Papstreise

Brückenbauer im Irak

Am Freitag morgen ist Franziskus von Rom aus als erster Papst überhaupt in den Irak aufgebrochen. Bei seiner viertägigen Reise sind Besuche an biblischen Orten geplant, aber auch der interreligiöse Dialog liegt dem Kirchenoberhaupt am Herzen.

Seit Wochen wird im Irak, wie hier auf einem Markt in Mossul, für die Papstreise geworben. © IMAGO / ZUMA Wire

Bei seiner Ankunft am späten Freitagvormittag in Bagdad, wird Papst Franziskus dort zunächst nicht als religiöser Führer, sondern als Staatsoberhaupt des Vatikans empfangen. Nach einem Treffen mit Regierungschef Mustafa Al-Kadhimi trifft Franziskus im Präsidentenpalast der irakischen Hauptstadt auf Staatsoberhaupt Präsident Barham Salih. Doch schon am Nachmittag besucht der Papst dann die syrisch-katholische Kathedrale von Bagdad, um sich dort mit Priestern, Ordensleute und Seminaristen auszutauschen. „Das zeigt den Unterschied zwischen seiner Rolle als Staatsoberhaupt und seiner Mission, die Menschen dort zusammenzuführen“, sagt Wolfgang Huber. Der Präsident des päpstlichen Missionswerks missio in München, das auch im Irak aktiv ist, betont, dass der Papst mit seinem Besuch in dem islamischen Land in keinem Fall provozieren will. „Er wie will vielmehr ein Beitrag zu einem Prozess des Frieden und der Versöhnung für ein gelebtes Miteinander leisten.“

Fast 90 Prozent weniger Christen als vor 20 Jahren

Pontifex – also Brückenbauer – will Franziskus bei seiner Irakreise sein. Für ein Treffen mit dem muslimischen Großayatollah Ali as-Sistani fliegt er deshalb am Samstag in die für Schiiten heilige Stadt Nadschaf. Dort war es unter der Herrschaft des sunnitischen Diktators Saddam Hussein immer wieder zu Gewalt gegen die mehrheitlich schiitische Bevölkerung gekommen. „Seine Route führt den Papst ganz bewusst an Orte, wo die Wunden des Landes sind und wo es noch Schwierigkeiten gibt“, sagt Huber. Franziskus wolle den Menschen vor Ort zeigen, wie wichtig es ist, dass es sie gibt.

Dieses Zeichen gilt vor allem den rund 200.000 Christen im Irak. Vor dem dritten Golfkrieg waren es noch knapp zwei Millionen gewesen. Die meisten Verbliebenen sind Katholiken, die der mit Rom unierten chaldäischen Kirche angehören. Als Minderheit sehen sich die irakischen Christen ständiger Gefahr ausgesetzt. „Wir werden weiterhin verfolgt und als Menschen zweiter Klasse im eigenen Land betrachtet“, berichtet der katholisch-chaldäischer Priester Awakem Isleiwa, der in München lebt. Für ihn ist der Besuch des Papstes daher schon jetzt eine starke Botschaft der Solidarität, die den Christen Mut macht. Zugleich erwartet er von Franziskus aber auch, dass er sich ein echtes Bild von der Lage im Land macht – „die Realität spürt und erlebt“. Der Papst solle hundertprozentig mitbekommen, wie das irakische Volk und insbesondere die Christen leiden.

Von Abraham zu einem neuen Miteinander

Nach jahrzehntelanger Diktatur, dem Golfkrieg und dem Kampf gegen den sogenannten islamischen Staat, ringt der Irak nun um gesellschaftliche Stabilität. Dass es die nur durch ein Miteinander der Religionen geben kann, unterstreicht Franziskus mit einem interreligiösen Treffen samstagmittags in der Ebene von Ur – der biblischen Stadt aus der mit Abraham der gemeinsame Stammvater der großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam kommt. Christian Selbherr, der als Journalist mehrfach den Irak für missio bereiste, sieht darin auch ein starkes Zeichen für alle muslimischen Iraker: „Für sie ist dieser Besuch eines so hohen und weltweit respektierten Religionsführers eine enorme Aufwertung ihres Schicksals.“ Geistliche Würdenträger genießen im Irak unabhängig von der Religion großes Vertrauen unter der Bevölkerung.

Podcast-Tipp

Reisewarnung

Der Papst reist in den Irak und die Redakteure von missio München waren schon da.

Mossul, Erbil, Karakosch und Nadschaf sind die Stationen der Papstreise, die die Redakteure des missio-Magazins vor einigen Jahren besucht haben. Im Norden des Irak ist Christian Selbherr der Frage nachgegangen, ob die vom „Islamischen Staat“ vertriebenen Jesiden und Christen wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Barbara Brustlein war mit Peter Scholl-Latour bei hohen geistlichen Würdenträgern in Nadschaf. Beide erzählen von einem Land, in dem das Wunderschöne und der Krieg oft nur wenige Kilometer auseinanderliegen.

