Meinung
Katholikentag in Leipzig

Wo ein Leben ohne Gott normal ist

Katholikentag in der Diaspora: Kapuzinerbruder Stefan Walser hat schon als Seelsorger in Leipzig gearbeitet. Warum er nun zur katholischen Großveranstaltung gerne dorthin zurückkehrt, beschreibt er hier.

Kapuzinerbruder Stefan Walser ist Kaplan im Pfarrverband Isarvorstadt in München. (Bild: Sankt Michaelsbund/Schlaug) © Sankt Michaelsbund/Schlaug

Der hundertste Katholikentag findet in Leipzig statt. Vergangenen Sommer durfte ich einige Monate als Seelsorger in dieser Stadt arbeiten. Ich habe mir die Diaspora, genauer die neue Leipziger Propsteikirche, bewusst ausgesucht, um Einblicke in die kirchliche Situation im Osten zu bekommen. Da mein Praktikumsbegleiter auch der Bistumsbeauftragte für den Katholikentag war, bekam ich interessante Einblicke im Vorfeld.

Die Katholikinnen und Katholiken in Leipzig freuen sich auf dieses Großereignis und haben sich mit riesigem Engagement darauf vorbereitet. Doch wurde früh klar, dass auf Leipzig nicht einfach das Konzept von Mannheim oder Regensburg übertragbar ist.

Woher sollen die 3.000 katholischen Gastfamilien kommen, bei Gemeinden mit ein paar hundert Katholiken? Auch war es nicht einfach, öffentliche Einrichtungen wie etwa Schulen davon zu überzeugen, für eine religiöse, zudem katholische Veranstaltung Platz zu machen. Ich habe erlebt, wie bisweilen aus der Not eine Tugend wurde. Die zahlenmäßig etwas stärkere evangelische Kirche hat ihre geschwisterliche Hilfe angeboten. Am „Abend der Begegnung“ wird sich dieses Mal nicht das gastgebende Bistum allein, sondern alle ostdeutschen Diözesen gemeinsam vorstellen.

Programmtipp

Ich freue mich mit den Leipziger Katholiken und werde im Jugendzentrum (in einer evangelischen Kirche) mithelfen. Das Veranstaltungsprogramm ist beeindruckend. Mein Programmtipp wäre das Podium „Ich glaub' nichts, mir fehlt nichts!“

Neben der Ökumene ist der Dialog mit den Nichtglaubenden für mich das spannendste Thema dieses Katholikentags. Ein Leben ohne Gott ist in Leipzig normal. Ich bin gespannt, wie die „normalen“ Leipziger auf fünf Tage katholischen Ansturm reagieren und wie ihnen die Scharen von Gläubigen, Theologen und Bischöfen bekommen.

Denn bisher war in Leipzig kaum vorstellbar, dass neben der Buchmesse auch eine katholische Messe zehntausende Besucher anzieht. (Bruder Stefan Walser)