Für eine "Kirche mit Zukunft"

300 Menschen umarmen den Dom

"Wir sind die Veränderung, die wir uns für unsere Kirche wünschen": Diese Motivation teilten die Teilnehmerinnen der Kundgebung. Ein Vorbild sei Hildegard von Bingen.

Schon bei der Herbstversammlung der Deutschen Bischofskonferenz demonstrierten Frauen für Gleichberechtigung in der katholischen Kirche. © Julia Steinbrecht/KNA

München – Unter dem Motto "Frauen erheben die Stimme - für eine Kirche mit Zukunft" sind am Sonntag in München rund 300 Frauen sowie vereinzelt Männer auf die Straße gegangen. Der Protest fand in Form einer Kundgebung samt Wallfahrt in der Innenstadt statt. Zum Abschluss bildeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Menschenkette rund um den Liebfrauendom, wobei sie ihn sinnbildlich "umarmten". Außerdem wurden Transparente hochgehalten mit Aufschriften wie "Wir sind die Veränderung", "Wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht" oder "Girls just wanna have fundamental rights".

Längst überfällige Reformen

Veranstalter waren unter anderem die Ordensfrauen für Menschenwürde, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, das Catholic Women's Council, der Katholische Deutsche Frauenbund, die Initiative "Wir sind Kirche" und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands kfd. Schwester Karolina Schweihofer von den Missionarinnen Christi sagte bei der Kundgebung, katholische Frauen und solidarische Männer setzten mit ihrer Teilnahme ein Zeichen. Sie fragten nicht mehr nach der Zukunft, sondern gestalteten sie selbst, denn: "Wir sind die Veränderung, die wir uns für unsere Kirche wünschen."

Weiter betonte die Ordensfrau, man stehe hier für die Würde eines jeden Menschen, für Solidarität mit den Geflüchteten und vor allem für längst überfällige Reformen in der Kirche. Dazu zählten insbesondere ein gleichwertiges Miteinander von Frauen und Männern, die konsequente Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, eine überfällige Überarbeitung der kirchlichen Sexuallehre sowie die Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und Funktionen.

Starke Frauen in der Kirchengeschichte

Die Tutzinger Missionsbenediktinerin Ruth Schönenberger erinnerte zudem an "starke Frauen" in der Kirchengeschichte. Dazu gehöre etwa Hildegard von Bingen. Diese habe als Gründerin von zwei Klöstern den Mund aufgetan und den Mächtigen sowohl in der Kirche als auch in der Politik die Leviten gelesen. Sie habe Skandale aufgedeckt und in Briefen sowie Predigten auch Missbrauch angeprangert. Schon früh habe Hildegard außerdem von Ganzheitlichkeit und Umwelt geredet.

Lange aber sei diese Frau von der Kirche nicht als Heilige anerkannt, so Schwester Ruth. Es habe sieben Versuche bedurft, bis es 2012 endlich soweit gewesen sei. Mit Hildegard seien heute insgesamt vier Frauen, die zu den 36 Kirchenlehrern offiziell zählten. "Davon wünsche ich mir mehr in unserer Kirche." Und als Ordensfrau hatte die Benediktinerin noch einen weiteren, ganz konkreten Wunsch: "Ich wünsche mir eine Kirche, in der ich mit meinen Mitschwestern Eucharistie feiern kann, ohne einen Mann dazu bitten zu müssen." (kna)