30 Jahre nach Tschernobyl

Wohlstandsverlust und Gedenken an die Menschen

Die Reaktorkatastophe von Tschernobyl im Jahr 1986 habe nicht nur Auswirkungen auf die direkt davon betroffenen Menschen gehabt, sondern auch zu einem Wohlstandsverlust in der Ukraine geführt, sagen Wissenschaftler. Auch Papst Franziskus erinnerte an das Unglück.

(Bild: bierwirm-fotolia.com) © Bierwirm

Eichstätt - Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 30 Jahren hat nach aktuellen Forschungsergebnissen zu einem enormen Wohlstandsverlust in der Ukraine geführt. Das Unglück habe weite Teile der Bevölkerung verunsichert und sich negativ auf die mentale Gesundheit von Millionen Menschen ausgewirkt, schreiben die Volkswirte Natalia und Alexander Danzer in einer Studie, über die die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) kürzlich informierte. Dies treffe auch auf die breite Masse der Bevölkerung zu, die nicht gesundheitlich bedenklichen radioaktiven Strahlen ausgesetzt gewesen sei.

Die Forscher beziffern den Wohlstandsverlust auf vier bis acht Milliarden US-Dollar. Diese Kosten in Höhe von drei bis sechs Prozent des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts müssten zu den Aufwendungen hinzugerechnet werden, die die Ukraine jährlich zur Sicherung des zerstörten Kraftwerks und seiner Umgebung sowie für direkt Betroffene ausgebe.

Bei der Auswertung einer repräsentativen Langzeitbefragung aus den Jahren 2003 bis 2007 zum psychischen Wohlbefinden habe sich gezeigt, dass bei vielen Ukrainern die Lebenszufriedenheit gelitten habe. Sie befürchteten, im Durchschnitt drei Jahre kürzer zu leben und hätten chronische Angstgefühle sowie Depressionen. Die unzureichende Aufklärungsarbeit der Behörden sei zu einem "idealen Nährboden für Gerüchte über mögliche gesundheitliche Folgen" geworden, so die Autoren. Die Berechnungen zeigten, dass sich die staatlichen Katastrophenausgaben wegen der vormals ignorierten mentalen Kosten verdoppelt hätten."

Soziale Wohlfahrtsverluste im Katastrophenfall müssten daher in realistische und umfassende Kosten-Nutzen-Analysen der Energieerzeugung miteinfließen", so das Resümee der Autoren. Alexander Danzer lehrt an der KU Eichstätt, Natalia Danzer ist stellvertretende Leiterin des Zentrums für Arbeitsmarktforschung und Familienökonomik am Münchner ifo-Institut.

Papst Franziskus hat zum 30. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl an die Tragödie vom 26. April 1986 erinnert. "Wir erneuern unsere Gebete für die Opfer dieses Unglücks und drücken den Helfern unsere Anerkennung aus und allen Initiativen, die versucht haben, die Leiden und die Schäden zu lindern", sagte Franziskus am Mittwoch bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz in einem Gruß an Besucher aus der Ukraine und Weißrussland.

Zum Gedenken an das Unglück von Tschernobyl an der ukrainisch-weißrussischen Grenze war eine Gruppe von Helfern und Geistlichen aus der Ukraine zur Papstaudienz nach Rom gereist. Die rund 60 Personen wollten ein Zeichen "gegen das Verdrängen und Vergessen" des Atomunfalls und seiner Folgen setzen, teilte das Internationale Begegnungs- und Bildungswerk (IBB) als Mitinitiator im Vorfeld mit. Zu den Teilnehmern zählten demnach die römisch-katholischen Erzbischöfe von Lviv (Lemberg), Mieczyslaw Mokrzycki, und von Minsk-Mohilev, Tadeusz Kondrusiewicz, sowie weitere hochrangige Vertreter der griechisch-katholischen und der evangelisch-lutherischen Kirche. (kna)