Kongress von „Miteinander für Europa“

Wie in einer guten Ehe

Der evangelische Pfarrer Thomas Römer aus München ist Mitglied des Internationalen Leitungskomitees von „Miteinander für Europa“. Im Interview äußert er sich zur Ökumene und zum Kongress von „Miteinander für Europa“ vom 30. Juni bis 2. Juli in München.

Der Kongress endet am Samstag, 2. Juli, mit einer Kundgebung am Stachus. (Bild: Graf) © Graf

mkn: Was verbirgt sich hinter dem Netzwerk „Miteinander für Europa“?

RÖMER: Das ist eine Vernetzung von vielen christlichen Gemeinschaften und Bewegungen, die in den vergangenen 15 Jahren entstanden ist. Sie ist das Ergebnis eines Versöhnungsprozesses. Wir haben gemerkt, dass wir miteinander und nicht gegeneinander wirken wollen. Wir wollen das Gebot Jesu leben, einander zu lieben, und zwar über die eigene Gemeinschaft hinaus. Nach außen sichtbar wurde das Netzwerk zum ersten Mal 2001 in München mit einem Treffen unter dem Motto „Miteinander – wie sonst?“.

 

mkn: In München veranstalten Sie nun am ersten Juli-Wochenende einen hochkarätig besetzten Kongress mit anschließender Kundgebung. Wie kam es dazu?

RÖMER: Wir haben in Stuttgart und Brüssel schon insgesamt drei solcher Großveranstaltungen organisiert. Bewusst im Jahr 2016, unmittelbar vor dem Gedenken an die Reformation, möchten wir jetzt unsere Erfahrungen der Versöhnung anbieten und zeigen, dass ein Miteinander der verschiedenen Christen möglich ist.

 

mkn: Wie sieht das Programm aus und an wen richtet es sich?

RÖMER: Am Donnerstag und Freitag findet ein Kongress für die Mitarbeiter der Gemeinschaften statt. Im Mittelpunkt stehen die Themen Versöhnung und die aktuellen Herausforderungen in Europa. Am Freitagnachmittag öffnet sich der Kongress und es gibt 17 hochkarätig besetzte Podien zu verschiedenen Themen. Am Samstagvormittag werden ökumenische Gebete verschiedener Gemeinschaften in mehreren Sprachen angeboten. Um 14 Uhr folgt eine öffentliche Abschlusskundgebung zum Thema „500 Jahre Trennung sind genug – Einheit ist möglich!“. Wir freuen uns, dass Papst Franziskus zu diesem Anlass eine Videobotschaft geschickt hat, in der er uns unmittelbar ansprechen wird.

 

mkn: Sie schreiben sich auf Ihre Fahnen „Gemeinschaften sagen Ja zur Einheit in kultureller Vielfalt“. Wie kann das konkret aussehen?

RÖMER: Das merkt man schon in der Vorbereitung eines solchen Kongresses. Es werden verschiedenste Sprachen gesprochen und dahinter stehen natürlich unterschiedliche Kulturen. Manchmal ist die Verständigung zwischen einem evangelischen und einem katholischen Deutschen leichter als die zwischen einem deutschen und einem italienischen Katholiken. Die Frage ist: Was verbindet uns in der Vielfalt? Es ist wie in einer guten Ehe. Man ist eins, obwohl man nicht gleich ist. Die Gleichheit ist nicht die Voraussetzung der Einheit.

 

mkn: Was ist Ihrer Meinung nach ein gutes Rezept für gelebte Ökumene?

RÖMER: Ich glaube, dass in der Verfolgung der Christenheit die Ökumene am deutlichsten sichtbar wird. Das erleben wir in Deutschland nicht so, aber weltweit werden an vielen Orten Christen verfolgt. Ökumene ist keine Wunschoption, damit es einem selbst spirituell besser geht, sondern die Verbundenheit mit Jesus, dem Gekreuzigten. Gemeinsam um Jesu Willen zu leiden gibt eine große Verbundenheit.

 

mkn: Haben charismatisch ausgerichtete Gemeinschaften einen besonderen ökumenischen Auftrag? Fällt ihnen Ökumene untereinander leichter?

RÖMER: Das, was uns zur Ökumene verpflichtet, ist das Gebet Jesu, sein Herzenswunsch, dass wir alle eins sind. Ich glaube nicht, dass man durch eine bestimmte gemeinsame Frömmigkeit mehr Einheit gewinnt. Vielmehr ist es die Entschiedenheit, dem Gebot Jesu, einander zu lieben, zu folgen. Im Miteinander der Bewegungen fällt mir auf, dass Gemeinschaften dabei sind, von denen man nicht von vornherein denkt, dass sie miteinander gut zurechtkommen. Obwohl wir verschiedenste Ausdrucksformen haben, können wir gemeinsam unterwegs sein.

 

mkn: Was sind aus der Sicht von „Miteinander für Europa“ die größten Ökumene-Hindernisse?

RÖMER: Meiner Meinung nach gibt es zwei große Hindernisse: die Eitelkeit und die Machtgelüste von Menschen.

 

mkn: Was sind Ihre persönlichen Erwartungen an die Großveranstaltung?

RÖMER: Ich hoffe auf gutes Wetter, nicht nur im Äußeren, sondern auch im Inneren, damit wir wirklich echte Begegnungen haben und sich Versöhnung ereignet. Ich wünsche mir schönes Wetter für den Glauben. Ich hoffe, dass, wenn wir uns als Christen entschließen, die Einheit wirklich zu wollen, das Evangelium auch wieder leichter geglaubt werden kann. (Interview: Karin Hammermaier/Theresia Lipp)

 

Der Kongress findet vom Donnerstag, 30. Juni, bis Samstag, 2. Juli, in München statt. Die Foren am Freitag von 15 bis 17.30 Uhr an 17 verschiedenen Orten sowie die Kundgebung am Samstag von 14 bis 22 Uhr am Stachus sind öffentlich. Näheres hier.

Audio

Nach dem Brexit: Erwartungen an "Miteinander für Europa" (Münchner Kirchenradio)