Hostienbäckerei

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Im Pfarrhaus in Nandlstadt stellt Pfarrer Stephan Rauscher Hostien mit besonderen Motiven per Hand her. Auch Papst Benedikt XVI. ist ein Fan und Abnehmer der Hostien aus dem Pfarrverband Holledau.

Pfarrer Stephan Rauscher in seiner Hostienbäckerei © Kiderle

Nandlstadt – Als Erstes kommt Bienenwachs auf das Backeisens. Vorsichtig verstreicht Pfarrer Stephan Rauscher es auf der vorgeheizten Platte, dann erst verteilt er einen großen Schöpfer Teig darauf. Mit einem Ruck verschließt er den Deckel und sofort zischt es laut, die überschüssige Mischung aus Weizenmehl und Wasser quillt an den Seiten des Hostienbackeisens hervor. Der restliche Teig bäckt bei einer Temperatur von etwa 140 Grad –weder zu heiß noch zu kalt darf es sein. Eine gute Portion Feingefühl ist für die Herstellung von Hostien gefragt, Zutaten braucht es dagegen nur wenige: Der zähflüssige Teig besteht lediglich aus Wasser und Weizenmehl, mehr darf nach kirchlicher Vorschrift nicht rein. „Die richtige Mischung macht´s natürlich aus – aber die verrate ich nicht“, sagt Pfarrer Rauscher und grinst.

Seit 2014 stellt er die Hostien für den Pfarrverband Holledau selbst her. Schon als Kind haben ihn die verschiedenen Prägungen auf den Oblaten fasziniert, erzählt er. Oft habe er sogar dem Pfarrer ein passendes Motiv für den Gottesdienst ausgesucht. Als nach der Renovierung des Pfarrhauses in Nandlstadt ein Kellerraum frei war, hat sich der Pfarrverbandsleiter zusammen mit einem Bekannten eine Hostienbäckerei eingerichtet. Es ist die einzige im Erzbistum München und Freising. Mit einem kleinen und einem großen Backeisen haben sie angefangen, mittlerweile ist das Souterrain-Zimmer mit neun Stück gut gefüllt. „Dass es so viele geworden sind, ist natürlich eine kleine Spinnerei“, gibt der 41-Jährige zu.

Ausdruck des Glaubens

Unverzichtbares Accessoire beim Backen ist für ihn die schwarz-weiße Schürze, die er sich über den Talar angezogen hat. Etwa eine Minute lässt er den Teig im Backeisen, bevor er den schweren Deckel anhebt. „Schauen wir mal…“ Vorsichtig löst er den Hostienkuchen von der oberen Platte, in die die Motive eingefräst sind – etwas Glück gehört auch dazu, dass der nicht anklebt, bricht oder zu braun wird. „Die ist was geworden. Wenn man es öfter macht, bekommt man ein Gespür dafür“, bemerkt Pfarrer Rauscher zufrieden. Auf dem circa 30 Zentimeter großen Hostienkuchen sind die vielen dreidimensionalen Motive in unterschiedlichen Größen gut erkennbar: Ganz klassisch sind Kreuz, Christusmonogramm und Osterlamm dabei, aber auch aufwendigere Motive werden in die Hostien gebacken wie etwa Darstellungen des guten Hirten oder der Brotvermehrung samt Fischen und Körben. Alle Feste des Kirchenjahrs sind in den knapp 50 verschiedenen Prägungen dargestellt. „Mir gefallen ja alle. Aber was ich besonders gern mag, ist ein Symbol, das ursprünglich aus den Katakomben stammt“, erklärt Pfarrer Rauscher. Dort faszinierten ihn die Hoffnungssymbole: Anker, Kreuz und Siegeskranz sind auf der Hostie zu sehen als Zeichen für Glaube, Hoffnung und Liebe.

Hostien mit dreidimensionalen Motiven sind rar auf dem Markt – auch ein Grund, warum Pfarrer Rauscher sie jetzt selbst herstellt. „Wenn ich zelebriere und das Kreuz auf den selbstgemachten Hostien sehe, dann wird mir neu bewusst, was ich eigentlich feiere: Tod und Auferstehung Jesu. Ich weiß, es ist kein Brot mehr, sondern Christus ist unter uns.“ Entscheidend sei ja nicht der Geschmack der Hostie, sondern der Ausdruck des Glaubens während der Eucharistiefeier: „Der Verstand kann das nicht begreifen, aber das Herz spürt: Gott ist da. Und dann nehme ich für die Hostien auch nicht irgendwas her.“ Pfarrer Rauscher ist überzeugt, dass auch die Gläubigen spürten, wenn die Eucharistie bewusst gewürdigt werde.

Eine heilsame Arbeit

Mittlerweile sind die Hostienkuchen ausgekühlt, und der Geistliche legt sie für einige Stunden in den sogenannten Hostienbefeuchter. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit in dem Schrank werden die Oblaten glatt und können gut geschnitten werden, ohne zu brechen. Mit einem der Hostienkuchen aus den vielen Etagen setzt sich der Seelsorger an das Gerät zum Ausstanzen, das aussieht „wie eine alte Nähmaschine, wie sie die Oma noch hatte“, beschreibt Pfarrer Rauscher. In gleichmäßigem Rhythmus tritt er mit dem Fuß auf das Pedal, das den Stanzer hebt und senkt. Die kleinen Hostien fallen dann in die Schublade des Tisches. Rund 35.000 Stück braucht der Pfarrverband Holledau pro Jahr, hinzu kommen zahlreiche Bestellungen von Bekannten aus ganz Deutschland. Sogar der emeritierte Papst Benedikt XVI. findet Gefallen an den besonderen Motiven. „Wenn einer von uns nach Rom fährt, bringen wir ihm immer ein Päckchen vorbei“, erzählt Pfarrer Rauscher.

Von den etwas größeren Priesterhostien braucht es im Pfarrverband jährlich rund 1.000 Stück. Größer sind diese lediglich, um während der Eucharistie gut erkennbar zu sein. Zum Ausstechen der Priesterhostien benutzt Pfarrer Rauscher ein Handeisen, das er konzentriert auf den Hostienkuchen drückt. „Es ist oft eine sehr meditative Arbeit und das Schöne ist: Man sieht was. In der Seelsorge redet man oft den ganzen Tag und weiß nicht, ob es was gebracht hat. Und wenn man unsicher ist, geht man nachts hier herunter, schneidet 500 Hostien aus und weiß: Ich habe was Sichtbares getan.“ Das Backen sei für ihn eine heilsame Arbeit, ein Ausgleich zum Alltag. Und es brauche kein großes Können, dafür aber Leidenschaft.

Was beim Ausstechen übrigbleibt, bekommen beispielweise die Ministranten – Pfarrer Rauscher empfiehlt ihnen die Hostienreste gerne mit warmer Nussnougatcreme. Oder er schiebt sich selbst während der Herstellung immer wieder ein Stück vom gebrochenen, noch warmen Hostienkuchen in den Mund. „Direkt nach dem Backen schmeckt´s am besten.“ (Hannah Wastlhuber, Volontärin beim Michaelsbund)

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