Korbinian-Musical in Freising uraufgeführt

Wunder im Walzertakt

Er swingt mit dem Bären, tanzt mit der verführerischen Herzogin Pilitrud Tango und wirkt Wunder im Dreivierteltakt: Bei der Uraufführung von „Korbinan – das Musical“ auf dem Freisinger Marienplatz trat der Bistumspatron erfrischend modern auf.

Korbinian, alias Thomas Hofstetter, wagt ein Tänzchen mit dem Bären und den Nornen. (Bild: Robert Kiderle) © Robert Kiderle

Freising – Wie bestellt schlug die Turmuhr der St.-Georgskirche und verklang unter dem Freisinger Abendhimmel, als sich der schicksalhafte Moment ereignete: Weil Korbinian mit den Bewohnern Arpajons seine Einladung nach Rom feierte, kommt er zu spät zu einer Verabredung mit seinem Onkel, den er nach einem Überfall sterbend vorfindet. Dies kann Korbinian sich nicht verzeihen. Daran entzündete sich der Hauptkonflikt des Stücks von Schuld und Vergebung, von Hauptdarsteller Thomas Hofstetter stimmlich und schauspielerisch ausdrucksstark entwickelt. Gemeinsam mit ihm erweckten mehr als 130 Mitwirkende aus dem Chor „Freysinglarks“ sowie weiteren Ensembles und Solisten aus der Domstadt und darüber hinaus den heiligen Korbinian wieder zum Leben – rund 1.300 Jahre, nachdem der Wanderbischof von Frankreich nach Freising gekommen war.

Eine Schlüsselszene war auch Korbinians Bischofsweihe am Ende des ersten Aktes, für die sich bei der Premiere Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher höchstpersönlich die Papst-Tiara aufsetzte. Doch bis es so weit war, rang der bescheidene Korbinian mit dem Bischofsamt. Dies gipfelte in einer der bewegendsten Nummern: „Ich weine nicht, ich klage nicht. (…) Ich trete vor dein Angesicht, mein Gott, ich füge mich.“

"Mensch zu sein, heißt Vergeben und Verzeih'n"

Die Schlaglichter aus Korbinians Hagiographie – darunter im zweiten Akt auch der Konflikt mit Herzog Grimoald oder die Erweckung der Quelle – hatte Autor Stephan Schwarz gut gewählt, um sie für die Musicalbühne zu übersetzen. Für fragende Gesichter sorgten allerdings drei Nornen, Schicksalsgöttinnen, die Korbinian durch die Geschichte begleiten. Warum dieser Ausflug in die nordische Mythologie? Dramaturgisch zwar ein schönes Element, aber Engel hätten wohl besser zum Sujet gepasst.

Die Musik aus der Feder von Johannes Rothenaicher jagte launig und gekonnt durch die Genres, von kirchenmusikalischen Anleihen bis zu Walzer und Blues. Berührend wurde sie vor allem dann, wenn sie zu ihrem eigenen Stil fand. Vergeblich wartete man aber auf konsequent mittelalterliches Flair, auch wenn Mitglieder der Landshuter Hofkapelle mit ihren historischen Instrumenten im Ensemble waren.

Das Bühnenbild beschränkte sich auf drehbare Elemente, mit denen die Szenerien reduziert angedeutet wurden. Die Kostüme erzeugten sanfte Historizität, auch die Tanzelemente waren ästhetisch-schlicht. Dies passte in das klare Gesamtkonzept der Inszenierung, für die man in Freising ein erneutes Mal Maximilian Widmann als Regisseur geholt hatte.

Ungewohnt für ein Musical, rückte damit tatsächlich die Handlung in den Mittelpunkt. Vielleicht ein didaktischer Anspruch der Freisinger, um „ihren“ Heiligen dem heutigen Publikum zu vermitteln? Gelungen scheint es den engagierten Mitwirkenden zu sein, wie man am Applaus ablesen konnte. Besonders viel gab es auch für Chor, Band und Orchester unter Leitung von Intendant Norbert Huber.

Allerdings warfen die Münchner Ereignisse auch auf die weiteren Aufführungen ihre Schatten. Mit Schweigeminuten wurde der Opfer gedacht. Tröstlich war es, wenn Korbinian zum Schluss, nachdem er sich selbst vergeben konnte, sang: „Wenn uns die Welt auch manchmal hart und grausam scheint, bleibt die Gewissheit die uns alle eint! (…) Mensch zu sein, heißt Vergeben und Verzeih’n!“ (Karin Basso-Ricci)

 

Foto: Kiderle