Kaninchen in der Kita Sankt Theresia

Das große Hoppeln

"Viel zu viel Arbeit und Verantwortung" - das ist das Hauptargument gegen Tiere in Kitas. In Sankt Theresia in München nimmt man das alles gern auf sich. Seit zwei Jahren wohnen dort vier Kaninchen - ein riesiger Benefit für Kinder, Eltern und Team...

Kaninchen Milka fühlt sich auf dem Arm eines Hortkinds hasenwohl (Bild: Sankt Michaelsbund/SSchmid) © Sankt Michaelsbund/SSchmid

München – Das Highlight des Kindergartens Sankt Theresia in München liegt im Garten, oder hoppelt vielmehr. Denn dort verbringen nicht nur 114 Kindergarten- und Hortkinder ihren Tag, sondern auch vier Widder-Kaninchen – und die sind rund um die Uhr da. Milka, Apple, Blacky und Sunny heißen die schlappohrigen Tiere. Seit zwei Jahren leben sie jetzt in einem großen Stall mit üppigem Auslauf im Kindergarten. Gerade sind fünf Mädels dabei auszumisten. Ihnen macht die Beschäftigung mit den Kaninchen riesigen Spaß, selbst wenn es anstrengend ist und mal nicht so gut riecht, sagen die Kinder. Sie lieben es, mit den Kaninchen zu kuscheln. "Die Hoppler sind immer da und gute Freunde, mit denen man immer sprechen kann“, erzählt eine Neunjährige. Freilich nicht wirklich immer, denn die vier Langohren brauchen auch mal Ruhe von den Kids. Dann hängt ein Schild an ihrem Gattertürchen, dass den Kindern anzeigt: Jetzt haben die Tiere mal Pause. „Die Regeln zum Umgang mit den Kaninchen haben die Kids selbst erarbeitet“, sagt Erzieherin Jade Gößl, die das Kaninchen-Projekt gestartet hat.

Die Vorbereitung für die Kaninchen

Wir haben jedes Jahr eine Hortfahrt auf den Bauernhof gemacht und so festgestellt, wie gut Kindern Tiere tun. Viele Mädchen und Buben in der Stadt dürfen keine Haustiere halten und haben so wenig Kontakt zu ihnen. Uns war klar, wenn Tiere, dann ziehen bei uns Kaninchen ein“, erzählt Gößl. Natürlich braucht Tierhaltung im Kindergarten einigen Vorlauf. Leiterin Anja Winkelmann erinnert sich genau an die vielen Schritte: „Die Kinder überlegten, wie die Tiere versorgt werden sollen, sammelten durch Kuchenverkäufe und Basare Geld für Käfige, Ausläufe und Futter und die Papas bauten die Eigenheime der Hoppler. Natürlich warf auch der Tierschutz noch einen Blick auf die Haltung. Dann endlich vor zwei Jahren konnten die Hoppler bei uns einziehen“. Die vielleicht größte Herausforderung, die auch andere Kitas von der Haltung von Haustieren abschreckt: Eine Kita hat jedes Wochenende geschlossen und noch einige Ferienzeiten und Schließtage im Jahr. Ein Kaninchen hat aber 365 Tage im Jahr Hunger und will ebenso viele Tage in den Auslauf. In der Kita Sankt Theresia hatten die Kindern die Idee zu Patenschaften. Wer Pate ist, bekommt eine offizielle Urkunde mit Stempel der Kita, trägt sich in einen Plan ein und bekommt vor dem Wochenende oder den Ferien den Schlüssel, kommt und kümmert sich um die Tiere. „Das klappt ausgezeichnet“, berichtet Gößl. „Es gibt keine Pflicht, wie oft man sich in den Plan eintragen muss. Ein Pate kommt dreimal im Jahr, andere fast jedes Wochenende, das ist völlig in Ordnung so.“ Natürlich hat die Kita auch einen Notfallplan, wenn alles schief läuft, kommen einige Kollegen gern mal selbst, denn auch sie haben Milka, Apple, Sunny und Blacky lieben gelernt.

Das Lernen die Kids von den Kaninchen

Viel gelernt von den Kaninchen haben auch die Kinder. Die Langohren sind gut für die Sprachentwicklung, sagt Erzieherin Gößl. Die Kinder sprechen mit den Tieren und kommen so auch viel leichter in Kontakt mit Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen. „Die Tiere haben den Zusammenhalt bei uns gestärkt“, erzählt Leiterin Anja Winkelmann. “ selbst die Kinder, die nicht mehr hier im Hort sind, kommen immer wieder vorbei und besuchen die Kaninchen und uns. Wir haben viel engeren Kontakt zu den Familien. Wer Kaninchen füttern kommt, gießt auch mal die Blumen. Es ist eine Win-Win-Situation für alle.“

Die Kinder lernen darüber hinaus viel über die Natur, in Sankt Theresia kennen schon die Dreijährigen den Unterschied zwischen Heu und Stroh oder wissen, wie das Kaninchen zu erkennen gibt, wenn es Ruhe möchte. Sie machen viel Sinneserfahrungen und die Konzentration wird gesteigert. Ganz nebenbei lernen die Kids soziale Kompetenzen, wie Rücksicht nehmen, die Achtung vor anderen Lebewesen, aber auch Tabuthemen wie „Tod“ spielen im Alltag mit. Ursprünglich waren es nämlich fünf Hoppler. Lena erinnert sich noch genau daran, als ihre Freundin während der Hausaufgabenzeit reinkam und meinte: „Coffee ist komisch.“ Sofort war sie zur Stelle und tatsächlich, die Kaninchendame lag auf der Seite und atmete nicht mehr. „Das war sehr schlimm. Wir waren alle sehr traurig und es sind einige Tränen geflossen“; erinnert sie sich „ Aber der Tod gehört zum Leben und es ist leider normal, dass auch mal ein Kaninchen stirbt. Wir haben Coffee ein schönes Grab im Garten gemacht und wir denken noch oft an sie“.

Kaninchen in der Kita – für das Team, die Kinder, Eltern und Hoppler in Sankt Theresia ein rundum gelungenes Projekt. „Es bedarf einiger Vorbereitung und muss genau durchdacht sein“, stellt Erzieherin Gößl fest ,“aber wir können es jeder Einrichtung nur empfehlen.“ (sts)  

Die komplette Sendung "Kitaradio" im Münchner Kirchenradio können Sie hier nachhören.