Als der Satiriker Jan Böhmermann 2016 eine „Schmähkritik“ gegen den türkischen Präsidenten Erdoğan verlas, entbrannte in Deutschland eine Diskussion: Was darf Satire? Dürfen Kunst und Satire im Namen der Kunstfreiheit grenzenlos beleidigen? Die Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit Religion. „Blasphemie“ nennt man es, wenn jemand eine religiöse Überzeugung beschimpft. Was dabei erlaubt ist und was nicht, ist schwer einzuschätzen: Nach § 166 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) wird bestraft, wer „den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Es fällt auf: Das Beschimpfen allein genügt nicht. Wer Gott lästert, begeht zunächst noch keine Straftat – die Beschimpfung muss auch geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören.
Gotteslästerung ist nicht unbedingt eine Straftat
§ 166 StGB ist notwendig, weil die Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses keine Beleidigung nach § 185 StGB darstellt: Adressat einer Beleidigung kann nur ein „lebender Ehrenträger“ sein – ein Mensch also, nicht Gott oder religiöse Traditionen. Das Strafrecht offenbart nun ein Bewusstsein dafür, dass die Verletzung religiöser Gefühle zu Unfrieden führen kann: Wer etwa Sachen zerstört, die zur Religionsausübung dienen, begeht nicht nur eine Sachbeschädigung, sondern eine gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 Abs. 1 StGB). Ähnlich bei der „Blasphemie“: Die öffentliche Beschimpfung Gottes kann zur Unruhe führen und ist daher unter Strafe gestellt. Das Schutzgut ist aber nicht die Ehre Gottes, sondern der öffentliche Friede!
Dabei darf natürlich die Meinungsfreiheit nicht unberücksichtigt bleiben. Das Grundgesetz (GG) schützt die freie Meinung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) ebenso wie die Kunst (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG). Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht seine „Wechselwirkungslehre“ entwickelt: Nicht jede herabwürdigende Meinung darf gesagt werden, nicht jedes beleidigende Anliegen durch künstlerische Gestaltung verbreitet werden; vielmehr müssen auch diese Rechte im Licht der Verfassung und der Rechte anderer interpretiert werden.