Gepäck für den Jakobsweg

Das gehört in den Pilger-Rucksack

Tagelang mit dem Rucksack auf dem Rücken in Richtung Santiago di Compostela. Da darf das Gepäck natürlich nicht zu schwer sein. Eine Pilgerin gibt Tipps, was unbedingt in den Rucksack muss und auf was verzichtet werden kann.

Für den Jakobsweg, so wenig wie möglich in den Rucksack packen. (Bild: fotolia/Thomas Söllner) © fotolia/Thomas Söllner

Reduzieren, reduzieren, reduzieren – bis es nicht mehr geht!“ Das ist der erste Ratschlag, den ich Heidrun Lieb entlocken kann. Die 37-Jährige ist im vergangenen Jahr den 250 Kilometer langen portugiesischen Jakobsweg gegangen. „Ich würde es sofort wieder machen“, strahlt die Journalistin. Von Mutter Helga hat sie wertvolle Tipps erhalten. Die damals 66-Jährige ist den 760 Kilometer langen „Camino Francès“ gepilgert, trotz schmerzhaftem Muskelfaserriss im Oberschenkel hat sie sich durchgebissen. Für Heidrun nicht nur deshalb „mein großes Vorbild“.

„Als erstes habe ich also meine Mutter um Rat gefragt“, erinnert sich Heidrun Lieb. Gemeinsam haben sie Kleidungsstücke gewogen, „die meisten Dinge hat meine Mutter sofort zur Seite gelegt“. Jedes Teil, das die Journalistin mitnehmen wollte, hat sie in eine Excel-Datei eingetragen. Empfohlen wird maximal zehn Prozent des Körpergewichts auf den Rücken zu schnallen. „Das ist meiner Meinung nach utopisch“, meint Lieb, „mein Rucksack wog 10,76 Kilo, obwohl ich extrem reduziert habe. Es war trotzdem zu viel.“

Handtücher, Seife und ein Luxusgegenstand

Ihr Rucksack mit Regenhülle brachte bereits 1.750 Gramm auf die Waage. Da in den Unterkünften lediglich Betten zur Verfügung stehen, hat Lieb einen Schlafsack sowie ein eigenes Reisekissen (295 Gramm) eingepackt, „das Kissen war aber Luxus, eigentlich brauchst du das nicht“. Mitgenommen hat sie auch zwei Mikrofaser-Handtücher: 12 mal 8 und 12 mal 12 Zentimeter. „Minimalistisch reduziert“, erklärt Lieb, „Körper und Kleidung werden mit Kernseife gewaschen.“ Um Gewicht zu sparen hat sie festes Shampoo eingepackt (zwei mal 15 Gramm) und – Luxus! – einen 325 Gramm leichten Reisefön. „Zuerst haben mich andere Pilger belächelt“, grinst die 37-Jährige, „aber als es einen Tag nur Regenstürme gab, haben sie mir in der Unterkunft den Fön aus der Hand gerissen, um ihre Schuhe zu trocknen.“

Zwei Wanderhosen hat Lieb mitgenommen, zwei T-Shirts, ein Top, eine langärmelige Wanderbluse, eine Fleecejacke, eine Softshelljacke, zwei Paar Socken. „Merino-Wolle wird empfohlen“, sagt Lieb. Wegen des Geruchs. „Die Wanderschuhe sollten gut eingelaufen sein“, rät sie, „keinesfalls ungetragene mitnehmen!“ Schlaf-Shirt und Schlaf-Legging kamen noch dazu sowie zum Essengehen am Abend ein kurzes 131-Gramm-leichtes Kleid. „Goldwert waren Flip Flops und das Paar Espadrillos“, verrät Lieb, „du bist am Abend so froh, wenn du aus den Wanderschuhen rauskommst“.

Heidrun Lieb ist den Jakobsweg gepilgert. Ihr Rucksack wog 10,76 Kilogramm - das war immer noch zu schwer.

Wanderstöcke bringen Rhythmus

Absolutes Muss sind natürlich Zahnbürste und Zahnpasta (zwei kleine), Sonnencreme, Sonnenbrille, Taschenlampe („unbedingt mitnehmen!“), Handy-Ladekabel , Taschenmesser (10 Gramm), „Außerdem habe ich eine 24 Gramm leichte Ein-Liter-Faltflasche mitgenommen, die wird ganz klein, wenn sie leer ist. Die Investition lohnt sich“, zählt Heidrun Lieb auf. Eine Hirschtalgcreme für die strapazierten Füße, ein Arnika-Massage-Öl für die beanspruchten Beine „würde ich unbedingt mitnehmen genauso wie Desinfektionsspray, Mückenspray und Traubenzucker gegen Kreislaufprobleme“. Ganz wichtig seien Druckstellenpflaster. Regenponcho habe sie dabei gehabt, nicht aber eine Regenhose, „das war ein Fehler“. Auch Wanderstöcke würde sie jedem Pilger ans Herz legen, „die schieben dich an, bringen Rhythmus aber auch Abwechslung rein“, weiß Lieb.

Trainieren für den Jakobsweg

Bevor sie sich auf den Jakobsweg gemacht hat, trainierte die 37-Jährige. „Viele Stunden am Stück laufen und auch mal mit dem gepackten Rucksack auf dem Buckel“, rät Lieb. „Das Wochenende vor der Abreise habe ich den Rucksack komplett gepackt und bin gelaufen, mit Gewicht Laufen ist einfach etwas anderes.“ Und dann verrät Heidrun Lieb noch etwas. Ihre Mutter, die erfahrene große-Jakobsweg-Pilgerin, habe ihr in ihre Wanderhose an der Hüfte eine kleine Tasche eingenäht, „für EC- und Kreditkarte, Personalausweis und Bargeld“. „Das war super“, schwärmt Lieb, „dann hat man seine Wertsachen immer am Körper. Auch dafür bin ich meiner Mutter sehr dankbar.“ Diese hat sich übrigens heuer auf die Spuren ihrer Tochter begeben, allein, und ist den portugiesischen Jakobsweg gegangen, 250 Kilometer von Porto nach Santiago de Compostela. Mit 75 Jahren. Alles ist also möglich – nur der Wille zählt! (sh)