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Diesen Einfluss wird Franziskus wohl auch nutzen, wenn er am Sonntag in die Hauptstadt der autonomen kurdischen Region Erbil im Norden des Landes reist. Dort ist die Lage zwischen Christen und Kurden besonders angespannt. „Kurdischen Milizen greifen immer wieder christliche Dörfer an“, berichtet Selbherr, „und das, obwohl die Christen in kurdischen Gebieten vor nicht allzu langer Zeit noch Schutz vor dem IS gefunden haben.“ Franziskus will sich für das gemeinsame Miteinander stark machen und reist deshalb von Erbil auch in die ehemalige IS-Hochburg Mossul um dort für die Opfer des Krieges zu beten.

"Von der Welt nicht alleingelassen"

Die schwierige Lage, in der sich der Irak und insbesondere die Christen vor Ort nach wie vor befinden, wird Franziskus mit einem Besuch nicht lösen können. Awakem Isleiwa misst der Reise aber mindestens große symbolische Bedeutung bei und hofft, „dass die Christen und die Menschen im Irak merken, dass sie von der Welt nicht alleine gelassen werden.“ Die Hoffnungen in den Papstbesuch sind also groß, doch um sie zu erfüllen, hat Franziskus nur knapp vier Tage Zeit, bevor er am Montagmorgen nach Rom zurückkehrt.

DER REISEPLAN DES PAPSTES

Freitag, 5. März 2021

ROM - BAGDAD

7:30 Uhr: Abflug vom Flughafen Rom/Fiumicino nach Bagdad

14:00 Uhr: Landung auf dem Internationalen Flughafen Bagdad

14:00 Uhr: Willkommenszeremonie auf dem Internationalen Flughafen Bagdad

14:10 Uhr: Begegnung mit dem Ministerpräsidenten im VIP-Bereich des Internationalen Flughafens Bagdad

15:00 Uhr: Begrüßungszeremonie im Präsidentenpalast in Bagdad

15:15 Uhr: Höflichkeitsbesuch beim Staatspräsidenten in dessen Büro im Präsidentenpalast in Bagdad

15:45 Uhr: Begegnung mit den Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und mit dem Diplomatischen Korps im Salon des Präsidentenpalasts in Bagdad – Ansprache des Papstes

16:40 Uhr: Begegnung mit den Bischöfen, Priestern, Ordensleuten, Seminaristen und Katecheten in der syrisch-katholischen Kathedrale “Unsere Liebe Frau der Erlösung” in Bagdad - Ansprache des Papstes

Samstag, 6. März 2021

BAGDAD - NADSCHAF - UR - BAGDAD

7:45 Uhr: Abflug nach Nadschaf

8:30 Uhr: Landung auf dem Flughafen Nadschaf

9:00 Uhr: Höflichkeitsbesuch bei Ayatollah Sayyid Ali Sistani in Nadschaf

10:00 Uhr: Abflug nach Nassiriya

10:50 Uhr: Landung auf dem Flughafen Nassiriya

11:10 Uhr: Interreligiöse Begegnung in der Ebene von Ur - Ansprache des Papstes

12:30 Uhr: Abflug nach Bagdad

13:20 Uhr: Landung auf dem Internationalen Flughafen Bagdad

18:00 Uhr: Heilige Messe in der chaldäischen St.-Josefs-Kathedrale in Bagdad – Predigt des Papstes

Sonntag, 7. März 2021

BAGDAD - ERBIL - MOSSUL - KARAKOSCH - ERBIL – BAGDAD

Vormittag

7:15 Uhr: Abflug nach Erbil

8:20 Uhr: Landung auf dem Flughafen von Erbil

8:20 Uhr: Empfang durch den Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan und durch Religionsführer und Vertreter des öffentlichen Lebens

8:30 Uhr: Begegnung mit dem Präsidenten und dem Premierminister der Autonomen Region Kurdistan im VIP-Bereich des Flughafens Erbil

9:00 Uhr: Abflug im Helikopter nach Mossul

9:35 Uhr: Landung auf dem Landefeld in Mossul

10:00 Uhr: Gebet für die Kriegsopfer am Hosh al-Bieaa (Kirchplatz) in Mossul – Gebet des Papstes

10:55 Uhr: Abflug im Helikopter nach Karakosch

11:10 Uhr: Landung auf dem Landefeld von Karakosch

11:30 Uhr: Besuch bei der Gemeinschaft von Karakosch in der Kirche der Unbefleckten Empfängnis in Karakosch - Ansprache des Papstes; Angelus

12:15 Uhr: Weiterfahrt nach Erbil

16:00 Uhr: Heilige Messe im “Franso Hariri”-Stadion in Erbil – Predigt des Papstes

18:10 Uhr: Abflug nach Bagdad

19:15 Uhr: Landung auf dem Internationalen Flughafen Bagdad

Montag, 8. März 2021

BAGDAD - ROM

9:20 Uhr: Abschiedszeremonie auf dem Internationalen Flughafen in Bagdad

9:40 Uhr: Abflug nach Rom 

12:55 Uhr: Landung auf dem Internationalen Flughafen Rom/Ciampino

Quelle: Vaticannews

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
k.bauer@michaelsbund.de