Mönch ist Imker

Artenschutz mit Wachs und Honig

Frater Vitalis Sittenauer hat im Sommer ungefähr eine Million Mitarbeiter. Der Ettaler Klosterbruder ist Imker in der Benediktinerabtei und hütet 32 Bienenvölker. Um die muss er sich Sorgen machen. Denn die Biene ist nicht nur beim Honigsammeln im ständigen Stresstest.

Ohne Bienen gäbe es geringer Ernten. (Bild: imago) © imago

Ettal – Frater Vitalis beugt sich mit einer Art kleinem Metall-Rechen über eine Honigwabe. Er entdeckelt. Das heißt er löst das Wachs ab, mit dem die Bienen die Honigwaben verschließen. Das abgelöste Wachs sammelt Bruder Vitalis zum Kerzengießen. Dann steckt Frater Vitalis die von einem Holzrahmen zusammengehaltenen Bienenwaben in eine Schleudermaschine. Nach zwei Minuten kommt der Honig aus einem Ausgussloch. Es ist ein gutes Honigjahr. Etwa 250 bis 300 Kilo kann er heuer über den Klosterladen verkaufen. Dafür muss der Klosterbruder jede Menge tun. Mehrmals in der Woche geht er in sein Bienenhaus. Dort sind 32 Bienenstöcke untergebracht. Zu Hunderttausenden summen und fliegen die Insekten ein und aus. Frater Vitalis beobachtet sie genau und sorgt sich um seine Völker. Er hat schon einige durch die Varroa verloren. Seit den 1980er Jahren hat diese eingeschleppte Milbe die Bienenvölker in Deutschland stark reduziert. Im Bienenhaus riecht es ein wenig streng. Frater Vitalis zieht sich einen Gesichtsschutz über – gegen Bienenstiche und Handschuhe, denn er hantiert mit kleinen brauen Flaschen und ätzender Flüssigkeit.

Ohne chemische Keule

„Ich füll´die Flaschen auf zur Ameisensäure-Behandlung. Die wird zur Verdampfung in die Bienenstöcke eingebracht, um die Varroa unschädlich zu machen“, erklärt der Bendiktiner. Die auf Schwammtüchern aufgetragene Ameisensäure ist eine biologische Schädlingsbekämpfung. Den Bienen schadet sie nicht. Und Frater Vitalis hat damit Erfolg. Es gibt aber noch einen anderen Feind für die Bienen. Das sind die Nikotinoide in den Pflanzenschutzmitteln: „Das ist für die Biene ein Nervengift und wirkt so, dass sie nicht mehr nach Hause findet. Da brechen ganze Völker zusammen.“ Mit Nikotinoiden muss Frater Vitalis zum Glück nicht kämpfen. Die Benediktiner-Abtei Ettal betreibt eine ökologische Landwirtschaft ohne chemische Keule und mit entsprechender Vielfalt. 500 Blütenarten finden Lebensmitteltechniker in den Honigsorten von Frater Vitalis.

Sicher im Bienenhaus - Frater Vitalis im Schutz der Muttergottes und des Imkerschleiers. (Sankt Michaelsbund/Wojtkowiak)
Sicher im Bienenhaus - Frater Vitalis im Schutz der Muttergottes und des Imkerschleiers. (Sankt Michaelsbund/Wojtkowiak)

Die Biene als Gottesbeweis

Seit über einem halben Jahrhundert ist der 56jährige bereits Imker. Sein erstes Bienenvolk hat der Bauernsohn schon als Kindergartenkind bekommen. Seinen Führerschein hat er sich durch Honigverkauf verdient.Aber dem Mönch bedeuten die Bienen viel mehr. Für ihn sind sie fast eine Art Gottesbeweis: „Wenn man die Viecherl betrachtet, dann sieht man erst, wie wunderbar das alles vom Schöpfer ausgedacht ist. Wer da noch an einen Zufall glaubt, ist auf dem Holzweg.“Nicht von ungefähr ist die Biene ein wichtiges religiöses Symbol. In den Klöstern wird sie seit Jahrhunderten gehegt und gepflegt. Aber natürlich nicht nur zur frommen Erbauung: „Tradition hat es allein schon von daher, dass die Klöster früher viel Bienenwachs brauchten für die Kerzenproduktion.“ In der Ettaler Klosterkirche duftet es im Chorraum bis heute immer leicht nach Bienenwachs. Denn mit seiner Ausbeute gießt Frater Vitalis die Altarkerzen. Jede ist so schwer wie drei Milchflaschen und brennt eine Woche lang. Das von dem Klosterbruder geerntete Wachs ist so rein, dass er damit sogar Arzneimittel herstellen darf. Denn künstliche Zusätze kommen Frater Vitalis nicht ins Bienenhaus.

