer Arbeit viel schlimmer für sie. Denn eigentlich wollte sie damals gerade eine neue Stelle als Schulschwester beginnen. „Da ist dann alles unter mir zusammengebrochen! Das fühlt sich an, als wenn du ins All geschossen wirst und verzweifelst einen neuen Planeten suchst – da habe ich richtig gegrollt und lange gebraucht, um das zu akzeptieren.“

Drei Jahre auf der Warteliste

Dennoch hat Karin Kirsten versucht, ihr Leben weiterzuleben. Wann immer es ging, arbeitete sie auf einer Sozialstation, machte Wanderausflüge und reiste sogar nach Schweden, Irland und Österreich. Fast drei Jahre lang musste sie auf eine Spenderlunge warten – dann kam der lebensrettende Anruf. Karin Kirsten hatte Glück – viele Schwerkranke warten vergebens auf ein neues Organ. Statistisch gesehen sterben jeden Tag drei Menschen, weil für sie kein passendes Organ gefunden werden konnte.

Der Leiter der Krankenpastoral des Erzbistums München und Freising, Thomas Hagen, möchte das ändern. Aus seinem Arbeitsalltag weiß er, dass viele Menschen keinen Organspendeausweis haben, weil sie sich unsicher sind, auf was sie sich dabei einlassen. Auch die Sorge, was genau im Ernstfall mit ihnen passiert und wie der medizinische Ablauf ist, spielen eine wichtige Rolle. „Viele würden spontan sagen, dass sie gar nicht wissen, ob sie wirklich tot sind, ob es für die Ärzte mehr um ihre Organe geht, als darum, ihr Leben zu retten.“

Akt der Nächstenliebe

Diese Sorge hält Thomas Hagen jedoch für unbegründet. Gerade für die Feststellung des Todes gebe es klare Kriterien. Am wichtigsten: Erst wenn der Mensch hirntot ist, kann über eine mögliche Organspende nachgedacht werden. In diesem Punkt hat auch die Kirche eine eindeutige Haltung, so der Leiter der Münchner Krankenpastoral. „Ohne die Feststellung des Todes wird es keine Organspende im Sinne einer Kirche und einer Religion geben können. Ebenso wichtig ist auch die Freiwilligkeit der Spende. Wenn sich jemand zu einer Organspende entscheidet, dann ist es natürlich ein großer Akt der Nächstenliebe. Aber es besteht keine moralische Pflicht, dies zu tun.“

Zumindest auseinandersetzen, meint der Arzt, sollte man sich aber damit schon. Thomas Hagen und Karin Kirsten wollen deshalb weiter über das Thema informieren und Ängste nehmen. Und vielleicht entscheiden sich dann mehr Menschen, einen Organspendeausweis auszufüllen. (lms)