Horror-Szenario: Eine Welt ohne Bienen

Wachs und Honig sind aber eher Nebenprodukte, die die Insekten dem Menschen liefern. Viel wichtiger ist die Bestäubung der Pflanzen, ohne Biene gäb es schlicht geringere Ernten: „Dann könnten wir uns mit Fasten und Hungern über Wasser halten“, sagt der Mönch trocken. Es gibt Biologen, die sagen: Zuerst stirbt die Biene, dann der Mensch. So wichtig ist sie für die Nahrungsmittelproduktion, die Artenvielfalt und das ökologische Gleichgewicht. 2015 haben die Imker in Deutschland rund ein Fünftel ihrer Bienenvölker vor allem durch die eingeschleppte Varroa-Milbe, aber auch durch Unkrautvertilgungsmittel verloren. Und Frater Vitalis gruselt es, wenn er sich eine Welt ohne Bienen vorstellt: „Das ist ein Horrorszenario. Ohne dieses kleine Insekt würde wenig funktionieren.“ Mit diesem Respekt vor den kleinen Tierchen geht Frater Vitalis fast jeden Tag ins Bienenhaus und tut sein Bestes, damit´s den Bienen in Ettal gut geht: „Das ist wie Freunde besuchen.“ Wenigstens sticht ihn keiner seiner Freunde an diesem Tag. Denn solche Attacken kommen vor. Das tut dem Klosterbruder vor allem wegen der Biene leid. Wenn sie einen Menschen sticht, reißt sie ihren Stachel aus und stirbt. Wenn dem Benediktinermönch eine zu nahe kommt, wischt er sie ganz sanft fort. (alb)

Tipp für den eigenen Garten
"Es gibt vieles, was im eigenen Garten tun oder lassen kann, manchmal ist es vorallem ein lassen, um Artenvielfalt zu fördern. Das fängt bei ganz trivialen Dingen an: Bitte schmeißt eure Thujen- und Zypressenhecken raus und ersetzt sie einfach durch Blühsträucher. Ob gelb, ob rot, ob weiß ist völlig egal, Hauptsache es ist ein Gehölz, das irgendwann mal blüht und keine Thuje, die so giftig ist, dass sie die Wertstoffhöfe als Sondermüll entsorgen." (Prof. Gerhard Haszprunar, Direktor der Zoologischen Staatssammlung München)

Der Heilige Ambrosius von Mailand, Statue in Sankt Peter am Wimberg(wikipedia/Wolfang Sauber)
Der Heilige Ambrosius von Mailand, Statue in Sankt Peter am Wimberg(wikipedia/Wolfang Sauber)

Der Heilige mit dem Bienenstock

Ambrosius hat so viel geschrieben und gepredigt und war so fleißig wie die Bienen und hat deshalb einen Bienenstock als Kennzeichen oder Attribut bekommen. Der Heilige ist auch Schutzpatron der Imker und da gibt’s eine schöne Legende dazu. Als Ambrosius noch ein Kind war, soll sich ein Bienenschwarm auf seinem Gesicht niedergelassen haben. Die Bienen sind vorsichtig in seinen Mund gekrochen und haben es mit Honig genährt, so die Legende. Deshalb soll auch die Rede des Heiligen Ambrosius von so großer Süßigkeit gewesen sein. Ambrosius hat das Idealbild der Kirche auch mit einem Bienenstock verglichen. Beharrlich und treu arbeiten die Bienen an einem gemeinsamen Ziel. Daraus entsteht dann etwas ganz feines, der Honig. So wie durch einträchtige Christen das Reich Gottes heranwächst.

Biene als christliches Symbol

Zumindest einmal im Jahr hört jeder Gottesdienstbesucher an ganz prominenter Stelle von den Bienen, in der Liturgie zur Osternacht. Dort haben sie im Jubelgebet zum Beginn, also im Exultet ihren Platz. Da heißt es: „Nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe! Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet“. Die Biene ist zudem ein Mariensymbol, insbesondere für die Jungfrauengeburt. Denn früher glaubte man irrtümlich, diese Tiere würden sich geschlechtslos fortpflanzen. Sie ist aber auch deshalb Sinnbild des Heiligen Geistes, weil sie nur von Blüten lebt und alles Unreine meidet.
Die Biene ist übrigens auch das Wappentier eines Papstgeschlechtes, der Barberini. Eine Kirche in Rom, Sant´Ivo all Sapienza ist im Grundriss sogar einer Biene nachbildet, zu Ehren des Barberini-Papstes Urban VIII.

Bienen in der Bibel

Im Neuen Testament kommen die Tiere auffälligerweise nicht vor. Nur ab und zu ist vom Honig zu lesen, zum Beispiel, dass sich Johannes der Täufer von wildem Honig ernährt. Und am Ende des Lukas-Evangelium wird dem auferstandenen Jesus, Fisch mit Honigseim vorgesetzt, klingt ganz schmackhaft. Im Alten Testament ist dagegen immer wieder ausdrücklich von Bienen die Rede. Etwa im Buch Deuteronomium oder in den Psalmen. Sie schildern die Bienen immer wieder als ziemlich aggressive Wesen, die schmerzhaft zustechen können. Da sind sie also auch ein Bild für Feinde. Aber es gibt rundherum Anerkennung für den Honig, den sie herstellen.

Das Münchner Kirchenradio bringt am Freitag (19.8.) in seinem Programm einen Schwerpunkt zum Thema Bienen und Artenvielfalt. Zwischen 10-11 Uhr, 16-17 Uhr und 19-20 Uhr. Unter anderem ist dort eine Reportage über den Bienenzüchter Frater Vitalis und ein Beitrag mit dem Dirketor der zoologischen Sammlung, Gerhard Haszprunar, zu hören.